-->
1997 erschien von der deutschen Autorin Ingrid
Krane-Müschen unter dem Pseudonym Rebecca Gable, der historische Roman: „Das
Lächeln der Fortuna“. Dieser wurde zu einem großen Erfolg, und präsentierte den
Leser ein großes Stück „Englischer Geschichte“. Spannend aufgebaut, authentisch
und mit sehr viel Fachkenntnis über diese Epoche versehen fanden wir uns wieder
inmitten der fiktiven Familie Waringham, einem englischen Grafengeschlecht,
dass der Willkürlichkeit von Glück und Unglück ausgesetzt wird.
Dieses Epos, und die fünf weiteren Bände, die
aus der Waringham-Saga erschienen sind, führte uns in den Englischen
Hochadel ein, in das Leben am Hofe mitsamt seinen gefährlichen Intrigen, dass
klirren der Schwerter, das Schreien der sterbenden Ritter auf dem Schlachtfeld
und der Politik mit besonderen Verweis auf den Erzfeind Frankreich. Natürlich
kommt die Liebe nicht zu kurz – aber es dreht sich nicht nur um die höfische,
ritterliche romantisierte Liebelein toller Recken und graziösen, holden Burgfräuleins
– nein, der Fokus liegt bei den jeweiligen königlichen Majestäten ihrer Zeit.
Nun erschien im Verlag Lübbe der neueste Roman
der erfolgreichen Autorin: „Teufelskrone“. Dieser spielt satte 160 Jahre vor
„Das Lächeln der Fortuna“ – also für alle, die die Reihe noch nicht kennen
sollten, wäre dies der chronologische Einstieg.
Wir befinden uns also thematisch und zeitlich
in der Zeit von: König Richard Löwenherz und seinem brüderlichen Nachfolger
König John (Ohneland). Beide historische Persönlichkeiten sind in der Literatur
und im Film nahezu unsterblich geworden. Genauso verhält es leider auch mit den
klassischen Vorurteilen und einer desaströsen Interpretation deren Handlungen
und charakterlichen Eigenschaften.
Beide Herrscher und ihrer Regentschaft umgeben
„Legenden“, fast schon mit einer mystischen Aura. Doch beide waren auch
„Kinder“ ihrer Zeit. Ihre Handlungen und Urteile mit unserem jetzigen ethischen
und moralischen Kompass sind nicht gerade vereinbar. Beide ambivalent – und König
John ist in der Geschichtsschreibung von Chronisten nicht gerade gut
weggekommen. Doch wer war dieser Mann eigentlich? In Film und Literatur wurde dieser nahezu als unbeschreiblich
„böse“ dargestellt und sein Bruder Richard genannt „Löwenherz“ als heroischer,
gerechter und selbstloser Herrscher gezeigt. Sorry an dieser Stelle – befasst
man sich mit der aktuellen Forschung und Quellenlage beides „Falsch“ und doch
„Richtig“.
Die große absolute Stärke des Romans ist die
Charakterisierung der Figuren – ganz vorne natürlich König Richard und später
König John. Aber auch die fiktive Figur von Yvain of Waringham und seiner
gesamten Familie, sowie historischen Nebenfiguren, wurde viel Raum für eine
charakterliche Interpretation gelassen. Fabelhaft und gar nicht langweilig. Im
Gegenteil – die beiden Könige die willkürlich über ihr Königreich herrschen
begehen kapitale und grausame Fehler, die natürlich dramatisch spannend erzählt
werden. Der Hauptpart wird getragen von König John und Yvain of Waringham, der
einer seiner treuesten Ritter ist.
Rebecca Gable bedient sich ihrer schon
bekannten Schöpfung einer mehrjährigen Ritterlaufbahn. Yvains Knappen- und Ritterjahre sind
wie schon bei seinen späteren Nachkommen, nicht wirklich ein Zuckerschlecken.
