Montag, 22. November 2010

Das Flüstern der Nacht - Peter V. Brett

Das Flüstern der Nacht (Peter V. Brett)

Letztes Jahr erschien im Heyne Verlag der Debütroman von Peter V. Brett – „Das Lied der Dunkelheit“ und der Autor feierte damit einen fulminanten Erfolg weltweit.
Im Genre Fantasy angesiedelt überzeugte „Das Lied der Dunkelheit“ durch eine spannende Geschichte voller Dramatik und tiefgreifenden Charakteren die sich im Laufe der Handlung weiterentwickelten. So weit so gut – Die Reihe ist laut dem  Autor auf fünf Bände ausgelegt.  Wie in vielen Fantasy-Romanen tauchen hier fantastische Wesen auf, die die menschliche Welt bedrohen, doch Peter B. Brett geht neue Wege. Das „Böse“ sind hier die „Dämonen“ der Nacht. Wesen die das Tageslicht scheuen, wie der Teufel das Weihwasser und nach Sonnenuntergang an die Oberfläche gelangen um mit todbringender Gewalt die Menschen zu terrorisieren die im Laufe der Jahrhunderte vergessen haben, wie man diese „Dämonen“ bekämpft. Vielleicht wurden ihnen auch diese Mittel genommen, alles was ihnen noch nutzen kann, sind magische Verteidigungssiegel, deren Grenzen die Dämonen nicht überschreiten können. Die Dämonen sind vielfältig und den Elementen gleichgesetzt, es gibt Wind-, Feuer, Stein-, Baumdämonen und auch die Größe und Bösartigkeit variiert.
Arlen Strohballen, der Held dieser Reihe, verliert in einer schicksalhaften Nacht, seine Mutter. Sein Vater gelähmt vor Angst findet keine Möglichkeit seine Frau zu retten, schwerverletzt gelingt es Arlen sie hinter den Schutz der Siegel zu retten, doch die Verletzungen sind zu schwer und so stirbt sie. Arlen beschämt und wütend über die Feigheit seines Vaters, bricht auf um einen Weg zu finden, die Dämonen auf immer zu vernichten.
Nach einigen Jahren und unterschiedlichen, beruflichen Stationen findet der junge Mann in den Ruinen vergangener Zeiten, eine Sperr der mit Kampfsiegeln versehen ist. In Laufe der Zeit findet er in Ruinen und Bibliotheken wahre Schätze, aber nicht nach Reichtum strebend, ist er immer weiterhin getrieben von Rachegedanken besessen auf weitere Möglichkeiten die Dämonen zu bekämpfen.
Nach einiger Zeit gibt es Gerüchte in den kleinen Herzogtümern und Regionen, der „Erlöser“ ist wiedergekommen und er bekämpft mit bloßen Händen die Geschöpfe der Nacht. Gehüllt in einen dunklen Umhang und am ganzen Körper mit Kampfsiegeln tätowiert, ist Arlen den man nun „den tätowierten Mann“ nennt, eine große Hoffnung auf ein ungestörtes Leben....
„Das Flüstern der Nacht“ ist der zweite Teil aus der Reihe und ebenfalls erschienen im Heyne Verlag, konzentriert sich die Handlung nun auf eine innere Bedrohung die nicht von den Dämonen ausgeht.

Inhalt
In Krasia, weit entfernt von den anderen Herzogtümern, haben die dortigen Menschen gelernt, die Dämonen zu bekämpfen. Doch sind es die vielen Opfer wert?! Die Krasianer sind hauptsächlich „Krieger“ und in strengen sozialen Kasten leben sie inmitten der Wüste. Im Kampf gegen die Dämonen zu sterben, ist für die Krieger absolut akzeptabel und wirkliche Angst vor dem Tod kennen sie nicht. Höchstens von der Schande versagt zu haben. Doch die Dämonen sind nicht die einzigen Feinde, selbst in den Mauern der Stadt beherrschen gefährliche Intrigen um den Thron und die Macht innerhalb des kleinen Wüstenstaates.
Auch Jardir kämpft des Nachts gegen die Dämonen. Schon von Kindheit an, war seine Kampfausbildung von Folter und Qual geprägt. Und nun steigt er in der Hierarchie zum Krieger auf. Seine Laufbahn ist mitunter eine Berg- und Talfahrt, doch protegiert durch eine geheimnisvolle Frau und unterstützt selbst von seinen erbitterten Feinden, raunen bereits vieler er sei der langersehnte Erlöser. Nach und nach wird er zum religiösen Führer der Krasianer, und seine Pläne gehen über die Staatsgrenzen weit hinaus. Um den Kreuzzug gegen die Horclinge (Dämonen) weiter zu intensivieren, um jeden Preis auch der Verlust von Kriegern ist für den geistigen Anführer nur Mittel zum Zweck, überlegt er die kleineren Herzogtümer zu erobern. Mit viel Widerstand rechnet er nicht.
Als er den Krieg beginnt und die ersten Herzogtümer fallen, stößt er allerdings auch auf Widerstand und noch überraschte ist Jardir, als er gesagt bekommt, dass es einen tätowierten Mann gibt, der auch als „Erlöser“ gilt. Jardir wird später klar, dass es nur Arlen sein kann, sein Freund, sein „Bruder“ im Geiste den er vor Jahren, hilflos in die Wüste ausgesetzt hat, um an den Sperr zu kommen....

