Dienstag, 20. Mai 2025

Das Herz von Auschwitz – Eine wahre Geschichte um Liebe und Überleben - Darcy Lee

 


„Nie wieder ist jetzt!“ Diese schreckliche Zeit des Nationalsozialismus und dessen mörderische Verbrechen dürfen weder kleingeredet noch in Vergessenheit geraten. Es gibt nur noch wenige Zeitzeugen, die persönlich von ihrem Überleben und den Schrecken erzählen können, die sie erlebt haben. Ihre Stimmen werden verstummen, aber sie hinterlassen ein nachhaltiges Echo, das uns, wie die Schriftstellerin und Holocaust-Überlebende Margot Friedländer sagt, immer wieder mahnt: „Seid Menschen“.

Die Schrecken der Konzentrationslager – Auschwitz ist ein Symbol und Synonym für eine Maschinerie des Todes, für Mord und medizinische Experimente sowie das willkürliche Töten von Menschen, die anders denken und leben. Es ist an der Zeit, gegen rechtsextreme Parteien und Vereinigungen aufzustehen und aufzubegehren, die politische und soziale Hetze betreiben, um unsere Demokratie zu destabilisieren.

Die Rekonstruktion der schrecklichen Erlebnisse der Betroffenen erfolgt auf Basis von historischen Tagebüchern, Fotografien und Briefen, die von Verwandten gefunden wurden, sowie durch Gespräche mit Überlebenden. Es besteht jedoch weiterhin die Frage, inwiefern die Fakten der Realität entsprechen und in welchem Ausmaß der Autor schriftstellerische Freiheiten in Anspruch genommen hat, um die Geschichte zu ergänzen oder sie frei zu interpretieren, wobei der Leitgedanke "So könnte es gewesen sein" als Orientierung diente.

Als Darcy Lee in einem alten Kleiderschrank auf eine mysteriöse Kiste stößt und darin Bilder und Briefe ihrer Großeltern, beide Überlebende des Holocaust, findet, beschließt sie, dass die Geschichte von Genie und Feliks nicht in Vergessenheit geraten darf. Also beschreibt sie Genies Angst, als diese ihre Heimat Krakau verlassen muss und im Deportationszug in eine ungewisse Zukunft rollt, und berichtet vom Schrecken Auschwitz-Birkenaus.

Aber auch davon, wie man selbst an den dunkelsten Orten Licht finden kann, erzählt Darcy: Feliks, der nach Dachau deportiert wurde, schnitzt Genie als Symbol seiner unerschütterlichen Liebe ein Herz aus dem Leder seines Schuhs, welches Genie auf verschlungenen Wegen erreicht. Für beide steht fest: Sie müssen für den anderen am Leben bleiben – Tag für Tag.

80 Jahre nach Kriegsende erfahren Antisemitismus, Rassismus und Populismus alarmierenden Zuwachs. Die bewegende Geschichte von Genie und Feliks erinnert uns eindrücklich: Nie wieder ist jetzt! (Verlagsinfo) 

Es handelt sich bei dem vorliegenden Buch zweifellos um einen Roman, jedoch keinesfalls um ein Sachbuch. Es ist das Zeugnis zweier Menschen, die schreckliche Erfahrungen machen mussten. Doch kann ein Roman mit einer Vielzahl von Dialogen, die erhalten geblieben sein sollen, tatsächlich als authentisch betrachtet werden? In der Kiste befanden sich lediglich Bilder und Briefe, jedoch keine Tagebucheintragungen. Zudem existieren keine weiteren Quellen. Auch im Nachwort bleiben viele Fragen unbeantwortet.

Ich möchte an dieser Stelle nicht die "Wahrheit" dieser Liebe und des Überlebens in Frage stellen. Nichtsdestotrotz stelle ich mir die Frage, inwiefern der fiktive Anteil dieses Buches überwiegt. Die intensive und emotionale Geschichte, die die Autorin in ihrem Werk präsentiert, lässt die Frage aufkommen, welche Quellen sie für die Erschaffung dieses außergewöhnlichen Stoffes genutzt hat.

Geschichte muss lebendig sein. Sie muss in den Verstand und in das Herz der Leser katapultiert werden. Gerade dann, wenn sich die Geschichte wiederholen könnte.

Bei diesem Buch stelle ich allerdings nicht die "Wahrheit" und den erlebten Schrecken in Frage – nur die erzählten Details, Dialoge und Empfindungen sind für mich nicht realistisch. Die Autorin hätte ein Sachbuch verfassen sollen – mit Fotos, den Auszug realistischer Eintragungen und vielen Quellenangaben. In dem vorliegenden Buch finden Sie auf dem innenliegenden Covern einige Fotos und am Ende eine Auflistung der Familienangehörigen mit Angaben zu deren Überleben oder Nicht-Überleben des Holocausts.

Ich erwarte mehr, und das ist mir viel zu wenig. Die Autorin sollte ihre Tantiemen an diesem Buch an gemeinnützige Organisationen spenden. Wenn sie das nicht tut, muss ich mich fragen, ob man Geld mit einem durchschnittlichen Buch verdienen muss, das mehr Fragen als Antworten aufwirft.

Das Buch ist emotional, traurig und unfassbar nachdenklich. Es rüttelt unsere Gedanken durch. Der Tagesablauf ist nichts Neues, der Schrecken und die Beschreibungen von Auschwitz auch nicht. Die Charaktere sind eindimensional gezeichnet und überzeugen emotional nicht. Ich bin definitiv voreingenommen, denn ich habe unzählige solcher Erlebnisberichte in den letzten 30 Jahren gelesen. Dieser hier ist definitiv nicht eines der besseren Bücher, die es gibt. Er ist vielmehr ein typisches Beispiel für die Bücher dieser Zeit, die ich nicht empfehlen kann.

Fazit

Die Inszenierung zeichnet sich durch eine emotionale Überzeichnung aus, wobei die Charaktere blass bleiben und es an Hintergrundinformationen mangelt. Dies resultiert in einem faden Geschmack, da die freie Interpretation die Fakten in den Hintergrund drängt.

Michael Sterzik

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