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Freitag, 5. April 2019

Staatsfeind - Veit Etzold


Verschwörungstheorien sind unsterblich. Sie überleben alle logischen Erklärungen, wissenschaftliche Beweise, Gegendarstellungen usw. Es wird immer Menschen geben, die die Logik beiseiteschieben, die ungeachtet aller Vernunft, die Realität ausblenden. All das kann Teil einer gefährlichen Ideologie sein. Kann – muss nicht.

Die Politik, Wirtschaft, das Militär und selbst die Religion sind durchsetzt von Geheimbünden, Logen, Vereinigungen und Systemen – die unsere Regierungen unterwandert haben und die Geschicke des Staates wie eine Schattengesellschaft steuern. Ist dem so? Können wir manipuliert werden und verschließen mit offenen Augen das offensichtliche? Es gibt keine abschließenden, befriedigenden Antworten auf alle diese konstruierten Fragen. Alles nur Mythos, alles eine fragwürdige Legendenbildung?

Der aus Bremen stammende Bestsellerautor Prof. Dr. Veit Etzold befasst sich in seinem neuesten Thriller „Staatsfeind“ mit ebendieser Thematik. Die Story spielt in Deutschland – just in Time in diesem Jahr – die Wiedervereinigung nähert sich mit großem Schritten seinen 30jährigen Jubiläum. Ein Grund zum Feiern? Nicht für jeden – es gibt offensichtliche, wirtschaftliche, militärische und soziale Interessenvertreter, die diese Party wortwörtlich sprengen möchten. Es müssen Feindbilder her um Deutschland in Europa wieder stark zu positionieren. Der Kalte Krieg war eine höchst willkommene Komfortzone für die „alten“ Krieger. Eine ganze einfache „schwarz/weiß-Feindbildaufstellung.

Der ehemalige KSK-Soldat Iwo Retzick wird von seinem alten Kameraden Philipp kontaktiert, der als Politiker Karriere macht. Philipp braucht Iwos Hilfe bei einem Vorhaben, das die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland für alle Zeiten verändern soll. Was sich da zwischen Dubai und Berlin zusammenbraut, ist so ungeheuerlich, dass es selbst Iwos schlimmste Albträume übersteigt. Doch die Verschwörung reicht bis in die allerhöchsten Kreise von Finanzwesen, Politik und Sicherheitsdiensten, und wenn Iwo sie stoppen will, gibt es dafür nur einen Weg: von innen. (Verlagsinfo)

Veit Etzold verarbeitet in seinem Roman „Staatsfeind“ alle Verschwörungstheorien wie Autopilot. Dabei lässt er wirklich keine tragende Säule der Wirtschaft, des Militärs, der Regierung aus dem Spiel. Gelenkter Terror, oder elitärer Befreiungskampf? Man kann davon halten was man will – beim Lesen des vorliegenden Romans wird man mit Höchstgeschwindigkeit auf dieser Verschwörungswand zusteuern. Veit Etzold erzählt geschickt, und solide spannend, aber die Story verliert sich im Dickicht dieser Verschwörungen, die so zahlreich sind, dass ein wirkliches Storytelling in wilden Mutmaßungen abdriftet.

Es ist gar nicht so abwegig, dass es innerhalb unseres Staates zu solchem gefährlichen Gedankengut kommt – die gegenwärtige politische und soziale Struktur unserer Republik ist in manchen Augen fragwürdig. Nennen wir es ruhig – Jammern auf hohem Niveau. Doch diese Menschen sind vielmehr auf der Suche nach Macht, Einfluss und Selbstbestätigung – weniger interessiert an eine Revolution, und die Freiheit und der Frieden daran verschwenden sie in ihrem kleinen Kosmos wenig Gedanken.

Manchmal ist weniger mehr – die Charakterzeichnung ist gar nicht schlecht konzipiert, der Grundgedanke fabelhaft, die Erklärungen zu den Verschwörungstheorien regen zum Nachdenken an – die Handlung verliert sich in diesem Labyrinth und überschlägt sich am Ende zu einem ganz und gar unrealistischen Szenario.

Veit Ezold versteht es zu provozieren – alle Achtung – in den Augen der sogenannten Reichsbürger, die unsere Regierung nicht anerkennen, ist „Staatsfeind“ ein wirklicher Pageturner. Selbst die einen oder anderen etwas rechtsgelegenen Politiker könnten applaudieren. Jeder andere Leser, der im hier und jetzt lebt und etwas über den eigenen Tellerrand blickt, könnte meinen eine Dystopie zu lesen.

