Montag, 27. Juli 2009

Sniper - Lee Child



Sniper – Lee Child

Als „Sniper“ bezeichnet man im militärischen Jargon die Tätigkeit eines Scharfschützen. Besonders gut ausgebildete Soldaten die „gezielt“ Töten oder oftmals auch als Aufklärer und Beobachter fungieren sollen dem Anforderungsprofil, ausgeglichen, stressresistent und vor allem auch intelligent sein. Da sie in ihren Einsätzen oftmals auf sich alleine gestellt sind, oder in kleinern Gruppen arbeiten, hängt ihr Überleben oftmals von ihrer Geduldigkeit und Kühnheit ab. Aber auch das psychologische Profil hat einen hohen Anforderungsgrad. Jemanden zu töten, ihn vielleicht längere Zeit beobachten zu müssen und dann gezielt auszuschalten ist sicherlich eine Belastungsprobe und fordert seinen psychologischen Tribut. Auge in Auge mit dem Tod und nur die minimale Kraft eines Zeigefingers bedeutet den unmittelbaren Tod.

In seinem neuesten Werk lässt der amerikanische Autor Lee Child seinen Protagonisten Jack Reacher einen ehemaligen Verbrechen, einen Mörder, einen „Sniper“ jagen.

Inhalt

In einer kleinen Stadt in Indiana um ca. 17 Uhr wird ein Alptraum zu schrecklichen Realität: Ein Scharfschütze, ein Sniper erschießt aus einer Distanz auf mehreren hundert Metern scheinbar wahllos fünf Menschen die gerade aus einem Bürogebäude kommen. Perfekte Ziele für einen geübten „Sniper“ der liegend aus einem nahegelegenen Parkhaus auf die ahnungslosen Passanten feuert. Die Schüsse sind alle tödlich, innerhalb von wenigen Sekunden fünf Kopfschüsse und unendliches Leid für die Angehörigen.

Die Polizei ist sofort alarmiert, sichert den Tatort und findet schnell Spuren am Ort der brutalen Tat die direkt zu James Barr führen. Eine ehemaligen „Sniper“ der Armee, der aufgrund einer ähnlichen Tat bei der vier Soldaten erschossen wurden, entlassen wurde. Die Beweise sind Indiz genug für Polizei und Staatsanwaltschaft um Barr wegen diesem Massaker den Prozess zu machen.

James Barr bleibt stumm und äußert sich nicht zu der blutigen Tat, er verlangt nur, dass man Jack Reacher holen und kontaktieren soll.

Genau dieser Jack Reacher war damals Offizier bei der Militärpolizei und ermittelte schon mal gegen James Barr der damals in Kuwait vier Soldaten erschoss und aufgrund interner, militärische Interessen nicht verurteilt wurde. Doch Jack Reacher hat das Verbrechern und seinen Täter nicht vergessen, und schwor Barr bei einer weiteren Tat mit persönlichen Konsequenzen.

Als Jack Reacher der sich gerade in der sonnigen Stadt Miami aufhält von dem Verbrechen und den Täter aus den Nachrichten erfährt, erinnert sich dieser sofort an seine Vergangenheit und bricht nach Indiana auf um gegen James Barr auszusagen.

Für Reacher ist der Fall klar, und nach Gesprächen mit der Staatsanwaltschaft und auch der Verteidigerin Rodin, fehlt nur das Motiv von James Barr. Bei seiner ersten Tat war einfach nur die Neugier, die Blutgier, der Kick die Motivation, aber warum hinterlässt James Barr eine ganze Reihe von Spuren die ein erfahrener und militärisch ausgebildeter Sniper niemals vergessen würde!? James Barr stand über mehrere Jahre in Dienste der Streitkräfte, hervorragend ausgebildet wurde er zu einer tödlichen Waffe. Hinterlässt ein Profi seines Kalibers so viele Spuren die ihn direkt zu seinem Haus und seinem Wagen führen?!

