Die Republik der Diebe (Scott Lynch)
Nach „Die Lügen des Locke Lamora“ und „Sturm
über Roten Wassern“ von Scott Lynch
begegnen dem Leser die beiden Gentleman-Ganoven in „Die Republik der Diebe“
erneut. Das Duo Locke Lamora und Jean bestehen im dritten Band erneute
Abenteuer, doch lässt der Autor im Gegensatz zu den beiden vorherigen Titeln,
die Vergangenheit von Locke sehr ausführlich aufleben.
Inhalt
Nach den Ereignissen in „Sturm über Roten
Wassern“ schließt sich „Die Republik der Diebe“ den Geschehnissen nur wenig
später an. Locke Lamora ist schwer von seiner tödlichen Vergiftung gezeichnet.
Ausgemergelt und schwach erwartet dieser den unausweichlichen Tod. Jean sein
Freund und treuer Gefährte lässt nichts unversucht, um den Freund zu retten. Doch
jeder Arzt und Quacksalber versagt gegen die Aggressivität des Giftes und Jean
verzweifelt schier, bis in letzter Minute eine Soldmagierin erscheint, und
verspricht Locke gegen eine Gefälligkeit zu retten. In Einer dunklen und
kräfteaufreibenden Zeremonie gelingt es tatsächlich der im Rang stehenden hohen
Magierin Locke zu heilen und so nimmt das Schicksal volle Fahrt auf in Richtung
Intrigantes Abenteuer.
Locke und Jean sollen für die Soldmagierin ein
Spiel gewinnen. In der Stadt Karthein tobt der politische Wahlkampf und die
beiden Gentleman-Ganoven bekommen die Weisung die anstehende Wahl für die
Aristokraten zu gewinnen. Allerdings sind die Regeln klar festgesetzt und
zwischen Intrigen, Sabotagen und anderen kreativen Einfällen die Wahl zu
entscheiden stellt Locke schnell fest, dass er den Gegner kennen muss und
dieser mindestens ebenbürtig zu sein scheint.
Kritik
Es ist immer wieder ein diebisches Vergnügen
Locke und Jean auf ihren halsbrecherischen Raubzügen zu begleiten. Und die
beiden Diebe machen nicht nur im Schutze der Dunkelheit waghalsige Geschäfte,
sondern verstehen sie sich auf die politischen Ränkespiele und ihre
Schauspielerei.
Wer die beiden Vorgängerromane schon gelesen
hat, wird schnell feststellen, dass Scott Lynch hier einen anderen Weg
einschlägt. Die Handlung teilt sich in zwei Strängen auf: Die gegenwärtige in
der sie ihren Auftrag für die Soldmagierin erledigen müssen und der zweite
Handlungsstrang zeigt Locke und Jeans Vergangenheit in ihren Anfängen als
Gentleman-Ganoven. Nichtsdestotrotz sind die zeitlichen Sprünge in die
Vergangenheit um ein Vielfaches langweiliger als vielleicht angenommen. Aus der
Perspektive der Vergangenheit Lockes wird hier die liebevolle Rivalität und das
Verhältnis zu einer Frau thematisiert die Jahre später in der Gegenwart zu
Lockes politische und persönliche Gegnerin wird. Die Jugend- und Pflegejahre
von Locke und Jean nehmen, auch wenn sie nicht unwichtig sind, zu viel Raum
ein.
Diese Passagen wirken manchmal zu
überproportioniert und zu langatmig und langweilig erzählt. Auch wenn das
Verhältnis zu seiner alten Liebe sich in den Vordergrund positioniert, so hätte
dies nicht so ausführlich sein. Der eigentliche Spannungsbogen wird in der
Gegenwart aufgebaut und hier sind nicht nur die Protagonisten sympathischer,
sondern die Geschichte nimmt temporeich fahrt auf.
Der Einfallsreichtum der beiden politisch
agierenden Kontrahenten ist manchmal recht amüsant, durchtrieben, aber wenig
actionreich. Die Spannung wird hier nicht durch mörderische Kämpfe oder dramatische
Schlachten aufgebaut, sondern durch situationsbedingte Dramatik und manchmal
auch durch Wortgefechte.
Erst zum Ende hin, im letzten Drittel dieses
900Seiten Werks explodiert die Handlung. Locke Lamora erfährt von der
Soldmagierin sehr Persönliches aus seiner Vergangenheit und längst besiegte
Feinde schwören Rache.
Fazit
„Die Republik der Diebe“ ist die
Wiederauferstehung und das neue Aufstellen auf einem Schachspiel. Und wie das
Ende vermuten mag, dieser wird wie die beiden ersten Romane von Scott Lynch nicht
nur mit Wortgefechten geführt. Jeans Äxte und Lockes Schwert werden mit Sicherheit
ihr Ziel finden wollen.
Auch wenn dieser Roman inhaltlich schwächer ist
als die Vorgänger, so ist der vorliegende Band immer noch ein spannender
Pageturner mit imposanten Charakteren und einer vielversprechenden Aussicht auf
weiteren Storys mit den Gentleman-Ganoven.
Insgesamt kein starker, aber auch kein
schwacher Titel. Solide Unterhaltung und vielleicht nur die Ruhe vor dem Sturm.
Lesern ist in jedem Fall zu empfehlen, dass die
beiden Vorgängerromane vorab gelesen werden sollten, bevor man hier zu diesem besprochenen
Band greifen mag.
Michael Sterzik