Die Henkerstochter und der König der Bettler
Auch im dritten historischen Roman von Oliver Pötzsch: „Die Henkerstochter und der König der Bettler“ geht es rasant und spannend zu, diesmal allerdings, muss Jakob Kuisl sich seiner Vergangenheit stellen und erfährt selbst was die Qualen der Folter einen Mann antun können.
Inhalt
Wir befinden uns im Jahr 1662, zwei Jahre später nach dem Ereignissen in „Die Henkerstochter und der schwarze Mönch“. Der junge Medicus Simon Fronwieser und die Tochter des Schongauer Henkers Jakob Kuisl, Magdalena sind ein Paar. Doch die verliebte Verbindung der beiden jungen Menschen ist nicht gerne gesehen und findet im Verborgenen statt. Magdalena gilt als ehrlos, auch wenn sie zusammen mit einer Hebamme in Schongau arbeitet und das tägliche Leid der Schongauer Bürger behandelt. Unter deren Augen ist Magdalena eine zu tabuisierende Person, die in „Unehrlichkeit“, als eine Henkerstochter geboren wurde. Ihr Freund Simon Fronwieser ist ein talentierter aber unausgebildeter Medicus, der sich ständig mit seinem Vater, den in Schongau ansässigen Arzt überwirft. Trotzdem verbindet Simon und dem Henker Jakob Kuisl, eine tiefe und respektvolle Freundschaft.
Nach einem Vorfall bei einem bekannten Ratsherrn, hat Magdalena gestrichen die Nase voll und verliert die Geduld mit den Schongauer Bürgern die ihr mit Hass und Feindlichkeit begegnen, so das in der Nacht die Situation fast eskaliert. Jakob Kuisl kann seiner Tochter in der gefährlichen Situation nicht zur Seite stehen, da sich dieser auf die Reise nach Regensburg aufgemacht hat um seiner Schwester Lisbeth zu helfen die schwer erkrankt sein soll.
Die Reise nach Regensburg ist auf dem Floß ein gefährliches Abenteuer und nur mit Hilfe von Jakob Kuisl erreicht das wackelige Floß die Reichsstadt Regensburg. Auf dem Floß folgt dem Henker ein Blick voller Hass den Jakob Kuisl sich nicht erklären kann: Woher kennt er den Mann? Hat er diesen schon einmal folter oder aus der Stadt peitschen müssen?
Es scheint wie verflucht zu sein. Kuisl wird von den Stadtwachen vor den Toren der Stadt Regensburg provoziert und sieht sich wenig später im Gefängnis wieder, allerdings wird er schon nach einer Nacht entlassen und macht sich zum Badehaus seiner Schwester und deren Mannes auf. Dort findet er die beiden mit durchgeschnittener Kehle im Badezuber vor. Wie bestellt tauchen urplötzlich die städtischen Büttel auf und verhaften den Schongauer Henker und bezichtigen ihn des Mordes.
Jakob Kuisl der immer und immer wieder seine Unschuld beteuert macht sich mit seinem Sturschädel nicht gerade beliebt und vor dem Rat der Stadt gelingt es ihm nicht die Herren von Regensburg von seiner Unschuld zu überzeugen. In einer peinlichen Befragung soll sein Geständnis erzwungen werden. Der erfahrene Regensburger Henker Teuber zeigt nun seinen inhaftierten Kollegen die fürchterlichen Folterwerkzeuge, die Jakob selbst bald spüren soll: Streckbank, Stachelwalze, Seilzug und Daumenschrauben. Zwar kann Jakob Kuisl seinen Kollegen davon überzeugen, dass es einige Ungereimtheiten bei diesem brutalen Mord gibt, der ihn zur Last gehalten wird, doch muß der Regensburger Henker den Auftrag des Rates folge leisten und die Folter an Kuisl beginnt.
Kuisl ist sich sicher, dass alles eine perfekt inszenierte Falle gewesen ist, und das jemand persönlich aus welchen Gründen auch immer, den Henker sterben sehen möchte.
Inzwischen in Schongau entschließt sich die Henkerstochter Magdalana und ihr Liebster Simon der Stadt Schongau den Rücken zu kehren, die ihr nur mit Hass und nun auch mit Gewalt begegnen. In Regensburg möchte das junge Paar in einer gewissen Anonymität von vorne anfangen und ihr Liebe zusammen ausleben. Als die beiden in Regensburg ankommen, erfahren sie schnell von dem Monster Jakob Kuisl der seine eigene Schwester brutal umgebracht hat und nun unter den Händen des Henkers, seine Tat gestehen soll.
Magdalena und Simon geraten schnell in eine städtische Intrige und haben nur die letzte Möglichkeit ihr Schicksal in die Hände des Bettlerkönigs zu legen um Jakob Kuisl zu befreien, doch auch dieser hat seine eigenen Interessen die durchsetzen möchte.
