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Mittwoch, 21. August 2024

Die Stauffenbergs - Charlotte Roth


Claus Schenk Graf von Stauffenberg ist die Symbolfigur des 20.Juli 1944 – der das Attentat auf Adolf Hitler ausführte und leider scheiterte. Doch Stauffenberg war nicht der einzige Widerstandskämpfer in den Kreisen der Offiziere, die Verschwörer hatten ein fabelhaftes Netzwerk das nicht nur aus Offizieren bestand, sondern auch Aristokraten, Menschen aus der Wirtschaft, der Justiz, der Religion. Insgesamt umfasste der Personenkreis 200 Menschen, die sich gegen den Nationalsozialmuss auflehnten und mit dem Attentat auch eine Botschaft an die Alliierten senden wollten. 

Nach dem gescheiterten Attentat und noch Monate später wurden zahlreiche Verschwörer von den Nazis ermordet. Stauffenberg und weitere Offiziere wurden noch in der Nacht des 20. Juli 1944 im Bendlerblock standrechtlich erschossen. 

Doch wie war Stauffenberg als Mensch, als Vater, als Ehemann, als Freund? Es gibt unzählige Quellen und Dokumentationen, die uns den Menschen Stauffenberg objektiv vor Augen führen. 

Charlotte Roth zeigt uns die „Die Stauffenbergs“ in ihrem gerade veröffentlichten Roman und präsentiert uns nicht nur eine spannende Geschichte, sondern auch eine emotionale und menschliche Momentaufnahme des Widerstandskämpfers und auch seiner Familie. 

Sie ist die Tochter des fränkischen Generalkonsuls und einer baltischen Freifrau. Er ist der jüngste Spross eines schwäbischen Adelsgeschlechts mit einer vielversprechenden militärischen Karriere. Als Nina und Claus von Stauffenberg sich 1929 auf einem Ball kennenlernen, sind sie verliebte junge Menschen auf dem Weg in ein märchenhaftes Leben.

Doch der Lauf der Geschichte will es anders: Aus der Mutterkreuzträgerin und dem Wehrmachtsoffizier werden Regimegegner und Verschwörer. Das Schlimmste für ihn: Deutschlands Zusammenbruch. Für sie: der Verlust ihres geliebten Mannes. Trotzdem lässt Nina von Stauffenberg ihrem Claus die Freiheit, zu tun, was er tun muss. Doch das bedeutet, dass sie ihn nach dem 20. Juli 1944 nie wiedersehen und alles verlieren wird …(Verlagsinfo) 

Der Roman erzählt die Geschichte der jungen Nina und des etwas älteren Claus von Stauffenberg und beginnt mit ihrer Liebe und Zuneigung, die nicht ohne Hindernisse war. Beide waren starke Persönlichkeiten ihrer Zeit - zielstrebig, offen für Literatur und Kunst, gebildet und politisch nicht unkritisch.

Es ist eine tragische, dramatische Liebesgeschichte ohne Happy End. Charlotte Roth lässt abwechselnd verschiedene Personen zu Wort kommen - Claus, Nina, die Mutter Stauffenbergs - und diese Perspektiven tragen immer eine emotionale Note. 

Die Zeitfenster schildern die Jahre 1933-1944 - von der Weimarer Republik über die Machtergreifung Adolf Hitlers bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs, dessen Verlauf und die Verbrechen der Nazis die Offiziere in den Widerstand treiben. Die Verfasserin hat diese Ereignisse, den Überfall auf Polen, die Nichtangriffspakte, die beginnende Stigmatisierung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung, die Lebensmittelknappheit, die Niederlage von Stalingrad, in ihre Arbeit einfließen lassen.

Im Mittelpunkt steht die Gefühlswelt der Stauffenbergs. Die Ängste, die Hoffnungen, die zeitlichen Entbehrungen der Liebenden, die Geburt der Kinder. Wie sie wirklich gefühlt und empfunden haben - das ist natürlich nicht belegt - aber Charlotte Roth gibt diesen Emotionen viel fiktiven Raum, der alles andere als unrealistisch ist.

Obwohl Stauffenberg Offizier ist und die Machtergreifung Hitlers eher positiv sieht, schlägt sein moralischer Kompass gegen sein Gewissen und lässt ihn immer mehr daran zweifeln, auf der richtigen Seite zu stehen. Der anfängliche Idealismus und auch Enthusiasmus wandeln sich in Abscheu, Ekel vor sich selbst, Gewissensbisse und münden schließlich darin, sich den Verschwörern anzuschließen. 

Der andere Teil des Romans zeigt Nina und Claus als Eltern und als Liebespaar, das sich bedingungslos vertraut und füreinander da ist. Das Klischee einer romantischen Liebesgeschichte wird klar verarbeitet, ohne zu schnulzig zu werden.

Historisch gesehen hat Charlotte Roth großartige Arbeit geleistet. Viele persönliche Feinheiten und Ereignisse wurden sehr, sehr gut in die Handlung eingearbeitet. Das macht „Die Stauffenbergs“ auch zu einem historischen Roman. Es ist eine „fiktive Geschichte“, aber es könnte so gewesen sein, vielleicht war es so. 

Die Ereignisse des 20. Juli werden natürlich auch thematisiert, sind aber nicht Hauptbestandteil der Geschichte.

Dennoch ist der Roman auch eine Botschaft an uns selbst - dass die Verbrechen der Nazis nicht in Vergessenheit geraten dürfen und dass wir kritisch, selbstbewusst und aktiv gegen rechte politische Lager vorgehen sollten.

Fazit

Ein fiktives Denkmal zweier Menschen, deren Liebe und Zuneigung in Zeiten von Krieg, Verbrechen und Angst auch mutig und selbstlos ist. Erzählerisch spannend, unterhaltsam und von einer solchen Emotionalität geprägt, dass man, wenn man vom 20. Juli 1944 spricht, auch diesen Roman lesen sollte.


Michael Sterzik