Es gibt viele Expeditionen, die voller Enthusiasmus gestartet sind, und schließlich mit einer hohen Anzahl von Leichen tragisch endete. Es entstanden Legenden um diese Frauen und Männer, die allen Herausforderungen zum trotz, mitsamt ein paar gut gemeinten Warnungen, in eine für sie unbekannte Region reisen wollten. Im vorliegenden Band: „The Hunger“ von Alma Katsu beschreibt die Autorin den Mythos „Donner Party – eine Gruppe von 87 Siedlern, die im Jahre 1846 nach Kalifornien aufbrachen um dort im Land von fließenden Milch und Honig ansässig zu werden. Die Eroberung des Wilden Westen scheiterte katastrophal für den Treck, dem natürlich auch Frauen und Kinder angehörten.
Die Familien George Donner und James Reed wählten eine angebliche, geheime Abkürzung, von der niemand wusste, ob diese überhaupt mit den vielen Wagen passierbar war. Überrascht vom frühen Wintereinbruch in der Sierra Nevada, saßen die Siedler in der Falle und begannen langsam zu verhungern. Die Hälfte von ihnen starb und jeder Überlebende konnte den Tod nur entgehen, weil er zum Kannibalen wurden.
Aus den Quellen von Tagebüchern, der dann doch Geretteten wurden dramatische Situationen geschildert. Die Menschen aßen als erstes ihre Zugtiere, dann Haustiere – Katzen und Hunde. Verzweifelt genug landeten später Tierfelle, Knochen- und Lederstücke in dem Topf. Am Ende – es ging nur noch ums Überleben verspeisten diese ihre eigenen Toten. Ein Schock für das damalige Amerika, dass tief religiös war. Ist Kannibalismus unter solch extremen Bedingungen gerechtfertigt?!
„The Hunger“ ist ein Parallelroman zu dem Titel: „Terror“ von Dan Simmons – nur halt nicht im ewigen Eis, sondern in der Prärie und den Bergen Amerikas. Der erzählerische Stil von Alma Katsu ist zwar authentisch, aber die Grundstimmung hat einen grundsätzlichen depressiven Charakter. Ähnlich wie bei ihrem Kollegen Dan Simmons kommt das „Grauen“ langsam, aber konsequent auf die Siedler zu. Die Ängste, die Kälte, die Verzweiflung werden gut erzählt, erreichen aber bei weitem nicht die Intensität wie bei dem Titel: „Terror“. Es gibt die eine, oder andere schockierende Szene, doch historisch gesehen erreicht mich diese Handlung nicht.
Alleine die theoretischen Erklärungen über die grausamen Vorfälle sind total unrealistisch geschildert. Die Protagonisten überzeugen insgesamt auch nicht, dass beschwerliche Leben, die Erwartungshaltung werden nicht durch die Autorin transportiert. Ein Horrorroman in einer historischen Kulisse – mehr ist der Roman nicht – und auch nicht weniger. Eine historische authentizität wird auch nur leicht angekratzt. Tolle Ausgangssituation und etwas copy und paste und wir knüpfen an dem Roman: Terror an!? Weit gefehlt – meilenweit entfernt.
Thriller, oder historischer Roman? Von beiden etwas – von beiden viel zu wenig. Für die Überlebenden, auch wenn sie denn schon lange gestorben sind, nicht gerade ein Denkmal. Eine historische Aufarbeitung ist „The Hunger“ letztlich auch nicht. Spannung – zäh wie gekochtes Leder.
Fazit
„The Hunger“ ist der Versuch am Erfolg von: „Terror“ – Dan Simmons anzuknüpfen. Versagt aber und lässt alle fragend im Regen und Schnee stehen. Ein Mythos der sich selbst überholt hat – eine Handlung, die absolut unrealistisch ist. Stil, Ausdruck und Sprache nicht mehr wie durchschnittlich. Nicht empfehlenswert.
Michael Sterzik
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