Kritik
Es wird nun sehr persönlich für den Henker Jakob Kuisl und seiner Familie. Aber auch Simon Fronwieser, der immer wieder nicht einer Meinung mit seinen in Selbstmitleid badenden Vater ist, muss sein Leben und damit auch seine Ziele neu finden.
Der Autor Oliver Pötzsch schleudert seinen Verwandten Jakob Kuisl in die Konfrontation seiner Vergangenheit und diese hätte er am liebsten aus seinen Leben gestrichen. Im großen Krieg (1618-1648) war Jakob Kuisl Soldat, ein Offizier einer Bande von brutalen Schlächtern die gemordet, vergewaltigt und geplündert haben, wo sie nur konnten. Und so erfährt der Leser viel über die Vergangenheit des brummigen Henkers, der es immer gut verstanden hat, seine Vergangenheit nicht erklären zu müssen. Auch die Vergangenheit seiner Ehefrau die er über alles liebt bekommt nun eine vervollständigte, runde Erklärung.
Erzählt wird dieser historische Roman in zwei Handlungssträngen, mit natürlich der entsprechenden Perspektive der Protagonisten. Jakob Kuisl der inhaftiert und unter Folter einen Ausweg sucht, und Magdalena und Simon, die unterdessen unter Zeitdruck einen Weg finden müssen, die Intrige aufzuklären um Jakob Kuisl zu befreien.
Beide Parts sind ungemein spannend, aber hauptsächlich wird sich der Leser auf das Schicksal des Henkers konzentrieren, der nun mit seinem eigenen Beruf konfrontiert wird, allerdings auf der Seite des hilflosen Opfers auf dem die Tortur wartet und er nur seinen starken Willen, als Waffe einzusetzen vermag. Hier zeigt Jakob Kuisl auch ganz andere Aspekte seiner Charakters, alleine in der Dunkelheit seiner Zelle, kommen die Schatten seiner Vergangenheit näher und diesmal muß sich der stattliche Henker sich ihnen stellen. Auch unter der Folter wird ihm klar, dass man ihn brechen kann und er weiß nicht, wann der Zeitpunkt kommen wird. So stark und bärbeißig er in den letzten beiden Romanen auftrat, so schwach und vor allem verletzlich, auch psychisch gesehen zeigt sich nun das andere menschliche Gesicht des Henkers.
Ganz nebenbei vermag es der Autor, noch einen vielschichtigen und realistischen Blick in dieses Jahrhundert zu werfen. Politik, soziale Strukturen der Gesellschaft und nicht zuletzt ermöglicht es der Autor den Leser zu zeigen wie interessant und aber auch wie schwer es die Bevölkerung hatte und welchen tägliche Gefahren sie ausgesetzt war.
Die Geschichte spielt hauptsächlich in Regensburg, und das so erzählt der Autor im Nachwort, ist seine Liebeserklärung an die Stadt und er beschreibt so einige Sehenswürdigkeiten und Orte dieser schönen Bayrischen Stadt, die eine bewegte Geschichte hat. Oliver Pötzsch erzählt in seinem Rundgang mehr über die Orte die Magdalena und Simon zwangläufig passieren, was bei den anderen Leser der vielleicht selbst in Regensburg oder Umgebung ansässig ist, einige geschichtliche Wissenslücken schließen wird.
Durchweg ist der vorliegende, dritte Teil „Der Henkerstochter“, der intensivste was durch die persönlichen Erlebnisse der Protagonisten erklärbar ist. Spannend und abwechslungsreich sind die Erlebnisse der Protagonisten und die sind vielseitig formuliert, so dass der Leser den Wendungen und Irrungen zwar gut folgen kann, doch einige Überraschungen den Lesespaß gut zu fördern wissen.
Ein großer Minuspunkt stellt die städtische Intrige da, diese ist so haarsträubend das man sich als Leser doch am Ende etwas ärgern muss. Unrealistischer kann es gar nimmer sein, und nach der Auflösung war ich doch ein wenig enttäuscht. Doch diesen Cliffhanger umschifft Oliver Pötzsch am Ende doch noch, denn wie gesagt: Manchmal ist eine „Ende“ doch nur ein neuer „Anfang“ und der Leser wird sich auf den vierten Teil freuen, denn das Ende gibt so viel Potential das man doch zu gerne wissen möchte, wie es denn nun weitergeht.
Fazit
Der stärkste, intensivste und zugleich sensibelste Teil um die Abenteuer der Kuisl. Historie kann spannend sein, wenn Oliver Pötzsch sie be – und schreibt. Fabelhafte Unterhaltung die überzeugt, Spannung die in sich aufbaut und Charaktere in denen man sich wiederfindet. Bravo Oliver Pötzsch.
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