Donnerstag, 19. August 2010

Auf der Spur des Bösen - Axel Petermann

Auf der Spur des Bösen – Axel Petermann



Schon von Kindesbeinen an, werden uns die verschiedenen Facetten und die Gesichter des Bösen anschaulich erklärt. In Märchen, Fabeln, Legenden, ja selbst der Priester in der Kirche spricht manchmal von seiner Kanzel herab, dass Böse zu widerstehen und für das Gute einzutreten. Erst im Laufe unserer geistigen Entwicklungen wird uns klar, dass „Böse“ ein Meister der Tarnung sein kann und durchaus die Grenzen zwischen Gut und Böse oftmals fließend sind.


Wo fängt Schuld an und wo endet Sühne? Für die Beamten der Mordkommissionen stellt sich die Frage wahrscheinlich öfters. Das Grauen, was sie in ihrem Beruf erleben, lässt sich manchmal in dunklen Nächten nicht verdrängen, so das Bilder vom Tatort, das Opfer, der Geruch einer Leiche und ganz sicher auch die Verzweiflung der Angehörigen, die Ermittler auf lange Sicht begleiten.


Inhalt


Axel Petermann, der Autor des vorliegenden Buches ist Kriminalbeamter mit eine langjährigen Erfahrung und einer der ersten und besten Profiler die es in Deutschland gibt. Sein Interesse das Verhalten des Täters zu analysieren, es zu dokumentieren und sich mit den kleinsten Details des Tatortes zu beschäftigen legte den Grundstein zu seiner jetzigen Position. Der Bremer Polizist beschäftigt sich permanent mit den Tatorten und den Leichen, sucht aber auch die Täter im Gefängnis auf und spricht über ihre Beweggründe, ihre Motivation. Gerade dieses auch sehr menschliche Verstehen wollen, ist hilfreich um den Täter als Menschen zu sehen, ob nun böse oder nicht, sei erstmal dahingestellt. Wichtig ist es für Axel Petermann einen Blick hinter die geistigen Kulissen des Mörders zu werfen um aus dessen Verhalten lernen zu können. Die Beweggründe der Tat sind vielfältig, psychische Krankheiten, moralische oder ethische Gründe, aber natürlich wird auch gemordet aus Gier, Rache, Neid usw, die sieben Todsünden tauchen immer wieder auf.


„Ich weiß nicht, was das Böse ist“ sagt Axel Petermann, und auf den ersten Blick wirkt dieser knappe, persönliche Feststellung für den Leser verwirrend, doch nach und nach offenbart sich der Sinn und der Kern dieser Aussage. Der Profiler sucht nach der Spur des Bösen, und analysiert mit wissenschaftlichen Methoden den Tatort, sucht nach Indizien und nach Kleinigkeiten die ausschlaggebend sein können.


Der Profiler weiß, dass das Sichten des Tatortes, der zeitliche Ablauf der Tat usw. primär wichtig sind und eine einmalige Möglichkeit darstellen den ersten Ansatz zu finden. Vergisst oder übersieht der Beamte etwas, so ist es auf immer verloren.


Der Autor Axel Petermann, auch für die Fernsehserie des ARD „Tatort“ als Berater tätig ist, erklärt seine tägliche Arbeit anhand von sieben, gelösten Mordfällen. Dabei schildert er diese Fälle recht schonungslos, er beschönigt nichts und gibt auch persönliche Fehler zu, aus denen er gelernt hat. Es sind sehr unterschiedliche Mordfälle, deren Täter ganz ungleiche Motivationen antrieb. Das ca. 90% aller Morde aufgeklärt werden, klingt erstmal recht zuversichtlich und positiv, andererseits vermutet allerdings Axel Petermann, dass die Dunkelziffer nicht erkannter Morde um ein vielfaches höher läge. Die Aussage: „Wenn auf deutschen Friedhöfen bei jedem verstorbenen der dort liegt und nicht eines natürlichen Todes gestorben ist, eine Kerze brennen würde, dann wäre der Friedhof in einer dunklen Nacht, ein ziemlich erleuchteter Ort“, stimmt sehr nachdenklich. Es scheint, dass viel vertuscht wird, und natürlich das aus Kosten- und Zeitgründen weniger Leichen auf den Tischen der Pathologie landen, als es sein müsste, hier als eine glaubwürdige Erklärung gilt.


Was absolut positiv ist, dass der Autor die Täter nicht als „Bestien“ oder als das personifizierte Böse identifiziert, sondern den Menschen als komplexen und fühlenden Wesen erkennt. Alles andere wäre auch zu einfach, und sagen wir es ruhig, es wäre unzivilisiert.


Sein persönlicher Umgang und der seiner Kollegen glorifiziert er in keinem Kapitel. Kriminalbeamte sind Menschen, sie machen Fehler, sie verzweifeln, sie haben Ängste und erleben in ihrem Beruf immer wieder Situationen die sie psychisch an ihrer Grenze bringen. Ihre Eindrücke können sie nur bedingt, professionell verarbeiten, hier entwickelt sich schnell Ironie und Zynismus, die helfen solche Erlebnisse abzuschwächen. Ein einfacher und effizienter Schutzmechanismus.


All diese kleinen Szenen bilden in der Gesamtheit ein sehr gutes Buch und geben eine gute und umfassende Momentaufnahme ab. Es räumt auf, mit Vorurteilen die sich immer wieder in Film und Fernsehen, aber auch in der Krimi- und Thriller-Literatur wiederfinden.


Fazit


„Auf der Spur des Bösen“ von Axel Petermann ist der Ansatz und der Eindruck, dass man das „Böse“ nicht einfach finden kann, indem man Spuren verfolgt. Vielmehr stellt sich doch die Frage: Was ist der Auslöser? Wie wird Kriminalität erzeugt und ist nicht auch die Summe unserer Zivilisation, bzw. die ansteigende Armut und die Unzufriedenheit, der tägliche Druck die die Bürger empfinden, der Grund für Verzweiflung? Gewalt ist immer ein Ventil, für Menschen die aus welchen Gründen auch immer, keinen Ausweg aus ihrer Sackgasse finden, doch an solchen Tragödien ist nichts sensationelles wie es uns die Medien immer wieder unterhaltsam präsentieren wollen – Es ist das Leben, so krank psychisch und physisch es auch sein mag.


„Auf der Spur des Bösen“ ist ein authentisches Buch, ohne Sensationsgier mit einem Autor der nüchtern und vor allem sachlich beschreibt, wozu Menschen fähig sind. Hier steht das Opfer wie auch der Mensch im Fokus, mit all seinen komplexen Fehlern, und das Buch zeigt sehr deutlich, dass es fühlende Menschen sind bzw. waren.


Das „Böse“ ist und bleibt individuell, es versteckt sich, tarnt sich und offenbart sich manchmal – und es ist komplizierter als es uns wirklich lieb ist. Ein Großartiges Buch.


Michael Sterzik

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