Sonntag, 15. August 2021

Die Verlorenen - Simon Beckett

 


Ein Kind zu verlieren, ist vielleicht mit einer der schlimmsten Situationen, die man sich als Vater oder Mutter vorstellen kann – ein Albtraum, ein seelischer Abgrund dessen Tiefe kein Ende hat.

Ein Abgrund tiefer ist, ggf. schuld daran zu sein, dass das eigene Kind verschwunden, oder tot ist. Das man psychologisch gesehen kollabiert, dass einen der Boden förmlich unter den Füßen weggerissen wird, und man schwerlich bis gar nicht, sich wieder seinen Alltag stellen muss – das ist eine Mauer, an der man zerschellen kann.

Von solch einen dramatischen Schicksal erzählt der britische Autor Simon Beckett in seinem neuesten Krimi: „Die Verlorenen“, der im Verlag Wunderlich erschienen ist.

Jonah Colley ist Mitglied einer bewaffneten Spezialeinheit der Londoner Polizei. Seit sein Sohn Theo vor zehn Jahren spurlos verschwand, liegt sein Leben in Scherben. Damals brach auch der Kontakt zu seinem besten Freund Gavin ab. Nun meldet Gavin sich überraschend und bittet um ein Treffen. Doch in dem verlassenen Lagerhaus findet Jonah nur seine Leiche, daneben drei weitere Tote. Fest in Plastikplane eingewickelt, sehen sie aus wie Kokons. Eines der Opfer ist noch am Leben. Und für Jonah beginnt ein Albtraum…(Verlagsinfo)

Das anfängliche Tempo ist fast überschlagend und ist grandios erzählt. Der Autor schleudert seine Figur Jonah Colley in einen persönlichen Albtraum 2.0. Das persönliche Schicksal, und seine Vergangenheit ist die Hauptschlagader in dem pulsierenden Krimi, den an der einen, oder anderen Stelle auch mal die Puste ausgeht. Von einem Schicksalsschlag zu anderem baut sich die Story auf.

Simon Becketts Stil ist souverän spannend. Er versteht es halt, den Leser an das Buch zu ketten. Die Atmosphäre dieser Handlung ist allerdings widersprüchlich und damit auch die charakterliche Perspektive der Figuren. Jonah Colley ist ein Musterexemplar eines einsames Wolfes, mit posttraumatischen Störungen, ein Einzelkämpferisches Exemplar aus dem schriftstellerischen Baukästchen, ein Stück Selbstverzweiflung hier, ein Stück von ich lasse-mich-mal-gehen da, in Kombination mit einem klassischen, anfänglichen Burnout umwickelt.

Befassen wir uns mit der Handlung und analysieren diese, so bietet der Roman „Die Verlorenen“ einen fantastischen Unterhaltungswert, aber eine große chronologische Sammlung von logischen Fehlern. Ich sage es mal nett: „Eine klassische Räuberpistole“ mit Logikbrüchen, ein paar Actionmomenten und verdammt viele Situationen, die so authentisch sind wie Alice im Wunderland.

Die Dialoge allerdings sind interessant – besonders die rhetorischen Duelle mit seinen Kollegen, die ihn auch intellektuell stark beanspruchen. Jonahs Profil ist sowieso interessant – ein Profi in vielerlei Hinsicht, der ein großes Talent hat, sich immer tiefer in Schwierigkeiten zu bringen. Auch diese Sprünge von Fettnäpfchen zu  Fettnäpfchen tragen viel dazu bei, die Story abwechslungsreich zu gestalten und klammern wir die Realität mal spontan aus.

Es gibt Überraschungen, es gibt Wendungen – eine davon ist sehr dramatisch und kommt so plötzlich, dass man denkt, dass Jonah einen an die Hand nimmt und einfach mir nichts, dir nichts in die Szene hüpft.

Die Reihe wird weitergehen um Jonah Colley – angekommen an einer Kreuzung seines Lebens wird es ihn schon irgendwo hintreiben.

Fazit

„Die Verlorenen“ ist ein toller Auftakt einer neuen Reihe. Die Chemie des Buches ist stimmig, aber noch optimierbar, damit die Story wirklich demnächst explodiert.

Starker Auftakt – Herzlich Willkommen im Genre Krim/Thriller Mr. Jonah Colley

Michael Sterzik

Keine Kommentare: