Sonntag, 8. September 2019

Teufelskrone - Rebecca Gable


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1997 erschien von der deutschen Autorin Ingrid Krane-Müschen unter dem Pseudonym Rebecca Gable, der historische Roman: „Das Lächeln der Fortuna“. Dieser wurde zu einem großen Erfolg, und präsentierte den Leser ein großes Stück „Englischer Geschichte“. Spannend aufgebaut, authentisch und mit sehr viel Fachkenntnis über diese Epoche versehen fanden wir uns wieder inmitten der fiktiven Familie Waringham, einem englischen Grafengeschlecht, dass der Willkürlichkeit von Glück und Unglück ausgesetzt wird.

Dieses Epos, und die fünf weiteren Bände, die aus der Waringham-Saga erschienen sind, führte uns in den Englischen Hochadel ein, in das Leben am Hofe mitsamt seinen gefährlichen Intrigen, dass klirren der Schwerter, das Schreien der sterbenden Ritter auf dem Schlachtfeld und der Politik mit besonderen Verweis auf den Erzfeind Frankreich. Natürlich kommt die Liebe nicht zu kurz – aber es dreht sich nicht nur um die höfische, ritterliche romantisierte Liebelein toller Recken und graziösen, holden Burgfräuleins – nein, der Fokus liegt bei den jeweiligen königlichen Majestäten ihrer Zeit.  

Nun erschien im Verlag Lübbe der neueste Roman der erfolgreichen Autorin: „Teufelskrone“. Dieser spielt satte 160 Jahre vor „Das Lächeln der Fortuna“ – also für alle, die die Reihe noch nicht kennen sollten, wäre dies der chronologische Einstieg.

Wir befinden uns also thematisch und zeitlich in der Zeit von: König Richard Löwenherz und seinem brüderlichen Nachfolger König John (Ohneland). Beide historische Persönlichkeiten sind in der Literatur und im Film nahezu unsterblich geworden. Genauso verhält es leider auch mit den klassischen Vorurteilen und einer desaströsen Interpretation deren Handlungen und charakterlichen Eigenschaften.  

Beide Herrscher und ihrer Regentschaft umgeben „Legenden“, fast schon mit einer mystischen Aura. Doch beide waren auch „Kinder“ ihrer Zeit. Ihre Handlungen und Urteile mit unserem jetzigen ethischen und moralischen Kompass sind nicht gerade vereinbar. Beide ambivalent – und König John ist in der Geschichtsschreibung von Chronisten nicht gerade gut weggekommen. Doch wer war dieser Mann eigentlich? In Film und Literatur  wurde dieser nahezu als unbeschreiblich „böse“ dargestellt und sein Bruder Richard genannt „Löwenherz“ als heroischer, gerechter und selbstloser Herrscher gezeigt. Sorry an dieser Stelle – befasst man sich mit der aktuellen Forschung und Quellenlage beides „Falsch“ und doch „Richtig“.
 
Die große absolute Stärke des Romans ist die Charakterisierung der Figuren – ganz vorne natürlich König Richard und später König John. Aber auch die fiktive Figur von Yvain of Waringham und seiner gesamten Familie, sowie historischen Nebenfiguren, wurde viel Raum für eine charakterliche Interpretation gelassen. Fabelhaft und gar nicht langweilig. Im Gegenteil – die beiden Könige die willkürlich über ihr Königreich herrschen begehen kapitale und grausame Fehler, die natürlich dramatisch spannend erzählt werden. Der Hauptpart wird getragen von König John und Yvain of Waringham, der einer seiner treuesten Ritter ist.

Rebecca Gable bedient sich ihrer schon bekannten Schöpfung einer mehrjährigen Ritterlaufbahn. Yvains Knappen- und Ritterjahre sind wie schon bei seinen späteren Nachkommen, nicht wirklich ein Zuckerschlecken. Aber der Unterhaltungswert ist großartig.

