Samstag, 27. Juli 2019

Opfer - Bo Svernström


Skandinavische Thriller faszinieren uns schon seit langem. Schweden – Norwegen – Dänemark – Finnland u.a. sind für die Einwohner dieser Staaten gemessen an der Lebensqualität hervorragend. Bildungssystem beispielhaft gut, Gesundheitsmanagement ausgezeichnet, die Einwohner glücklich und zufrieden. Also eigentlich alles in bester Ordnung in den nordischen Ländern, oder! Doch es gibt noch eine andere Seite – das Böse ist meist nur ein Steinwurf weit entfernt. Im Norden Europas wird anscheinend gerne gemordet und gerne literarisch verarbeitet!?

Die Krimi-/Thriller Autoren aus diesen Ländern schreiben keine oberflächigen Romane, keine Storys die zumeist viel inhaltlichen „splatter/trash“ Szenen ausweisen und sich auf die „Brutalität“ konzentrieren. Ja klar, auch die großen Autoren bedienen sich aus diesem Kapital, doch deren erzählerischer Stil und literarischer Anspruch spielen in einer ganz anderen, eher hochklassigen Liga.

Im Verlag Rowohlt ist nun ein neuer Thriller erschienen – „Opfer“ von Bo Svernström. Dieser Debütroman des promovierten Journalisten, der für die Zeitung „Aftonbladet“ jahrelang gearbeitet, ist absolut empfehlenswert.

Täter oder Opfer?
Nördlich von Stockholm findet ein Bauer einen Mann in seiner Scheune, nackt und brutal gefoltert. Als Kommissar Carl Edson von der Reichsmordkommission mit seinem Team eintrifft, stellen sie schockiert fest, dass der Mann noch lebt. Noch bevor Edson tiefer in die Ermittlungen einsteigen kann, berichtet Reporterin Alexandra Bengtsson über den Fall. Das Opfer, Marco Holst, ist ein Krimineller, er hatte viele Feinde. Persönliche Rache? Ein blutiger Krieg in der Unterwelt? Doch bevor Holst eine Aussage machen kann, stirbt er im Krankenhaus. Als scheinbar wahllos weitere Morde an Kriminellen begangen werden, sucht die Reichsmordkommission fieberhaft nach einem Muster. Bis eine Spur Carl Edson und Alexandra Bengtsson in die Vergangenheit führt, zu äußerst düsteren, gewalttätigen Ereignissen. (Verlagsinfo)

„Opfer“ ist Buch für das man gute Nerven benötigt und einen soliden Magen. Die erzählten Morde, sind ausgefeilt, der Mörder muss sadistisch sein, in jedem Fall psychologisch gestört, aber wie so oft auch hochintelligent. Dafür spricht die abgebrühte kompromisslose und konsequente Durchführung der Folterungen mit Todesfolge.

Bo Svernström erzählerischer Stil ist nicht neu, aber originell. Die Atmosphärische ansteigende Spannung im ersten Teil des Buches intensiviert sich Schritt für Schritt. Der zweite und dritte Teil konzentriert sich auf die Perspektive des Killers und seiner Motive. Es gibt auch immer wieder Rückblenden in die Vergangenheit, diese sind aber nicht primär als Verhaltenspsychologie zu deuten.

Wieder einmal stellt sich die Frage: Ist Selbstjustiz zu akzeptieren – Auge um Auge – Zahn für Zahn, so steht es schon in der Bibel, aber ist dies noch zu vertreten mit unserer Grundauffassung von wir von Moral und Ethik, in Kombination einer zu erwartenden Gerechtigkeit sprechen wollen?! Es wird dem Leser überlassen, darüber für sich selbst ein abschließendes Urteil zu finden.

Auch wenn der Leser es relativ früh erfährt, wer sich hinter der Maskerade des Killers verbirgt, so entsteht die Spannung doch allein über die Frage, wie dieses personifizierte Katastrophengebiet enden wird. Auch hier entsteht einer Eskalation der Gewalt, die eine oder andere Wendung. Manchmal vorhersehbar, doch es entstehen auch Situationen, die man ggf. in dieser Ausprägung nicht so erwartet haben mag.

„Opfer“ ist weit davon entfernt als Psychoanalyse interpretiert zu werden, es gibt auch keine Täter-Opfer-Ermittlungsbeziehungskiste. Auch der Ermittler, als solches ist kein innerlich zerstörter Mensch, mit einem Alkohol- oder Drogenproblem, selbst ein gewisser berufsbedingter Burnout, stellt sich nicht ein.

Fazit

Als Debütroman ist „Opfer“ von Bo Svernström absolut gelungen. Ein spannend konstruierter Roman, bei dem alles passt. Was mir allerdings gefehlt hat, waren Nebengeschichten und Figuren, die den Roman noch etwas spannender gestaltet hätten. Auch einige Fragen die sich aus der Vergangenheit des Opfers und des Täters ergeben, werden letztlich nicht vollständig aufgelöst. Das kann man auch verschmerzen – denn die eigentliche Haupthandlung überzeugt Vollendens.

Opfer und Täter – ein who is who – und sind wir eigentlich nicht alle immer beides?
Die Psyche ist ein eigenes Universum, und es gibt noch immer Welten, die wir noch lange nicht entdeckt haben.....Energie – Bo Svernström. Die Jungfernfahrt im Genre Thriller ist gelungen.

Michael Sterzik





Keine Kommentare: