Donnerstag, 18. Juni 2009

Sharpes Feuerprobe - Bernard Cornwell


In den britischen Kolonien dienten in den britischen Armeen viele Rotröcke, einfache Infanteriesoldaten die für wenig Sold und wenig Anerkennung, viel durchmachten und leisten mussten.

In Indien kämpften die einfachen Soldaten an vorderster Front nicht nur gegen Feinde der britischen Krone, sondern auch gegen Krankheit, Hitze und schließlich auch gegen sich selbst. Die Offiziere meist privilegierte Männer aus höherer Gesellschaft und Adel, schauten herablassend, auf die ihnen unterstellten Männer herab. Nicht wenige Soldaten aus den niedrigen Mannschaftsgraden waren flüchtige Verbrecher oder überhaupt gestrauchelte Menschen die außer ihren Leben schon alles verloren hatten. Der Dienst als Soldat für die Krone versprach Verpflegung, ein wenig Sold und vielleicht die Möglichkeit durch Beute die man getöteten Feinden abnahm sich eine neue Existenz aufzubauen. Für viele Soldaten waren die Winkel eines Sergeanten (Unteroffizier) ein höchst motivierendes Ziel und versprach weniger strengen Dienst und ein paar mehr Vergünstigungen.

Bernard Cornwall hat mit seinem Roman „Sharpes Feuerprobe“ einen abenteuerlichen und sehr spannenden zu lesenden Roman veröffentlicht.

Inhalt

Indien – 1799. Die britische Armee vertritt ihre Interessen mit ihrer ganzen militärischen Macht und bereitet sich darauf vor, die Inselfestung Seringapatam zu erobern. Doch die Invasoren wissen, dass mit vielen Verlusten zu rechnen ist, wenn sie es nicht schaffen die Festung zu infiltrieren um einen Schwachpunkt innerhalb der Befestigung zu finden.

Einer der Soldaten in der britischen Armee ist der junge Private Richard Sharpe. Den Dienst als Soldat ihrer Majestät hat sich der heißblütige junge Mann anders vorgestellt. Die Hitze und auch die Quälereien und Ungerechtigkeiten der Unteroffiziere lassen Sharpe ans desertieren denken, nur wohin soll er in Indien auch gehen, ein fremdes und vor allem recht feindlich gesinnten Land. In England war er nur ein gemeiner Dieb und Räuber, und das Militär versprach eine gewisse Absicherung und Abwechslung, dass seine Erwartungen und Träume mit der Realität nicht viel gemein haben, stellt er schnell fest.

Dann ist da noch ein junges, attraktives Mädchen, ein Halbinderin und Witwe eines Englischen Sergeanten. Kühl und unnahbar, aber zugleich selbstbewusst und schlau, verdreht sie ungewollt nicht nur Sharpe den Kopf. Selbst Offiziere fühlen sich von der jungen Frau angezogen, und längst hat auch Sharpes direkter Vorgesetzter Obadiah Hakeswill lüsternes Interesse.

Sharpe ist Hakeswill ein Dorn im Auge, da er beliebt bei einigen Offizieren und zudem ein guter, talentierter Soldat ist. Er provoziert und quält Sharpe bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit, aber Sharpe ist kein leichtes Opfer, er durchschaut die Intrigen und Absichten.

Als Sharpe die junge Frau heiraten möchte, provoziert Hakeswill ihn so sehr, dass Sharpe einen großen Fehler begeht und sich wenig später einer öffentlichen Auspeitschung ausgesetzt sieht, deren Ausgang mit Sicherheit den Tod bedeutet.

Doch mitten in der Vollstreckung wird Sharpe von Colonel Wellesley gerettet, die Strafe wird ausgesetzt und Sharpe ob er will oder nicht auf eine geheime Mission geschickt. Gemeinsam mit dem Lawford, einen jungen Offizier soll sich Sharpe in die Festung Seringapatam einschleichen, also sich scheinbar den Feind als desertierter Söldner anbieten, um die Festung auszukundschaften und einen Spion der dort inhaftiert ist zu befreien.

Ein Himmelfahrtskommando wie Sharpe vermutet, aber auch die Chance entweder zu desertieren oder wie er fordert zum Sergeant befördert zu werden. Den beiden Engländern gelingt es Tippu den Herrscher von Seringapatam und seinen Französischen Kommandeur zu überzeugen, alleine der ausgepeitschte Rücken von Sharpe spricht eine überaus deutliche Sprache. In kurzer Zeit gelingt es Sharpe und Lawfort mit dem gefangenen Spion Kontakt aufzunehmen, der wichtige und beunruhigende Informationen hat, die entscheidend für eine Eroberung der Festung sind. Doch auf welchen Weg soll man den englischen Agenten aus der Festung bringen?

Kritik

„Sharpes Feuerprobe „ ist der Auftaktsroman zu einer Serie die sich um die Abenteuer des Charakters „Richard Sharpe“ dreht. Als Schauplatz der Geschichte wählte Bernard Cornwell Indien, zur Kolonialzeit England. Indien versprach viel Reichtum und Handel und um das Britische Empire zu vergrößern, war diesen jedes Mittel recht. Auch der beginnende Konflikt mit Frankreich stand vor der Tür, der Wettlauf um Kontinente, Einfluss, Handel und Reichtum konnte beginnen.