Aber der Unterhaltungswert ist großartig.
Sowieso ist die Spannung souverän und steigend
aufgebaut. Die Einleitung mag länger sein – aber ¾ der Story überzeugen durch
einen Anstieg der Spannung, die einem förmlich bannen kann.
Rebecca Gable beschreibt die beiden Könige Englands
mit einer konsequenten und kompromisslosen, analytischen Charakterstudie, die
vielen romantisierten Lesern, die Augen öffnen wird. Beide Herrscher waren
egoistische, egozentrische Tyrannen ihrer Zeit – mitunter Muttersöhnchen und in
heutiger Zeit willkommene Patienten einer psychologischen Praxis.
Doch die Autorin zeigt nicht nur ein negatives
Bild – sie zeigt beide Könige als „Menschen“ ihrer Zeit und selbst König John
hatte seine Talente und tendenziell gute Eigenschaften.
Werfen wir einen Blick auf unsere fiktive
Hauptfigur: Yvain of Warinham. Ein Bilderbuchritter – loyal, mit einem
Gewissen, treuer Anhänger, mutig, galant – allerdings ein hoffnungsloser naiver
Charakter, der es einfach nicht lernt und konsequent immer an das „Gute“
glaubt. Ohne der persönlichen Zuwendung. der Göttin Fortuna – wäre seine
Laufbahn und seine Lebenserwartung deutlich kürzer gewesen. Der größte und
einzige Kritikpunkt ist, dass diesem zu viel Raum gegeben wird. Ein zweiter
fiktiver Part – ggf. der seines Bruders wäre hervorragend platziert gewesen.
Schade.
Ein Ton dieser historischen Melodie, ist
natürlich auch die klassische, traditionelle Erzfeindschaft des Königreichs
Frankreich. Hier wird verraten, verkauft, betrogen, integriert und manche
Adelige wechseln gerne mal das Lager, die momentan die besten Perspektiven
aufzeigen.
Ach ja, ohne es zu vergessen: Robin Hood und
seine Gefährten, kommen nicht mal ansatzweise vor, okay?!
„Teufelskrone“ von Rebecca Gable zeigt das
wahre Talent und die Bestimmung der Autorin – die englische Geschichte und hier
ist sie nicht nur eine großartige Erzählerin die zu fesseln vermag, sondern
auch eine unterhaltsame Dozentin – die Geschichte transportieren kann.
Besonders gefällt mir die Charakterstudie von
König John. Er war nicht gerade ein Sonnenschein seiner Zeit, aber er war auch
nicht nur ein böser Mensch. Die Chronisten waren mit seiner Lebensführung:
Alkohol, Frauen und Verschwendung verständlicherweise nicht zufrieden – und ja
natürlich gab es neben diesen Eigenschaften noch einen grausamen Jähzorn und
eine gefährliche Willkürlichkeit.
Doch lesen Sie selbst – lassen Sie sich einfangen
von einem großartigen, historischen Roman, der Sie nicht loslassen wird.
Besuchen Sie die politischen Schlachtfelder, nehmen an Belagerungen teil, an
Liebeleien, an persönlichen Erzfeindschaften und Aufopferung für Freunde.
Rebecca Gable konzipiert eine sehr konzentrierte, detailreiche Handlung, die
noch Platz für einen weiteren Roman zulässt um die Lücke bis zu dem Titel „Das
Lächeln der Fortuna“ zu schließen.
Fazit
Ein historischer Roman der die Menschlichkeit
von Königen zeigt. Ein spannender Titel der aufräumt, mit einer traditioneller,
romantisierten Interpretation einer Epoche.
„Teufelskrone“ ist das Licht in dem Genre „Historischer
Roman“ – die Lichtbringer sind allerdings nur sündige Könige, die unter dieser
Last zu Legenden ihrer Zeit werden. Brillanter Titel – Danke Rebecca Gable.
Michael Sterzik