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Samstag, 30. April 2022

Schwarzlicht - Camilla Läckberg und Henrik Fexeus


Die Psychologie des Täters, des gesamten Mordfalls und dessen Umfelds ist für die Ermittler oftmals schwer einzuordnen. In jedem Fall, sprichwörtlich gesehen hangelt man sich von Vermutungen, Beobachtungen, Indizien und Beweisen in Kombination mit Verdächtigen Personen und Angehörigen, Familienmitgliedern, sowie Freunde und Bekannte zum Ziel. Beweise sind Fakten – aber auch gerade die Kommunikation mit diesen Personenkreisen, ob nun verbal, oder nonverbal muss der Ermittler auch psychologisch interpretieren.

Es kann auch zu psychologischen Gefechten zwischen den Ermittlern und Verdächtigen, oder dem Täter kommen. Im Genre „Thriller und Krimi“ tummeln sich ja viele Ermittler, die Psychologen, Fallanalytiker zur Unterstützung haben. Und sehen wir das aus der realistischen Perspektive, so gehört dieser Aspekt weniger ins Reich der Fabeln und Mythen als vielleicht angenommen.

Der Titel „Schwarzlicht“ von der Autorin Camilla Läckberg und dem Mentalisten Henrik Fexeus ist der erste Band der Dabiri-Walder-Reihe.

Interessant ist, dass Henrik Fexeus ein brillanter Kommunikationsexperte ist. Die populäre Psychologie der nonverbalen Kommunikation, der Körpersprache, der Gestik und Mimik beherrscht der Experte fast schon magisch. Sein Talent der Suggestion, der Manipulation, aber auch die kommunikative Psychologie wirkt auf andere befremdlich, magisch. Doch daran ist nichts Zauberhaftes – es ist schlichtweg einfach eine Wissenschaft, die neben dem Talent viel Übung bedeutet.

„Schwarzlicht“ befasst sich ganz, ganz stark mit der Psychologie. Nicht nur mit der des Verbrechens, nicht nur mit dem des Täters, sondern auch mit der Kommissarin Mina Dabiri und dem Mentalisten Vincent Walder.

Wer ermordet eine Frau, indem er sie in eine Kiste sperrt und mit mehreren Schwertern durchbohrt? Weil der Fall an einen grausam missglückten Zaubertrick erinnert, zieht die Stockholmer Kommissarin Mina Dabiri den Profiler Vincent Walder hinzu, der selbst als Mentalist auftritt. Doch wie Mina kommt auch Vincent mit Menschen nicht sonderlich gut zurecht. Erst als eine weitere Leiche auftaucht und Vincent einen Code entschlüsselt, der auf einen Countdown hindeutet, beginnen Mina und er einander zu vertrauen – und die beiden müssen feststellen, dass ihre eigenen dunklen Geheimnisse im Zentrum des Falls stehen. (Verlagsinfo)

So spannend und rätselhaft, so listenreich und abwechslungsreich habe ich seit langem keinen Titel gelesen. Der Roman „Schwarzlicht“ ist ein psychologischer Entertainer in diesem Genre, mit einem unheimlich großen Unterhaltungswert. Die Story überzeugt nicht nur mit einer großartigen Spannung – die Charaktere sind es, die größtenteils der Story die Show stehlen. Beide sind so skurril in ihrem privaten Umfeld, dass sie sich wie Magneten abstoßen, oder auch anziehen. Mina Dabiri hat ein hygienisches Problem, über das der Leser schmunzeln mag, aber für sie selbst ist es im Umgang mit anderen und sich selbst höchst anspruchsvoll. Vincent Walder, ein Illusionist und Mentalist. Populär in den Medien durch seine Shows, verheiratet mit der Schwester seiner Exfrau. Also genug Material, um die beiden Hauptfiguren so richtig interessant und vielseitig interagieren zu lassen. Letzterer ist durch sein Talent für seine Familie und seine Freunde ein emotionales Minenfeld. Mathematisch versucht er Kombinationen und Muster zu erkennen – und selbst seine Kinder haben von diesem Talent etwas abbekommen. Die DNA belügt man halt nicht. Allein schon diese beiden Charaktere sind filmreif konzipiert. Alle Dialoge im Buch sind so tiefgehend spannend und interessant, so vielseitig und sympathisch gestaltet, dass es eine Freude ist, deren Perspektive einzunehmen.

Es gibt wenig Nebengeschichten und es gibt keinen Einblick in den Gedankenpalast des Täters. Diese bleibt bis Ende der Story unter dem Radar. Die erzählerische Perspektive teilt sich auf, aber nicht nur Vincent und Mina lassen uns daran teilhaben, sondern auch die eine, oder andere Nebenfigur. Das könnte für die beiden nachfolgenden Titel interessant werden. Camilla Läckberg und Henrik Fexeus lassen aber auch viel Humor zu. Situationskomik und in den Dialogen findet sich das immer wieder.

Die Story bzw. die Suche nach dem Täter ist eine symbolische, mathematische Schnitzeljagd, die mitunter auch psychologisch so verdammt erfrischend ist. Die Idee das die Polizei von einem psychologischen Berater oder Profiler ist ja nicht neu – aber hier schlagen die Autoren einen völlig neuen Weg ein. Das so effektiv, dass der vorliegende Band „Schwarzlicht“ durchaus Nachahmer finden wird, die diese „Idee“ aufgreifen möchten.

Die Auflösung ist etwas ambivalent und ich hoffe, dass in den beiden Folgebänden, die Vergangenheit von Mina und Vincent nicht Grund, Ursache usw. der Mordfälle sind. Das wäre dann mit Sicherheit auch unterhaltsam, aber hätte etwas mehr von einer gut erzählten „Räuberpistole“. Einen wirklichen Cliffhanger gibt es nicht - und man kann überhaupt nicht ahnen, oder Schlüsse ziehen, in welcher Richtung sich die Story in Band 2 bewegen wird.

Fazit

Hohe Unterhaltung par excellence. Illusionen, Magie und Psychologie und fertig ist ein zauberhafter, intelligenter Krimi. „Schwarzlicht“ ist der Krimi, der Licht in die Nacht bringt.

Unbedingte Leseempfehlung. Schon jetzt unter meinen Top 10 für das Jahr 2022

Michael Sterzik