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Samstag, 19. März 2022

Lancelot - Giles Kristian

 

Die Artus-Sage gehört zu Großbritannien wie die Queen, oder der Tower. Dieser Mythos ist unsterblich. Ein sagenhafter Großkönig, der Britannien um 500 n. Chr. gegen die eindringenden Sachsen, Angeln und Jüten verteidigt hat. Nach dem Tod seines „Vaters“ erbte Artus als Nachfolger, ein zerrissenes Land. Viele regionale Könige bekämpften zwar die Sachsen, aber hatten auch mit diplomatischen Schwertgefechten untereinander mehr wie genug zu tun. Die Artus-Sage ist ein historisches, legendäres Drama mit vielen Personen, die allerdings auch geschichtlich überhaupt nicht gesichert ist. Der mystische Druide Merlin, Lancelot, Gaiwan, Parzival, Bors u.a. boten dieses Epos viele individuelle Geschichten innerhalb der Sage. Hinzu kommen noch magische Gegenstände wie das Schwert Excalibur, oder die Suche nach dem Heiligen Gral u.a. und auch Camelot als Herrschaftssitz sind feste Bestandteile dieser Sage. Natürlich gibt es auch die christliche Komponente – eine Vereinigung von Kriegern an der Tafelrunde, als Schwertbrüder vereint, die für die Gerechtigkeit und den Frieden für Gott kämpfen.

Es gibt unzählige Romane, Erzählungen und Filme über diesen legendären König und seine Ritter. Besonders hervorgehoben wird die Dreiecksgeschichte von Artus, seiner Gemahlin Guinevere und dem besten Freund und Gefährten Lancelot. Diese komplizierte Beziehungskiste ist der Anfang vom Ende und katapultiert Lancelot in eine dramatische und schicksalshafte Schlüsselgestalt. Aber wer war Prinz Lancelot eigentlich?

Giles Kristian gibt in seinem vorliegenden Roman: „Lanceolot“ diesen begnadeten Kriegsfürsten und engsten Freund von Artus, ein literarisches Gesicht.

Die Zukunft Britanniens liegt um Dunkeln. Die Herrschaft der Römer ist nur noch eine blasse Erinnerung. Doch das Land ist zerrüttet, und die Zeit des Großkönigs Uther Pendragon neigt sich dem Ende entgegen. Fernab von den Zentren der Macht, auf einer kleinen Insel im tosenden Meer, wächst ein Junge auf, dessen Geschicke mit denen des Landes auf schicksalhafte Weise verknüpft sind. Ein grausamer Verrat machte ihn zum Waisen. Er ist mittellos, doch große Lehrmeister teilen ihr Wissen mit ihm. Er ist geschickt, und weiß mit Tieren umzugehen. Seine unverbrüchliche Treue zu einem neuen König wird dem Land Hoffnung schenken. Seine Liebe zu einer mächtigen Frau wird es spalten. Dies ist die Geschichte von Lancelot. (Verlagsinfo)

Giles Kristian hat sich sehr viel Mühe gegeben, ein authentisches Britannien zu präsentieren. Ein Land im Auf- und Umbruch – zwischen alten Göttern und dem Christengott, zwischen Herrschaftsansprüchen, Intrigen und Verrat und von einer Treue und Liebe, die als ein Muster spätere Jahrhunderte überdauern wird. Ist „Lancelot“ nun eher der Fantasy, oder dem Genre „Historischer Roman“ zuzuordnen. Giles Kristian hat sich für die Seite des Geschichtlichen entschieden.

 

Der größte Kritikpunkt sind die ersten 400 Seiten, denn diese erzählen wie Lancelot vom verstörten Kind, über einen verliebten Jugendlichen, zum anfänglichen erwachsenen Krieger heranwächst. Das nimmt 50% der gesamten Handlung ein, und ist absolut überdimensioniert. Auch wenn hier seine ersten Freunde, seine „Liebe“ zu Guinevere, die ersten Bausteine seines Charakters formen, so tritt man hier manchmal länger auf ein, und der gleichen Stelle. Es gibt bis zum Auftauchen von Artus natürlich auch spannende, vielseitige Szenen, allein die Dialoge und das die Person von Merlin sind wirklich toll erzählt, aber vielleicht hätte man aus diesem Part den ersten Band einer Trilogie machen können?!

Es hätte kürzer sein sollen, denn in den nächsten 400 Seiten gibt es auch Zeitsprünge von mehreren Jahren, die bestimmt interessant und nachhaltig hätten erzählt werden können. So stolpert man relativ fix an die Seite von Artus, dann in die Sachsenkriege, um dann von Artus per Eilauftrag ins Exil geschickt zu werden. Dieser kriegerische Auftrag soll Lancelot von Guinevere distanzieren, aber wahre Liebe kennt zeitlichen Grenzen und Lancelot brüderliche Treue und Liebe auch zu Artus erfüllen und beendet sein Schicksal, so wie man es erwartet hat.


„Lancelot“ ist als Figur, als Charakter ist sehr ambivalent dargestellt. Der naive, tierfreundliche, und auch ehrgeizige Königssohn kann später hervorragend mit dem Schwert töten. Ein Fürst des Krieges und des Todes – aber in der Liebe bewegt und handelt er wie ein kleiner, naiver, von Amors Pfeilen getroffener Mann. Im Grunde weiß er, was er anrichtet, aber es ist ihm völlig egal, auch wenn es Menschenleben kosten wird.

Der zweite Teil des Romans ist grandios. Das Zusammenspiel zwischen Artus und Lancelot ist sehr gut, aber zu wenig, manchmal zu oberflächlich erzählt. Auch die innenpolitische Brisanz, die Spannung unter den Königen von Britannien, Irland und Schottland gehen faktisch in dem Liebesdrama unter. Schade – denn Giles Kristian ist ein wunderbarer Geschichtenerzähler.

Der Autor konzentriert und orientiert sich an den klassischen Elementen der Sage. Excalibur, Camelot, Merlin, die Herrin vom See, Mordred usw. werden verwendet – mal mehr – mal weniger intensiv.

Das Projekt „Lancelot“ wäre sehr gut gewesen, wenn es eine Trilogie gegeben hätte, kein eigenständiger Roman. Die Sage um Artus ist auch zu komplex, selbst wenn man sich auf einen Charakter fokussiert.

Nichtsdestotrotz ist „Lancelot“ von Giles Kristian gut. Unterhaltsam, spannend erzählt und die Dialoge sind erstklassig. Man wird vielleicht von „Lancelot“ nicht vollumfänglich begeistert sein – aber den Autor sollte man sich verdammt gut merken.

Fazit

Dramatische Liebesgeschichte mit großartiger Action und tollen Charakteren. Der Autor hat mich überzeugt – die Geschichte hat viele Verbesserungen nötig. Ein Director’s Cut – wäre hervorragend.

Michael Sterzik