Samstag, 19. September 2009

Das Zeichen des Sieges - Bernard Cornwell


Am 25 Oktober 1415 fand zwischen den Königreichen England und Frankreich die Schlacht von Azincourt statt. König Heinrich V. von England beanspruchte die Krone und Macht Königs Karl VI von Frankreich. Es sollte mit der größte und vielleicht der wichtigste Sieg im 100 jährigen Krieg sein.

Die Schlacht von Azincourt ist detailliert und ausführlich dokumentiert, und das aus vielerlei Hinsicht. Chronisten und Historiker erwähnen das die Truppenstärke der Engländer weit unter die des Französischen Heeres gelegen haben sollen, doch die Quellen sind manchmal etwas widersprüchlich. Fakt ist aber das die Englischen Bogenschützen den entscheidenden Anteil zum Sieg der Engländer erbracht haben.

Die Langbögen waren gefürchtet und noch mehr das Talent der Bogenschützen. Effektiv eingesetzt auf naher Distanz konnten die Bogenschützen in der Schlacht von Azincourt die französische Kavallerie und die gewappnete Infanterie aufhalten, zeitweise wurden die verschiedenen Truppenverbände sicherlich in Panik und Unruhe versetzt. Die Englischen Pfeile konnten wenn sie im richtigen Winkel auf die Panzerung der Ritter aufschlug diese durchschlagen und fürchterliche,Wunden verursachen.

Wenn ein „Ritter“ also das Visier seines Helmes offen lies um im Kampfgemenge eine besser Sicht zu erlangen, konnte dies schnell der letzte Fehler seines Lebens sein. Die Bogenschützen und ihre Treffsicherheit des Englischen Heeres waren gefürchtet. Ein geübter Schütze konnte ca. 12 Pfeile in der Minute genau ins gewünschte Ziel bringen und im Englischen Heer gab es Hunderte von Bogenschützen. Ausgerüstet waren die Bogenschützen nicht nur Bögen, sondern auch mit langen Messern, Schwertern oder Hämmern um so, wenn es erforderlich war die gepanzerten Feinde zu „Fuß“ zu töten. Chronisten und Historiker erzählen von einer grausamen, brutalen Schlacht in der kaum Gnade gewährt wurde. Schon in der Schlacht fielen viele französische Adlige und diejenigen die in Gefangenschaft gerieten wurden trotzdem auf Weisung von König Heinrich exekutiert. Die Nachwirkungen dieser Schlacht sollte die Politik von Heinrich den V. positiv beeinflussen.

Bernard Cornwell hat in seinem Roman „Das Zeichen des Sieges“ die Schlacht um Azincourt thematisiert und einen großen historischen Roman verfasst.

Inhalt

Nicholas Hook ist der einfache Sohn eines Schäfers und Forstmann im Dienste von Lord Slayton. Seit ganzen zwei Generationen schon befindet sich die Familie von Hook in Fehde mit den Perrills, und es gab in beiden Clans schon merkwürdige tödliche Zu- und Unfälle.

Nick Hook ist zudem noch ein talentierter Bogenschütze der es versteht seinen Langbogen todbringend gegen Wilderer einzusetzen. Sollte ihm also ein verhasster Perrill vor dem Bogen kommen, so würde es schnell einer weniger sein.

Um seiner Ärmlichkeit und der Familienfehde zu entgehen tritt Nick Hook in den Dienst als Bogenschütze seiner Majestät König Heinrich V. in das Englische Heer ein. Als einfacher Soldat stellt Nick schnell fest, dass das Leben hart und gefährlich sein kann. Als die französische Stadt Harfleur von den Engländern angegriffen und belagert wird, kommt es zu ersten Kämpfen und auch Nick tötet mit seinem Langbogen nicht wenige Feinde Englands. Als er in den Wirren der Kämpfe von seiner Truppe getrennt wird, wird er Zeuge, wie sich Französische Ritter an den feindlichen Bogenschützen rächen. Ihnen werden die Finger der rechten Hand abgeschlagen, die Augen ausgestochen und weitere Grausamkeiten lassen sich die Franzosen einfallen um ihren Hass auszuleben. In mitten dieser Situation rettet er der Nonne Melisande das Leben, die ihm auf ihrer Art beweist, dass Franzosen genauso Menschen sind wie er selbst. Melisande schließt sich Nick und dem Englischen Heer an, denn freiwillig war die Tochter eines Französischen Adeligen nicht im Kloster.