Jack Reacher stellt sich genau diese Fragen und findet wenige Antworten. Wurde Barr erpresst und seine Schwester als Faustpfand indirekt bedroht, sollte er diese Tat nicht begehen wollen. Als Barr im Gefängnis angegriffen und so schwer verletzt wird, dass er komatös kaltgestellt ist, muß Reacher andere Wege gehen um die Hintergründe der Tat zu erfahren.

Barrs Schwester beteuert immer wieder die Unschuld ihres Bruders und nach und nach kommen weitere Details ans Tageslicht die Barr in anderen Licht dastehen lassen. War er zum zweiten Mal der Täter? Wenn ja dann stellt sich noch immer die Frage „Warum“?

Kritik

Lee Child bedient sich in seinem Roman „Sniper“ viele herkömmlichen stillistischen und inhaltlichen, literarischen Hilfsmitteln. Dabei verwendet er aber keine endlosen und leeren Pausenfüller, die die Geschichte künstlich in die Länge ziehen.

„Sniper“ ist spannend verfasst und weiß auf der ganzen Linie zu überzeugen, dass gelingt aber nicht nur über die Story sondern gerade wegen der Person des „Jack Reachers“. Als Protagonist ist Jack Reacher ein Paradebeispiel des geheimnisvollen, unnahbaren Fremden, ähnlich wie die Rolle von Charles Bronson in „Spiel mir das Lied vom Tod“. Reacher ist schweigsam, immer hochkonzentriert und immer, aber wirklich auch immer jedem einen Schritt voraus. Die Konzeption dieses Protagonisten ist manchmal etwas arg übertrieben, z.B. wenn er sich selbst als überintelligent und überlegen darstellt.

Aufopfernd und selbstlos stellt sich Reacher den Gefahren, den Risiken ohne darüber nachzudenken, ob es das wert ist, oder wen er durch seine Handlungen in unmittelbare Gefahr bringt!? Lee Child lässt Jack Reacher überlebensgroß über sich hinauswachsen doch bleibt die Gefühlswelt unseres Ermittlers irgendwie und irgendwo im dunklen. Was ihn zu diesem eiskalten „(B)Engel gemacht hat, bleibt mysteriös und damit schafft er sich keine Angriffsfläche, gibt sich keine Blöße.

Doch auch Reacher ist als Einzelgänger schlau genug zu wissen, welche Wege man möglichst mit mehreren Personen geht, so das er schlauerweise Hilfe nicht ausschlägt, aber wenn ihm geholfen wird, dann tanzen alle nach seiner Pfeife, einschließlich die Bösewichter!

Doch Lee Child schafft es effektiv überzeugend „Sniper“ zu erzählen. Präzise mit viel Hintergrundwissen baut sich die Geschichte nach und nach auch, bis zum finalen Showdown der wuchtig erzählt wird. Der Autor weiß welche Knöpfe er drücken muß, um seine Maschine auf Höchsttouren laufen zu lassen so das die Erwartungshaltung des Lesers vielleicht noch übertroffen werden kann.

„Sniper“ ist spannend, atemberaubend schnell, auch wenn manchmal die Handlung oder die Logik etwas schwächelt und sich der Autor Klischees bedient, es bleibt packend.

Die verschiedenen Protagonisten sind nur Nebendarsteller und mit allen nötigen Eigenschaften gesegnet. Etwas Naivität der Verteidigerin, viel Verständnis und Hochachtung eines Veteranen, die Sture Ermittlungsarbeit von Polizisten, an alles wurde gedacht, aber das im Grunde glaubhaft.

Fazit

„Sniper“ ist trotz aller logischen Schwächen und eines etwas übertriebenen Charakters zu empfehlen. Spannend aber etwas schlicht ist er ein gelungener Roman. Sprachlich ist „Sniper“ auf das nötigste reduziert und konzentriert sich auf die Charaktere um Jack Reacher um dem sich alles dreht, und nicht um die Tat oder die Täter.

Michael Sterzik



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