Verschwörungstheorien sind unsterblich. Sie überleben alle
logischen Erklärungen, wissenschaftliche Beweise, Gegendarstellungen usw. Es
wird immer Menschen geben, die die Logik beiseiteschieben, die ungeachtet aller
Vernunft, die Realität ausblenden. All das kann Teil einer gefährlichen
Ideologie sein. Kann – muss nicht.
Die Politik, Wirtschaft, das Militär und selbst die
Religion sind durchsetzt von Geheimbünden, Logen, Vereinigungen und Systemen –
die unsere Regierungen unterwandert haben und die Geschicke des Staates wie
eine Schattengesellschaft steuern. Ist dem so? Können wir manipuliert werden
und verschließen mit offenen Augen das offensichtliche? Es gibt keine
abschließenden, befriedigenden Antworten auf alle diese konstruierten Fragen.
Alles nur Mythos, alles eine fragwürdige Legendenbildung?
Der aus Bremen stammende Bestsellerautor Prof. Dr. Veit
Etzold befasst sich in seinem neuesten Thriller „Staatsfeind“ mit
ebendieser Thematik. Die Story spielt in Deutschland – just in Time in diesem
Jahr – die Wiedervereinigung nähert sich mit großem Schritten seinen 30jährigen
Jubiläum. Ein Grund zum Feiern? Nicht für jeden – es gibt offensichtliche,
wirtschaftliche, militärische und soziale Interessenvertreter, die diese Party
wortwörtlich sprengen möchten. Es müssen Feindbilder her um Deutschland in
Europa wieder stark zu positionieren. Der Kalte Krieg war eine höchst willkommene
Komfortzone für die „alten“ Krieger. Eine ganze einfache „schwarz/weiß-Feindbildaufstellung.
Der ehemalige KSK-Soldat Iwo Retzick wird von seinem alten
Kameraden Philipp kontaktiert, der als Politiker Karriere macht. Philipp
braucht Iwos Hilfe bei einem Vorhaben, das die Zukunft der Bundesrepublik
Deutschland für alle Zeiten verändern soll. Was sich da zwischen Dubai und
Berlin zusammenbraut, ist so ungeheuerlich, dass es selbst Iwos schlimmste
Albträume übersteigt. Doch die Verschwörung reicht bis in die allerhöchsten
Kreise von Finanzwesen, Politik und Sicherheitsdiensten, und wenn Iwo sie stoppen
will, gibt es dafür nur einen Weg: von innen. (Verlagsinfo)
Veit Etzold verarbeitet in seinem Roman „Staatsfeind“ alle
Verschwörungstheorien wie Autopilot. Dabei lässt er wirklich keine tragende
Säule der Wirtschaft, des Militärs, der Regierung aus dem Spiel. Gelenkter
Terror, oder elitärer Befreiungskampf? Man kann davon halten was man will –
beim Lesen des vorliegenden Romans wird man mit Höchstgeschwindigkeit auf
dieser Verschwörungswand zusteuern. Veit Etzold erzählt geschickt, und solide spannend,
aber die Story verliert sich im Dickicht dieser Verschwörungen, die so
zahlreich sind, dass ein wirkliches Storytelling in wilden Mutmaßungen
abdriftet.
Es ist gar nicht so abwegig, dass es innerhalb unseres
Staates zu solchem gefährlichen Gedankengut kommt – die gegenwärtige politische
und soziale Struktur unserer Republik ist in manchen Augen fragwürdig. Nennen
wir es ruhig – Jammern auf hohem Niveau. Doch diese Menschen sind vielmehr auf
der Suche nach Macht, Einfluss und Selbstbestätigung – weniger interessiert an
eine Revolution, und die Freiheit und der Frieden daran verschwenden sie in
ihrem kleinen Kosmos wenig Gedanken.
Manchmal ist weniger mehr – die Charakterzeichnung ist gar
nicht schlecht konzipiert, der Grundgedanke fabelhaft, die Erklärungen zu den
Verschwörungstheorien regen zum Nachdenken an – die Handlung verliert sich in
diesem Labyrinth und überschlägt sich am Ende zu einem ganz und gar
unrealistischen Szenario.
Veit Ezold versteht es zu provozieren – alle Achtung – in den
Augen der sogenannten Reichsbürger, die unsere Regierung nicht anerkennen, ist „Staatsfeind“
ein wirklicher Pageturner. Selbst die einen oder anderen etwas rechtsgelegenen
Politiker könnten applaudieren. Jeder andere Leser, der im hier und jetzt lebt
und etwas über den eigenen Tellerrand blickt, könnte meinen eine Dystopie zu
lesen.
Seien wir ehrlich – Bücher sollen unterhalten, sollen es
uns ermöglichen eine andere Perspektive zu (er)leben. Bücher können spannend
sein – „Staatsfeind“ von Veit Etzold ist es – aber ob dieses polarisierendes Marketing
erfolgreich ist – bleibt abzuwarten.
Veit Etzold schriftstellerischer Talent ist interessant –
entweder verliert er sich abstruse, bluttriefende, brutale Splatterhandlungen,
oder aber wie in „Staatsfeind“ – ein toller Plot – der übereifrig ausufert und
alle Chancen einer tragfähigen Handlung ignoriert.
Lieber Veit Etzold – beenden Sie ihre Clara-Vidalis-Reihe und
schreiben Sie bitte weiter Politthriller – sie sind auf den richtigen Weg.
Fazit
„Staatsfeind“ ist für Verschwörungstheoretiker ein kleiner
Leitfaden, eine Minibibel voller alter und neuer Gedanken. Ein Roman der
unterhaltsam polarisiert.
Michael Sterzik
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