Auf dem Weg nach Calais bricht in den Reihen des Englischen Heeres die Ruhr aus und viele Soldaten als auch Adlige fallen zum Opfer. Die Truppenstärke unter König Heinrich V. verringert sich rasch und die Gefahr eines französischen Angriffs auf die arg dezimierte Invasionstruppe ist mehr wie wahrscheinlich. Unter mühseligen Qualen und Erschöpfung wird das Englische Heer im Morgen des 25. Oktobers 1415 bei Azincourt schließlich vom Französischen Heer aufgehalten. Die Zeichen des Krieges stehen auf Tod, denn die Französischen Flaggen deuten auf keine Gnade gegenüber den Engländern. Nach starkem Unwetter stehen sich jetzt 6000 Engländer einer Übermacht von ca. 12000 Französischen Soldaten gegenüber.

Nicholas und seine Freunde und Gefährten überkommt bei der erschreckenden Übermacht die Furcht vor dem Tode, doch König Henry spricht davon, dass Gott auf der Seite der Engländer ist, weil ihm rechtmäßig die Krone zusteht und sie deswegen siegen werden.....

Kritik

Da die Schlacht von Azincourt den Quellen nach gut dokumentiert wurde, bot sich dem Autor Bernard Cornwell viel Material zum recherchieren. Diese Chance hat er großartig genutzt.

Es war keine Schlacht in dem Ritter gegen Ritter oder Ritter gegen minderwertige Gegner wie Bauern kämpften. Die Bogenschützen waren natürlich nicht unbedingt vom Adel, aber sie waren eine Eliteeinheit. Ihr Erfolg in der Schlacht war wörtlich genommen durchschlagend. Historiker und Militärforscher erwähnen immer wieder ihren Einsatz, aber nicht zu vergessen ist auch die strategische und taktische Ausrichtung der Englischen Truppen. Die Franzosen unterschätzten das königliche englische Heer, ihre Zahl war arg durch Krankheit und vorherige Kämpfe dezimiert, und die Aussicht auf einen glorreichen Sieg mit sehr wenig Verlusten lag auf der Hand. Ein Tödlicher Fehler wie sich später herausstellte.

Als der gefiederte Tod auf das Französische Heer prasselte, waren die Ritter zwar geschützt durch ihre Harnische, Helme und Rüstungen, nicht aber die Pferde und manch ein verirrter Pfeil brachte wenn nicht dem Reiter, dann seinen Pferd den Tod. Diese Panik führte wohl zu mancher unüberlegten Attacke auf die Bogenschützen die vor ihrer Stellung schwere und angespitzte Holzpflöcke in den durchweichten Boden aufgepflanzt haben. Für manche französischen Reiter bedeutete dies in den ersten Angriffswelle den sicheren Tod, so dass der gefallene Ritter und sein Kriegspferd eine natürliche Barriere bildeten für nachfolgende Reiterei und Infanterie.

Noch heute sprechen manche Historiker von einer blutigen und brutalen Schlacht, die es höchstwahrscheinlich auch war.

Bernard Cornwell erzählt „Das Zeichen des Sieges“ aus der alleinigen Sicht seines Protagonisten Nicholas Hook, im Buch auch einfach Nick bezeichnet. Seine Laufbahn als einfacher Bogenschütze der sich in der militärischen Hierarchie hochdienen kann, ist realistisch erzählt, ebenso der Ablauf der Kampfhandlungen auf den Schlachtfeldern. Wie bewährt bedient sich der Autor immer der Figur eines einfachen Soldaten der die Hauptrolle spielt. Nicholas Hook ist jung, unerfahren, aber nicht naiv oder gar dumm. Er hinterfragt nicht die Politik seines Königs oder den Grund warum er fern der Heimat kämpfen und töten muss, und vielleicht selbst den Tod findet. Er funktioniert einfach, mehr nicht. Nicholas Hook ist ein Soldat, kein Ehrenmann, kein Ritter der auch in der Schlacht streng nach einem Kodex oder Verhaltensregeln kämpft, er tötet effektiv und brutal, und manchmal mordet er auch ohne sich mit seinen Gewissen auseinanderzusetzen. Da der Autor seinen Hauptprotagonisten gedanklich kaum zu Wort kommen lässt, wirkt dieser manchmal sehr kaltherzig und dadurch unsympathisch. Bei anderen Figuren ist dieses Muster genauso zu beobachten. Aus der Perspektive eines Soldaten vielleicht auch nachvollziehbar, vor allem wenn man in solch einer Konfliktsituation steckt.

Cornwell hält sich nicht damit auf eine Wertung abzugeben, er verhält sich als „neutraler“ Autor und nimmt weder Partei für die Engländer auf, noch für die Franzosen. Seinen Fokus richtet er ganz nach Fakten aus und weiß was es heißt zu begeistern. Einzig und allein wirft Cornwell einen kritischen Blick auf die katholische Kirche und ihre „Geistlichen“ die mehr weltlich als fromm reagieren.

Beim lesen ist dies im Gegensatz zu den anderen Romanen aus Cornwells Feder sehr auffällig. Sicherlich erzählt der Autor in kurzen Abständen etwas von der Vergangenheit des jungen Helden, aber irgendwie entfaltet sich die Figur des Nicholas Hook nicht vollständig. Viel mehr Wert wurde auf die Spannung gelegt und die gibt es in dem Roman satt und reichlich.

Da die Geschichte gleich mit einem geplanten Mordversuch beginnt, wird der Leser sofort ins Geschehen katapultiert, und so geht es Kapitel für Kapitel weiter. Die Belagerung von Harfleur, der katastrophale Marsch auf Calais zu und schließlich die alles entscheidende Schlacht in Azincourt, jenseits des Kanals, lassen den Leser nicht viel Gelegenheit zur Ruhe.

Bernard Cornwell konzentriert sich auf die Kampfhandlungen im Roman, nicht auf seine Protagonisten die eigentlich nur Nebendarsteller sind. An Spannung geht dabei nichts verloren, vielleicht etwas an Tiefgang, aber auch das ist gemessen an der gründlichen Recherche entschuldbar. Nick und seine Gefährten, wie auch die französische Adelige Melisande sind ein bunt zusammengewürfelter, interessante Gemeinschaft, doch agieren sie wenig dynamisch untereinander.

Mit wenig Dialogen aber mit mehr Gewicht auf die Schilderung von den blutigen und brutalen Kämpfen verändert Bernard Cornwell ein wenig seinen sonst gewohnten Stil zu erzählen. Auch die detailreiche Schilderung der Kämpfe zwischen den Parteien wird so brutal und blutig erzählt, dass Ritterlichkeit und Ehre keinen Platz auf dem Schlachtfeldern haben. Verletzte Rittern wird das Visier hochgeschoben und der Tod durch ein herab sausendes Schwert oder Messer ist das letzte was dieser wahrnimmt. Es werden keine Gefangene gemacht, z.B. die Schilderung der Folterung in Haft genommener Englische Bogenschützen ist mehr wie grausam, aber auch realistisch, denn der Hass war doch arg über Generationen hinweg gesät.

Fazit

Der Spannungsbogen ist sehr, sehr weit oben und nimmt auch im Laufe der Handlung nicht ab. Da sich Bernard Cornwell nicht den Luxus nimmt, die damalige politische Lage und den 100 jährigen Krieg im Detail zu schildern und so zeitlich gesehen, ein wenig auszuschweifen, konzentriert sich die gesamte Handlung nur auf wenige Monate und deren Momente.

Das Tempo ist mehr wie nur schnell, die Kämpfe primär im Vordergrund, aber diese so spannend beschrieben, dass der Leser nicht zur Ruhe kommt und auch gar nicht aufhören möchte zu lesen.

„Das Zeichen des Sieges“ ist ein anderer Cornwell, aber garantiert kein schlechterer. Er ist schneller, brutaler, konzentrierter, aber der Autor befasst sich ja auch mit der „eigentlichen“ Schlacht von Azincourt, und nicht mit dem 100 jährigen Krieg und dem politischen Konflikten Englands und Frankreichs in mehreren Bänden.

Der Roman ist kein typischer Roman aus der Feder Cornwells.

Schnell und spitz wie ein Pfeil entwickelt sich die Handlung und trifft dann genau ins Ziel. So muß ein Historischer Roman erzählt werden.

„Das Zeichen des Sieges“ ist ein Muß für jeden Freund Historischer Romane.

Michael Sterzik


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