Bernard Cornwell verfasste schon 1981 die ersten beiden Bände der Serie, und regelmäßig folgten neue Bände. Zwar war diese Reihe auf zehn Bände aus angelegt, doch mit der Verfilmung seiner „Sharpe-Romane“ mit Sean Bean in der Hauptrolle für das britische Fernsehen, bekam die Serie neuen Auftrieb, so dass es nun weit mehr als 20 Bände gibt. In Deutschland ist die Reihe unter den Namen „Die Scharfschützen“ bekannt.

„Sharpes Feuerprobe“ ist der erste Teil, die Einführung von Sharpe als Charakter. Interessant und zukunftsorientiert konzipierte der Autor seinen Protagonisten wie einen stumpfen Rohdiamanten. Anfangs als einfacher Soldat mit einigen Talenten, entwickelt sich dieser fortwährend weiter. Seine Bauernschläue, sein Instinkt und seine Intuition bilden sind gute Grundvoraussetzungen für spätere Abenteuer.

Richard Sharpes Handeln und Auftreten ist manchmal erschreckend. Sein Verständnis für Moral, Ethik und Verantwortung sind nicht immer nachvollziehbar, vielleicht interpretiert man es auch als egoistisches, überlebensnotwendiges Verhalten?! Sharpe ist brutal und lebt zeitweise noch als Fremder unter Fremden in seiner Einheit, doch man bestätigt ihm, er sei ein guter Soldat und verstehe sein Handwerk. Er wird selbstsicherer und verschlagen geht er seinen eigenen Weg, ohne viel Rücksicht zu nehmen.

Da „Sharpes Feuerprobe“ den Anfang darstellt, ist es für den Leser spannend zu verfolgen wie sich Sharpe entwickelt. Die kriegerischen Konflikte in Indien und sicherlich später auch gegen Napoleons Truppen werden den jungen Mann alles abverlangen und sicherlich auch prägend auf ihn einwirken.

Die Handlung wird hauptsächlich aus der Perspektive Sharpes erzählt, doch auch andere Protagonisten kommen zu Wort, so das sich verschiedene Handlungsstränge spannend präsentieren und am Ende zusammenfinden.

Die Atmosphäre des Romans ansteigend spannend und schon auf den ersten Seiten lässt Cornwell Sharpe in einer Schlacht gegen die Inder an vorderster Front kämpfen. Und diese ist brutal und wohl ziemlich nahe an der damaligen Realität erzählt, genauso wie die Belagerung und der Kampf um die Festung des Sultans Tippu. Zwar hat sich Cornwell schriftstellerische Freiheiten genommen, doch diese sind entschuldbar und zu vernachlässigen. Bernard Cornwell hat sauber und sicher recherchiert, und in einen spannenden Mantel eingehüllt.

Wie auch in anderen Romanen von Bernard Cornwell befürwortet oder überbewertet dieser die eine oder andere Partei. Im Nachwort geht der Autor noch näher zu diesem Thema ein. Die Briten waren die eigentlichen Invasoren und damit Angreifer, die Inder führten einen Freiheitskampf, und verteidigten sich wie es jedes Volk gegen die Eindringlinge tun würde. Cornwell greift weder die eine, noch verteidigt er die andere, so das seine Neutralität einen gewissen erzählerischen Charme besitzt.

Als Gegenpart Sharpes treten nicht die indischen Freiheitskämpfer auf den Plan, sondern Sergeant Hakeswill der Sharpe das Leben schwer macht. Seine Figur empfand ich ein wenig überzeichnet und nicht wirklich realistisch. Diverse Wendungen und Ereignisse wirken sich zwar vorteilhaft auf die Geschichte aus, doch manche Zufälle sind dann zuviel des Guten.

Politisch gesehen erfährt der Leser nicht viel von Englands Motivation und Indiens Perspektive ihr Heimatland zu verteidigen. Dagegen liest man viel von taktischen, militärischen Schachzügen der Briten, was auch nicht unspannend ist. Brutal geht es meistens zu, die Schlachten, die Auspeitschung von Sharpe und auch die Bestrafung von Verrätern bei Tippu sind detailreich und blutig geschildert, aber driften auch nicht übertrieben davon.

Fazit

„Sharpes Feuerprobe“ ist ein solider, gut recherchierter historischer Roman. Der exotische Schauplatz Indien und die umfangreichen Protagonisten bilden eine großartige und farbenprächtige Bühne für einen spannenden Roman.

Der Auftakt der „Sharpe-Reihe ist vielversprechend und empfehlenswert. Bernard Cornwell schreibt hochkonzentriert spannend, zugleich unterhaltsam und vermittelt uns auch Wissen. Nicht nur militärisches, sondern auch historisches, so wie es bei einer historischen Geschichte auch sein sollte.

Stilistisch gesehen ist Bernard Cornwell einfach und schlicht, aber ähnlich wie auch Sharpe selbst musste sich der Autor weiter entwickeln, denn vergessen wir nicht, der Roman wurde 1981 das erste Mal veröffentlicht.

Prädikat; Empfehlenswert und die Basis des Sharpes Universums die neugierig macht.

Michael Sterzik


Keine Kommentare: