Ein Kind zu verlieren, ist vielleicht mit einer der schlimmsten Situationen, die man sich als Vater oder Mutter vorstellen kann – ein Albtraum, ein seelischer Abgrund dessen Tiefe kein Ende hat.
Ein Abgrund tiefer ist, ggf. schuld daran zu sein, dass
das eigene Kind verschwunden, oder tot ist. Das man psychologisch gesehen kollabiert,
dass einen der Boden förmlich unter den Füßen weggerissen wird, und man
schwerlich bis gar nicht, sich wieder seinen Alltag stellen muss – das ist eine
Mauer, an der man zerschellen kann.
Von solch einen dramatischen Schicksal erzählt der
britische Autor Simon Beckett in seinem neuesten Krimi: „Die Verlorenen“, der
im Verlag Wunderlich erschienen ist.
Jonah Colley ist Mitglied einer bewaffneten
Spezialeinheit der Londoner Polizei. Seit sein Sohn Theo vor zehn Jahren
spurlos verschwand, liegt sein Leben in Scherben. Damals brach auch der Kontakt
zu seinem besten Freund Gavin ab. Nun meldet Gavin sich überraschend und bittet
um ein Treffen. Doch in dem verlassenen Lagerhaus findet Jonah nur seine
Leiche, daneben drei weitere Tote. Fest in Plastikplane eingewickelt, sehen sie
aus wie Kokons. Eines der Opfer ist noch am Leben. Und für Jonah beginnt ein
Albtraum…(Verlagsinfo)
Das anfängliche Tempo ist fast überschlagend und ist
grandios erzählt. Der Autor schleudert seine Figur Jonah Colley in einen
persönlichen Albtraum 2.0. Das persönliche Schicksal, und seine Vergangenheit
ist die Hauptschlagader in dem pulsierenden Krimi, den an der einen, oder
anderen Stelle auch mal die Puste ausgeht. Von einem Schicksalsschlag zu
anderem baut sich die Story auf.
Simon Becketts Stil ist souverän spannend. Er versteht es
halt, den Leser an das Buch zu ketten. Die Atmosphäre dieser Handlung ist allerdings
widersprüchlich und damit auch die charakterliche Perspektive der Figuren. Jonah
Colley ist ein Musterexemplar eines einsames Wolfes, mit posttraumatischen
Störungen, ein Einzelkämpferisches Exemplar aus dem schriftstellerischen
Baukästchen, ein Stück Selbstverzweiflung hier, ein Stück von ich
lasse-mich-mal-gehen da, in Kombination mit einem klassischen, anfänglichen
Burnout umwickelt.
Befassen wir uns mit der Handlung und analysieren diese,
so bietet der Roman „Die Verlorenen“ einen fantastischen Unterhaltungswert,
aber eine große chronologische Sammlung von logischen Fehlern. Ich sage es mal
nett: „Eine klassische Räuberpistole“ mit Logikbrüchen, ein paar Actionmomenten
und verdammt viele Situationen, die so authentisch sind wie Alice im
Wunderland.
Die Dialoge allerdings sind interessant – besonders die
rhetorischen Duelle mit seinen Kollegen, die ihn auch intellektuell stark
beanspruchen. Jonahs Profil ist sowieso interessant – ein Profi in vielerlei
Hinsicht, der ein großes Talent hat, sich immer tiefer in Schwierigkeiten zu
bringen. Auch diese Sprünge von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen tragen viel dazu bei, die Story abwechslungsreich
zu gestalten und klammern wir die Realität mal spontan aus.
Es gibt Überraschungen, es gibt Wendungen – eine davon
ist sehr dramatisch und kommt so plötzlich, dass man denkt, dass Jonah einen an
die Hand nimmt und einfach mir nichts, dir nichts in die Szene hüpft.
Die Reihe wird weitergehen um Jonah Colley – angekommen an
einer Kreuzung seines Lebens wird es ihn schon irgendwo hintreiben.
Fazit
„Die Verlorenen“ ist ein toller Auftakt einer neuen
Reihe. Die Chemie des Buches ist stimmig, aber noch optimierbar, damit die
Story wirklich demnächst explodiert.
Starker Auftakt – Herzlich Willkommen im Genre
Krim/Thriller Mr. Jonah Colley
Michael Sterzik
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