Es wird die Zeit kommen, in der sich die Wege der beiden wieder kreuzen werden, und nur einer wird überleben....

Kritik

Der Autor Peter V. Brett übernimmt in seinen zweiten Roman um Arlen, die politischen Machtkämpfe innerhalb und außerhalb eines Staates, in seiner Handlung. Und das macht er außerordentlich gekonnt, als hätte er nichts anderes gemacht. Analysiert man weiterhin die Handlung, so stellt sich dem Leser eine sozialkritische Gesellschaftsstudie dar, und auch die Religiösen Machtspielchen sind fester Bestandteil der Handlung.

Bei so vielen unterschiedlichen Komponenten verliert der Leser allerdings niemals den Bezug zur Handlung.

Die Figurenzeichnung ist mustergültig. Vielfältig und auch abwechslungsreich geht es zu in „Das Flüstern der Nacht“. Auch wenn es sich im Roman meistens um Jardir dreht, auch Arlen wird zur Wort kommen. Beide von Charakter her stark, sind sie dennoch verloren und manchmal Spielbälle von Intrigen und Interessen, die schwerer zu bekämpfen sind als die Dämonen der Dunkelheit. Jardir z.B. kämpft gleich immer an verschiedenen Fronten und auch die Frauen in seiner Umgebung kämpfen nicht nur mit den Waffen einer Frau um ihn, sondern auch mit allen Mitteln und Waffen, die sie gerade zur hand haben.

Doch auch die Ränke, sind nicht alles im Roman. Wie schon in „Das Lied der Dunkelheit“ geht’s auch actionreich zu, mit wilden Kämpfen der sich jeder Protagonist stellen muss. Das Niveau der Geschichte hat sich wie auch die Spannung weiter positiv entwickelt, damit ist der vorliegende zweite Teil, noch besser und vor allem intensiver. Nicht zuletzt weil man nun weiß, dass es zwei Protagonisten gibt, die sich gegenseitig vernichten können, aber ihre verfeindete Freundschaft wird sicherlich im dritten Teil näher betrachtet werden.

Wer glaubte, dass die Dämonen intelligentlose Geschöpfe sind, wird hier eines besseren belehrt. Es gibt Dämonen die hier als „Prinzen“ betitelt werden, die die Menschen beobachten und auch ihrerseits Angst vor den beiden Möchte-oder-Muß-ich-denn-Erlöser haben. Man darf also gespannt sein, welche Waffen die Dämonen noch aus ihren Köcher holen werden und auf die Menschen abzielen.

Auch in diesem Roman kommen die Nebencharaktere wie Leesha und Rojer vor, und auch sie werden Jardir kennenlernen und damit eine völlige andere Mentalität vorfinden, die untermauert durch Religion und soziale Andersartigkeit, schnell zu komplexen Problemen führt. Völkerverständigung ist halt auch hier ein ernsthaftes Problem.

Es gibt nur wenig Schwächen im Roman, auch der Übersetzung kann hier nichts ändern und die ist wirklich gut geworden. Wenn man die Erwartungshaltung hat, dass Arlen die zentrale Rolle alleine ausfüllt, könnte enttäuscht sein In „Das Flüstern der Nacht“ geht es eigens um Jardir und seine Biographie. Das ist nur fair, wenn man bedenkt, dass Arlen nun mal im ersten Teil, die absolute Hauptrolle inne hatte.

Es gibt auch kaum langatmige Kapitel, es stecken so viele kleine und interessante Details im Geschehen, dass man das eine oder andere, gerne in Kauf nimmt...denn die Handlung wird immer rasanter.

Fazit

„Das Flüstern der Nacht“ ist der zweite und der bessere Teil der Saga um Arlen. Diese ist auf fünf Teile ausgelegt, und wir dürfen noch gespannt sein, was noch alles passieren wird. Bei so viel neuen Konflikten und aufkommenden Kriegen, verschmähter Liebe und politischen Intrigen, wird der nächste Teil, vieles lösen können.

Aber wie schon gesagt, die Dämonen sind nicht gewillt sich durch die Menschen abschlachten zu lassen......man darf also gespannt sein, wie der Konflikt weitergeht.

Auch wenn „Das Flüstern der Nacht“ ein eigenständiger Roman ist, sollte man den ersten – „Das Lied der Dunkelheit“ nicht verpasst haben. Das Lesevergnügen könnte erheblich Schaden nehmen. Wie auch der erste Teil, ist die Fortsetzung nun mehr wie zu empfehlen, es wird zur Pflicht – Das Flüstern der Nacht“ zu lesen. Das Buch ist kein stilles Flüstern, es ist ein Aufschrei nach Rache, Vergeltung, Liebe und nicht zuletzt nach Erlösung.

Michael Sterzik

Samstag, 13. November 2010

Die brennenden Paläste - Jack Hight





Im Jahr des Herrn 1453 ist die kaiserliche Stadt Konstantinopel von einem übermächtigen Feind umstellt: Sultan Mehmeds Heerscharen bereiten sich mit Kriegsschiffen und riesigen Kanonen auf den Sturm vor. An der Seite Kaiser Konstantins steht seine Nichte Prinzessin Sofia, klug, gebildet und machtbewusst. Der Kaiser hat sie mit seinem obersten Heeresführer verlobt. Was er nicht weiß: Sofias Liebe gehört dem genuesischen Adeligen Longo, der sich verzweifelt müht, ihr zu Hilfe zu eilen. Doch der Fall Konstantinopels, der größten Stadt der Christenheit, ist nicht mehr aufzuhalten ...(Verlagsinfo)

Bei Bastei Lübbe im Okt./November 2010 erschien

Die Rezension von mir folgt.

Michael Sterzik

Samstag, 6. November 2010

Entsetzen - Karin Slaughter

Entsetzen – Karin Slaughter

Karin Slaughter – Nein, der Name ist nicht Programm oder ein Synonym für Ihre Thriller die sie erfolgreich verfasst.

Im vorliegenden Band – „Entsetzen“, lässt die Autorin Ihren Ermittler und Protagonisten Will Trent ermitteln.

Inhalt

Special Agent Trent von Georgia Bureau of Investigations, dass eine Ähnlichkeit dem dem staatlichen FBI hat, aber in diesem Fall nur auf Landesebene verantwortlich ist, ist ein erfolgreicher Beamter, mit eigenwilligen Methoden und einen Sinn fürs Detail, wo andere diese vielleicht übersehen.

Trent ist Legastheniker und damit sind geschriebene Sätze für ihn meist ein kompliziertes Rätsel, dass er nur angestrengt und hochkonzentriert zu lösen vermag. Doch im Alltag und auch in seinem Beruf weiß sich der intelligente Beamter zu helfen. Ein kleines digitales Diktiergerät in seiner Anzugtasche, ist sein ständiger, hilfreicher Begleiter. Auf einfache Notizblöcke verzichtet er.

Auf seinem Computer im Büro hat er sich eine Spracherkennungssoftware installiert, die er für seine Berichte benutzt. Bisher konnte er all das verschleiern, seine direkte Vorgesetzte weiß von seiner Behinderung, doch er steht unter ihrem Schutz, denn sie weiß, über welche Talente er verfügt.

In Polizeikreisen ist Will Trent nicht unbedingt beliebt. Als interner Ermittler spielte er immer alleine auf seiner persönlichen Bühne, und nun nach seiner letzten Ermittlung bei der gegen korrupte Kollegen ermittelte, ist sein Ruf nicht gerade gestiegen. Den Stempel eines Verräters in den eigenen Reihen wird man nicht mehr so schnell los.

Doch nun, in seinem nächsten Fall, bekommt er eine Partnerin an die Seite, eine junge Frau in Rang eines Detective, des Atlanta Police Departments. Ihre Mutter wurde durch die Ermittlungen von Trent vom Dienst suspendiert und später entlassen.

Trent und Faith ermitteln in einem mysteriösen Fall, der Fragen aufwirft die sich bisher keiner erklären kann.

