Samstag, 21. August 2021

Arminius - Der blutige Verrat - Robert Fabbri


Der Ort, bzw. die Orte an dem sich der Feldherr Varus nach dem Verlust von drei römischen Legionen in sein Schwert stürzte, sind gemäß den wissenschaftlichen Quellen über Norddeutschland verteilt. Doch inzwischen sprechen viele Indizien dafür, dass Varus seine ca. 25000 römischen Legionäre in der Nähe von Bramsche (Niedersachsen) am Kalkrieser Berg verlor. Unzählige Funde: Münzen, Rüstungsteile, Waffenfragmente und auch Knochen von Menschen und Tieren, lassen den Schluss zu, dass der in Rom aufgewachsene, adelige Sohn eines Germanenfürsten „Verrat“ an Rom beging. Er vereinte viele germanische Stämme und in einem grausamen Guerillakrieg kannte er offensichtlich keine Gnade für die römischen Invasoren und Unterdrücker. Doch stellen wir uns diese kriegerische Auseinandersetzung nicht als „Feldschlacht“ vor. In einer offenen Feldschlacht, hätten die Germanen, den Waffen, der römischen Disziplin der Legionäre und ihrer militärischen Strategie und Erfahrung nichts entgegenzusetzen gehabt. Stattdessen zielte die Strategie und Taktik von Arminius darauf ab, nach und nach die römischen Legionen zu dezimieren und ja auch zu massakrieren. Die germanischen Priester waren sehr wohl dafür bekannt, gefangene römische Legionäre zu foltern und als Opfer für ihre Götter abzuschlachten. Kommen wir zurück zu schier endlosen römischen Aufstellung von römischen Soldaten, die auch mit zivilen Angehörigen, Händlern, Huren, und Frauen und Kinder durch die die Wälder Germaniens gingen. Es dürfte eine Schlange von ca. 10km oder mehr gewesen sein – also mehr als genug Angriffsfläche um Angst und Schrecken zu verbreiten. Stellen wir uns auch die dunklen, nassen Nächte vor, in der die sowieso schon verängstigten, demoralisierten Legionäre, die Schmerzensschreie von gefangenen Kameraden hörten, die gefoltert und geopfert wurden. Psychologische Kriegsführung.

Robert Fabbri, der mit seiner historischen Reihe „Vespasian“ eine mehr als großartige Saga veröffentlichte, verwebt nun diese Reihe mit den Ereignissen um Arminius. Wobei aber auch gesagt werden kann, man kann den vorliegenden Band, auch ohne die mehrteiligen Bände der Vespasian-Reihe lesen und gut verstehen.

A. D. 9. In den Tiefen des Teutoburger Waldes, in einer von Sümpfen durchsetzten Landschaft führt Arminius, Sohn des Fürsten der Cherusker, ein Bündnis sechs germanischer Stämme gegen drei römische Legionen des Feldherrn Varus. In einem Pass werden fast zwanzigtausend Römer gnadenlos niedergemetzelt. Weniger als zweihundert schaffen es jemals zurück über den Rhein. Drei Legionsadler sind verloren – eine unermessliche Schande für Rom.

Wie kam es dazu, dass Arminius, aufgewachsen als Römer, dem Römischen Reich den Rücken kehrte und einen Verrat beging – einen Verrat so gigantischen Ausmaßes, dass er bis heute widerhallt? (Verlagsinfo)

Es gibt inzwischen unzählige historische Romane, die sich mit diesem historischen, epochalen Thema beschäftigten. Robert Fabbris Interpretation dieser Schlacht, dessen Echo noch immer nachklingt und uns fasziniert, hebt sich von diesen ab. Der Autor erzählt die Laufbahn, dass Leben von Arminius von Kindheitstagen, bis zu seinem gewaltsamen Tod. Der substanzielle Fokus ist natürlich die Schlacht, die Vernichtung, von  25000 Menschen. Das Besondere dabei, ist, dass die Geschichte auch rückblickend erzählt wird, von Arminius  Sohn, der sich die alten Schriften seines Vaters von zwei ehemaligen Legionären vorlesen lässt, die die Schlacht überlebt haben, und nun Sklaven sind.

Eine originelle Art, und gar keine schlechte Idee. Wer die Geschichte dieser „Schlacht“ kennt, deren wahrscheinlichen Ablauf, die späteren politischen Ereignisse, die dem Verlust von drei Legionen folgten, wird wenig überrascht sein. Historische Geschichte kann man nicht „neu“ erzählen, vielleicht nach einigen Jahren, wenn die archäologische Forschung neue Erkenntnisse entdecken, mag diese sich anders erklären. Aber das „wie“ erzählt man eine Geschichte ist durchaus variabel.

Spannend und unterhaltsam ist „Arminius“, doch kommt es nicht an die Klasse von „Vespasian“ ran – nicht im Entferntesten. Robert Fabbris erzählerischer Stil ist toll, zweifelslos, doch muss ich sagen, dass ihm das Schreiben einer Reihe mehr liegt, da er hier inhaltlicher viel Tiefgründiger seine Figuren und deren Charakter präsentieren kann. Auch wenn dieser Band als „Vespasian Band 10“ aufgenommen wird – sorry – völlig fehl am Platze – tolle Marketingidee, die nicht aufgeht.

Empfindet der Leser nun Mitleid, an dem Schicksal von 25000 Menschen? Nicht nur Soldaten, sondern auch Frauen und Kinder, die ebenfalls zu den Opfern zählen dürften? Den Schrecken dieser Menschen fängt Robert Fabbri nicht ein, bzw. die Intensität ist schwach ausgeprägt. Auch die Perspektive von Varus geht hier leider unter. Alles in allem also sehr oberflächlich. Stellt sich auch die Schuldfrage!? Schuld ist Varus als militärische Anführer allemal, seine Entscheidungen, führten dazu, dass das Schicksal von drei Legionen besiegelt wurden.

Persönlich hätte ich diese Thematik gerne als eine Trilogie gesehen. Vielleicht aus der Sicht des Vaters von Arminius, der wichtige Schlachten gegen die Römer verloren hatte, vielleicht dann wieder aus der Perspektive von Arminius und Varus und sehr interessant wäre es gewesen, wenn der Autor die Handlung aus der Sicht des einfachen, römischen Legionärs erzählt hätte, der ggf. später bei den Germanen als Sklave lebte!? Schade.

Robert Fabbri erzählt aber sehr plastisch und brutal kompromisslos vom Töten und Sterben der römischen Legionäre. Das mag interessant sein, aber mir fehlt hier die erzählerische Tiefe, die ich sonst von dem Autor kenne und die ich sehr, sehr schätzen gelernt habe.

Fazit

„Arminius – der Blutige Verrat“ ist ein souveräner Titel und sicherlich für die Leser von Interesse, die sich mit dem Thema noch nicht befasst haben. Ansonsten kann ich diesen nicht unbedingt empfehlen. Sehr und dringend zu empfehlen kann ich allerdings die 9-Bändige Reihe „Vespasian“. Diese Reihe gehört t mit zu den besten römischen Romanen, die ich gelesen habe.

 

Michael Sterzik

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