Sowieso ist die Spannung souverän und steigend aufgebaut. Die Einleitung mag länger sein – aber ¾ der Story überzeugen durch einen Anstieg der Spannung, die einem förmlich bannen kann.
Rebecca Gable beschreibt die beiden Könige Englands mit einer konsequenten und kompromisslosen, analytischen Charakterstudie, die vielen romantisierten Lesern, die Augen öffnen wird. Beide Herrscher waren egoistische, egozentrische Tyrannen ihrer Zeit – mitunter Muttersöhnchen und in heutiger Zeit willkommene Patienten einer psychologischen Praxis.

Doch die Autorin zeigt nicht nur ein negatives Bild – sie zeigt beide Könige als „Menschen“ ihrer Zeit und selbst König John hatte seine Talente und tendenziell gute Eigenschaften.

Werfen wir einen Blick auf unsere fiktive Hauptfigur: Yvain of Warinham. Ein Bilderbuchritter – loyal, mit einem Gewissen, treuer Anhänger, mutig, galant – allerdings ein hoffnungsloser naiver Charakter, der es einfach nicht lernt und konsequent immer an das „Gute“ glaubt. Ohne der persönlichen Zuwendung. der Göttin Fortuna – wäre seine Laufbahn und seine Lebenserwartung deutlich kürzer gewesen. Der größte und einzige Kritikpunkt ist, dass diesem zu viel Raum gegeben wird. Ein zweiter fiktiver Part – ggf. der seines Bruders wäre hervorragend platziert gewesen. Schade.

Ein Ton dieser historischen Melodie, ist natürlich auch die klassische, traditionelle Erzfeindschaft des Königreichs Frankreich. Hier wird verraten, verkauft, betrogen, integriert und manche Adelige wechseln gerne mal das Lager, die momentan die besten Perspektiven aufzeigen.

Ach ja, ohne es zu vergessen: Robin Hood und seine Gefährten, kommen nicht mal ansatzweise vor, okay?!

„Teufelskrone“ von Rebecca Gable zeigt das wahre Talent und die Bestimmung der Autorin – die englische Geschichte und hier ist sie nicht nur eine großartige Erzählerin die zu fesseln vermag, sondern auch eine unterhaltsame Dozentin – die Geschichte transportieren kann.

Besonders gefällt mir die Charakterstudie von König John. Er war nicht gerade ein Sonnenschein seiner Zeit, aber er war auch nicht nur ein böser Mensch. Die Chronisten waren mit seiner Lebensführung: Alkohol, Frauen und Verschwendung verständlicherweise nicht zufrieden – und ja natürlich gab es neben diesen Eigenschaften noch einen grausamen Jähzorn und eine gefährliche Willkürlichkeit.

Doch lesen Sie selbst – lassen Sie sich einfangen von einem großartigen, historischen Roman, der Sie nicht loslassen wird. Besuchen Sie die politischen Schlachtfelder, nehmen an Belagerungen teil, an Liebeleien, an persönlichen Erzfeindschaften und Aufopferung für Freunde. Rebecca Gable konzipiert eine sehr konzentrierte, detailreiche Handlung, die noch Platz für einen weiteren Roman zulässt um die Lücke bis zu dem Titel „Das Lächeln der Fortuna“ zu schließen.

Fazit

Ein historischer Roman der die Menschlichkeit von Königen zeigt. Ein spannender Titel der aufräumt, mit einer traditioneller, romantisierten Interpretation einer Epoche.

„Teufelskrone“ ist das Licht in dem Genre „Historischer Roman“ – die Lichtbringer sind allerdings nur sündige Könige, die unter dieser Last zu Legenden ihrer Zeit werden. Brillanter Titel – Danke Rebecca Gable.

Michael Sterzik

1 Kommentar:

sommerlese hat gesagt…

Hallo Michael,

bisher mochte ich alle Bücher von Rebecca Gablé und deshalb liegt Teufelskrone auch schon zum Lesen bereit.
Weil man bei diesen historischen Romanen ja in Rezensionen nicht allzu viel verraten kann, habe ich deine begeisterte Rezi schon gelesen und freue mich nun noch mehr auf die Lektüre.

Liebe Grüße
Barbara

https://sommerlese.blogspot.com/