Samstag, 2. August 2025

Thronräuber - Sharon Penman


Das englische Mittelalter? Puh, das war kein Zuckerschlecken! Eher ein blutiges Gemetzel, bei dem sich der Adel, aufgeteilt in schnieke Grafschaften und Herzogtümer, gegenseitig die Köpfe einschlug. Und als wäre das nicht genug, mischten sich noch machthungrige Kirchenfürsten ein, die das Chaos perfekt machten. Bürgerkriege und komplizierte Fehden waren an der Tagesordnung. Man fragt sich da unweigerlich: Hatten die eigentlich keinen König, der mal auf den Tisch hauen konnte? Tja, leider waren genau diese Könige oft der Zündfunke für die ganze Misere. Intrigen, Versprechen, Ehre und Verrat – alles wurde nach Belieben ausgelegt. Von diplomatischen Dialogen hatten die wohl noch nie gehört!


Ach ja, und nicht zu vergessen: Die europäischen Königreiche und der Adel waren nichts anderes als ein riesiges, egoistisches Familiennetzwerk, dem jedes Mittel recht war. Ob Irland, Schottland, Wales, Frankreich oder die Normandie – überall wurde gemetzelt und geplündert. Da braucht man schon einen guten Stammbaum-Navigator, um sich in diesem Verwandtschaftsdschungel zurechtzufinden!


Kein Wunder, dass Dynastien wie die Plantagenets oder die Tudors England immer wieder ins pure Chaos stürzten.


England, 1135. Als die Kirchenglocken den Tod von König Henry I. verkünden, stockt den Fürsten der Atem: Eine Frau auf dem Thron? Geht’s noch?! Kaiserin Maude, herrisch und aufbrausend, aber immerhin die rechtmäßige Erbin ihres Vaters. Ihr Gegenspieler, Stephen von Blois, ist der Ritter vom Dienst, beliebt, aber auch ein bisschen unentschlossen – dafür aber ein brillanter Befehlshaber und, ganz wichtig, ein Mann! Es entbrennt ein blutiger Konflikt voller Chaos und Entbehrungen, ein wahres Schachspiel auf dem Intrigen-Spielfeld des mittelalterlichen Europas. Am Ende kann nur einer auf dem Thron sitzen. (Verlagsinfo)


Die amerikanische Autorin Sharon Penman hatte eindeutig ein Faible für das turbulente englische Mittelalter. „Thronräuber“ ist der erste Band ihrer „Plantagenet-Saga“.


Der vorliegende Roman „Thronräuber“ schildert den Kampf um den englischen Thron bis ins kleinste Detail. Wer hier auf ehrenvolle, überzeichnete Ritter und bildhübsche, holdselige Adelsfräulein hofft, die auf ihren Prinzen warten, wird bitter enttäuscht. Auch ist es kein fetter, actiongeladener Roman mit epischen Schlachtenbeschreibungen. Historisch erzählt und interpretiert gehört der Roman vielleicht zu den besten, die ich jemals gelesen habe. Aber Achtung: Es ist eher ein überzeichnetes Sachbuch als ein wirklich unterhaltsamer, spannender Roman.


Viele Dialoge und Beschreibungen? Absolut sinnlos! Sie tragen weder zum besseren Verständnis der Protagonisten bei, noch sind sie für den Aufbau oder die Tiefe der Geschichte relevant. Die Dialoge wiederholen sich ständig, genau wie die Charaktereigenschaften. Muss man wirklich zehnmal auf 800 Seiten lesen, dass sich Person A so fühlt und Person B eben anders ist? Das ist oft langweilig, oberflächlich und absolut nicht unterhaltsam.


Sharon Penman hätte fantastische Sachbücher oder Biographien schreiben können – aber dieser Roman reicht beim besten Willen nicht an das schriftstellerische Talent einer Sabine Ebert, Rebecca Gable oder Ken Follett heran.


Immerhin gibt es auch Nebenfiguren und Nebenhandlungen, und die sind tatsächlich interessanter und menschlicher beschrieben als die eigentlichen „Thronräuber“. Besonders spannend sind die Abhängigkeiten der Adelshäuser untereinander und die Rolle der Frau in dieser von Männern dominierten Welt.


Wenn man den Roman mal seziert und sich auf die wesentlichen Aussagen konzentriert, die auf knappen 800 Seiten verteilt sind, hätte man locker 500 Seiten überflüssiger Dialoge und uninteressanter Wiederholungen einsparen können.


Fazit


„Thronräuber“ sabotiert sich selbst in Sachen Unterhaltung. Die Geschichte ist an sich spannend – aber leider so kühl und sachlich, dass sie zäh und langatmig wird.


Michael Sterzik



Keine Kommentare: