Den vorliegenden Roman, kann man schon im Genre „Historisch“ einordnen. Robert Harris erzählt die Geschichte der Vergeltungswaffe V2 – die Waffe, die ein Jahr vor Kriegsende ein verzweifelter Versuch der Nazis war, doch noch den verträumten Endsieg zu feiern. Das Deutsche Reich ist durch die britischen Bomberangriffe arg zerstört worden, deutsche Städte liegen in Trümmern, ein Mehrfrontenkrieg ist gleichbedeutend, wie eine große Kesselschlacht. Ein Ende des Krieges in Sicht – und der totale Krieg entpuppt sich in Zerstörung und Tod.
Die V2 Rakete soll Angst
und Schrecken auf der britischen Insel erzeugen. Die meisten Raketen detonieren
in London und Antwerpen – ca. 8000 Menschen sterben durch diese moderne,
ballistische Waffe.
Robert Harris erzählt von
einem sprichwörtlichen Duell zwischen dem nationalsozialistischen Reich und der
britischen Luftwaffe. Einerseits weiß die britische Regierung, dass das Ende
des Krieges eine Frage von Monaten ist, andererseits sind sie not amused von
diesen V2 Raketen, die relativ viel Schaden anrichten. Die Royal Airforce
vermutet die mobilen Abschussbasen in Belgien und möchte diese durch gezielte
Fliegerangriffe zerstören.
Die atmosphärische
Stimmung fängt und erzählt der Autor authentisch ein. Die deutschen Wissenschaftler
wissen schon längst, dass sie eher an ihre Zukunft denken sollten, wie in der
gegenwärtigen Lage einen verzweifelten Kampf zu führen. Wernher von Braun – der
die V2 entwickelt hat –ist einer der wenigen faktischen Charaktere in dem Buch „Vergeltung“.
Es handelt sich vielmehr darum, welche Anstrengungen beide Kriegsparteien
unternehmen – und welche Gedanken und Gefühlen diese mit sich tragen. Die
Wissenschaftler träumen eher von ambitionierten Zielen der Raumfahrt also von
einem Großdeutschen Reich.
„Vergeltung“ ist ein mäßig
spannender Roman. Die perspektivischen Wechsel zwischen dem deutschen fiktiven
Wissenschaftler Rudi Graf und der britischen Offizierin Kay Caton-Walsh sind
tiefgründig, unterhaltsam, aber versprechen keine spannenden Momentaufnahmen.
Vielmehr zeigt sich bei Graf eine Desillusionierung ab, und immer wieder gerät
er durch seine Äußerungen in das Fadenkreuz der Gestapo. Und ja, er hat auch
Gewissensbisse, dass seine Raketen, eine Botschaft des Todes sind.
November 1944. Das
Deutsche Reich steht vor der Niederlage. In einer Großoffensive setzt es seine
modernste Waffe ein – die V2. Tausende dieser ballistischen Raketen mit
schwerem Sprengkopf werden auf England abgeschossen. Radar und Aufklärer können
sie nicht orten – wie aus dem Nichts stürzen sie mit Überschallgeschwindigkeit
auf London herab.
Der Ingenieur Rudi Graf hat mit seinem Freund Wernher von
Braun einst davon geträumt, einmal eine Rakete zum Mond zu schicken. Jetzt
findet er sich im besetzten Holland wieder, wo er die technische Aufsicht über
die Abschüsse hat. Vom Krieg ist er längst desillusioniert. Inzwischen
ermittelt gar ein NS-Führungsoffizier wegen Sabotageverdacht gegen ihn.
Kay Caton-Walsh, Offizierin im Frauenhilfsdienst der
britischen Luftwaffe, entkommt einem V2-Einschlag nur knapp. Als kurz darauf
160 Menschen von einer der Raketen getötet werden, vor allem Frauen und Kinder,
meldet sie sich freiwillig zu einer lebensgefährlichen Mission. Zusammen mit
Kameradinnen wird sie im befreiten Belgien abgesetzt. Dort sollen sie die
mobilen Startplätze ausfindig machen und zerstören. Das Schicksal wird Kay und
Rudi schließlich aufeinandertreffen lassen. (Verlagsinfo)
Es ist ein Wechselspiel
der Perspektiven und derjenige Leser, der auch gerne viele technische Details
über die V2-Raketen erfahren möchte, wird hier fündig. Auch, dass das
Raketenprogramm nicht tadellos und ohne Fehler lief, wird vom Autor erzählt.
Der eine, oder andere Fehlstart äscherte dann auch gleich, neben der
Vegetation, auch das Bedienungspersonal mit ein.
Robert Harris verzichtet
sich auf ein Bild von „Gut“ und „Böse“ zu konzentrieren. Das diese sinnlosen
Raketenangriffe, die viele Menschenleben kostete, den deutschen
Wissenschaftlern auch als Motivation dienten, dem deutschen Vaterland den
Rücken zu kehren und sich lieber den zukünftigen Siegermächten zuzuwenden, ist
nahezu logisch und Wernher von Braun als Schlüsselfigur lässt dies in seinen
Kurzauftritten zum Ende des Romans schnell durchblicken.
Ansonsten wird wenig vom
Krieg gesprochen - nichts von den KZ-Häftlingen, die für dieses Raketenprogramm
sterben mussten – dass waren weit mehr wie, die Opfer, die bei den
Raketenangriffen starben. Schade – diese Information fehlte – wie noch einige
andere wichtige mehr.
Insgesamt also ein sehr
oberflächiger Roman von Robert Harris. Unterhaltsam, aber wenig tiefgründig.
Der tiefere Sinn, und die Spannung kommen eben halt nicht an die besagte
Oberfläche.
Über das weitere Schicksal
– weder privat noch beruflich – erfährt der Leser nichts. Schade – denn es wäre
mitunter spannend gewesen, zu erfahren wie es mit den einzelnen Figuren
weitergegangen wäre.
Fazit
„Vergeltung“ ist ein
unterhaltsamer Roman. Wenig spannend, aber dennoch interessant und offen erzählt.
Nicht das stärkste Werk des Autors – aber auch nicht das schwächste.
Michael Sterzik
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