Seien wir ehrlich – Bücher sollen unterhalten, sollen es uns ermöglichen eine andere Perspektive zu (er)leben. Bücher können spannend sein – „Staatsfeind“ von Veit Etzold ist es  – aber ob dieses polarisierendes Marketing erfolgreich ist – bleibt abzuwarten.
Veit Etzold schriftstellerischer Talent ist interessant – entweder verliert er sich abstruse, bluttriefende, brutale Splatterhandlungen, oder aber wie in „Staatsfeind“ – ein toller Plot – der übereifrig ausufert und alle Chancen einer tragfähigen Handlung ignoriert.

Lieber Veit Etzold – beenden Sie ihre Clara-Vidalis-Reihe und schreiben Sie bitte weiter Politthriller – sie sind auf den richtigen Weg.

Fazit
„Staatsfeind“ ist für Verschwörungstheoretiker ein kleiner Leitfaden, eine Minibibel voller alter und neuer Gedanken. Ein Roman der unterhaltsam polarisiert.

Michael Sterzik

Freitag, 8. Dezember 2017

Tränenbringer - Veit Etzold

Der fünfte Band der Clara Vidalis Reihe „Tränenbringer“ von Veit Etzold ist vor einigen Monaten im Münchner Verlag Knaur erschienen. Es ist mein erster Band, den ich gelesen habe, es wird auch mein letzter des Autors sein.

Wir leben in einer Zeit, in der jegliche Art von Perversität ausgelebt und manchmal bis in kleinste Detail, schonungslos gezeigt, erklärt, geschildert wird. Es gab schon immer Verbrechen, es gab schon immer Grausamkeiten, die Menschen an anderen verüben. Diese fasziniert uns und weckt vielleicht animalische Triebe und Gedanken, die gesunde Menschen steuern können und uns nicht in posttraumatische, seelische Krankheiten katapultieren, oder wir alle zu Serienmördern werden.

Alleine schon wegen dem Aspekt der ständigen und oftmals ungefilterten Nachrichten, die uns im digitalen Zeitalter auf Schritt und Tritt verfolgen, hat die Gewalt eine gewisse Daseinsberechtigung. Ja, die psychische und physische Gewalt verfolgt uns seit Anbeginn der Menschheit und sie holt uns auch immer wieder ein.

In den verschiedenen Medien gehört die Brutalität längst schon zum, messbaren wirtschaftlichen Erfolg. Filme und Serien mit einer Gewaltdarstellung garantieren, wenn sie gut gemacht sind, die höchsten Einschalt- und Verkaufsquoten. Horror- und Spannungsromane werden zu Bestsellern – aber wie weit dürfen Autoren gehen, wenn sie von Verbrechen erzählen, Ängste fühlbar mit Worten transportieren und dem Leser Grauenhaftes vor Augen führen? Wo und wie gibt es eine Grenze?

Der Autor des vorliegenden Buches „Tränenbringer“ – Veit Etzold hat die Grenzen, meiner persönlichen Meinung nach überschritten. „Tränenbringer“ lebt nicht von einer spannenden, abwechslungsreichen, durchdachten Handlung. Weder gibt es einen Spannungsbogen, der sich aufbaut, noch überzeugen die Figuren. Die Ermittler allen voran – die Hauptperson Clara Vidalis und ihre Kollegen sind in allen Richtungen überzeichnet. Die Nebengeschichten sind so unreif eingebaut, dass man sich fragt, was das ganz mit der Haupthandlung überhaupt zu tun hat.

Es gibt einzig und alleine nur einen roten Faden, der sich konsequent durch die Handlung zieht.  Die schonungslose, völlig überzeichnete Schilderung von brutalen Szenen.

Absolut plumpe und tölpelhafte Versuche, eine Spannung zu erzeugen. Keine ausgefeilten Charaktere, keine psychologisch geschickten Versuche, der Handlung etwas Tiefe zu geben. Sich auf die brutalen Szenen zu konzentrieren mag ja gelungen sein, doch ein Lesevergnügen, ein mitfiebern mit den Charakteren, eine anhaltende Spannung sucht man bei der „Tränenbringer“ vergebens. Die Dialoge der Figuren sind hölzern, der Versuch Sarkasmus und Ironie zu verwenden misslingt und die Charaktere – sind einfach nur leichenblass und in sich Tod.

„True Crime“ hin oder her – Realismus – ja/nein. Man kann auch Thriller schreiben in der Brutalität zwar vorkommt, aber wenn dann dosiert und wenn dann auch mit stilistischer, psychologischer Ausgereiftheit und nicht mit einer Axt, statt einem feinen Skalpell.

Fazit
„Tränenbringer“ ist weder überzeugend spannend, noch innovativ erzählt. Eine plumpe Aneinanderreihung von brutalen Szenen – nicht mehr nicht weniger.

In jedem Fall so abschreckend, dass ich zu keinem Buch des Autors, in der nächsten Zeit greifen werde. „Tränenbringer“ ist für mich einer der schlechtesten Thriller, die ich je gelesen habe und eine Zeitverschwendung.

Michael Sterzik