Als Abigail Compano von einer Tennisstunde nach Hause kommt, eröffnet sich ihr ein grausames Bild. Ihre Tochter liegt voller Blut und mit ihren Gliedern verdreht, tot vor ihr. Ein junger Mann stürzt auf die verschreckte Mutter zu, panisch und voller Angst wehrt sich die junge Frau gegen den vermeintlichen Mörder ihrer Tochter. Mit den Waffen einer verzweifelten Frau in Todesangst wehrt sie sich und es gelingt ihr, den jungen Mann mit ihren eigenen Händen zu erwürgen.

Als Trent und Faith Mitchell mit ihren Ermittlungen beginnen, ist nichts so wie es scheint. Der junge Mann war scheinbar nicht der Mörder, evtl. ein Freund der getöteten jungen Frau, der zufällig am falschen Ort, zur falschen Zeit dort war und helfen wollte, oder hatte er doch etwas mit der grausamen Tat zu tun!?

Als der gerichtliche Pathologe die Leiche der jungen Frau untersucht, wird es schnell klar, dass das ermordete Mädchen nicht die Tochter von Abigail und Paul Compano ist. Aber wo ist Emma nun? Wer hat sie entführt?

Für Will Trent und Faith Mitchell wird es ein Kampf gegen die Zeit. Zusammen ermitteln sie in diesem undurchsichtigen Mordfall, an der Highschool und der Technischen Universität in Atlanta konzentrieren sich ihre Ermittlungen um Freunde und Mitschüler der beiden, toten Schülern...

Kritik

Karin Slaughter schubst Will Trent in einen komplizierten, mysteriösen Fall der die Leser in einem spannenden Thriller katapultiert. Nichts ist wie es scheint, immer wieder summieren sich die Details zu einem irren Schachbrett, auf dem jeder Schachzug wiederum eine neue Perspektive wiedergibt.

„Entsetzen“ ist ein gut gewählter deutscher Titel für diesen Roman. Karin Slaughter schreibt nicht nur spannend, sondern auch so emotional, dass der Leser sich mit den Ängsten und den Hoffnungen der Protagonisten mehr als sehr gut, identifizieren kann. Die Ängste der Eltern und die Verzweiflung der Mutter die in Notwehr den jungen Mann getötet hat, der wahrscheinlich nur verstört und verletzt , selbst nach Hilfe suchte. Oft wird sich der Leser fragen: Was ist nun Realität und was kann nur verwirrende Fiktion sein?! Wer lügt oder verschleiert die Wahrheit? Der Grad zwischen Wahrheit und Betrug ist nur ein schmaler Strich. Was übrigbleibt, ist ein nebeliger Sumpf der beim Leser nur die finstersten Abgründe präsentiert.

Der Roman entwickelt sich recht langsam, oder sagen wir besser – die Autorin lässt die Handlung wohlüberlegt aufbauen und so wird das Buch von Seite zu Seite packender und mysteriöser.

Die Protagonisten hat die Autorin Karin Slaughter sorgfältig konzipiert. Alleine Special Agent Will Trent ist der klassische Antiheld, der aber sympathisch und nicht ohne Schattenseiten seiner Persönlichkeit auftritt. Nicht nur sein berufliches Umfeld gleicht, einen Minenfeld, auch in seiner Vergangenheit und seiner gegenwärtigen, privaten Umgebung stellt sich ihm die eine oder andere Herausforderung.

Mit seiner „neuen“ Partnerin Faith Mitchell muß sich der Einzelgänger zusammen raufen. Faiths Mutter, auch eine Polizisten wurde durch die Ermittlungen Trents gezwungen ihre Karriere zu beenden. Etwas, was Faith nicht versteht, bzw. nur die eine Seite der Medaille kennt, und nun ist sie gezwungen mit dem Mann zusammen zu arbeiten, der das Leben ihrer Mutter zum negativen verändert hat.

Viele einzelne verwendete Faktoren bilden einen hervorragenden Roman der sich auf die Charaktere konzentriert und so die Geschichte realistisch widerspiegelt. Schier aufs penibelste Ausgewogen überlässt die Autorin nichts dem Zufall.

Es gibt nicht viel Nebenhandlungen, der Roman konzentriert sich auf die Ermittlungsarbeit und der Leser wird es als erholsam erachten, wenn Will sich zu Hause mit seiner Freundin austauscht, oder Faith an der Beziehung zu ihrem Sohn feilt, der auch an einer der Universitäten studiert.

Das Zusammenspiel von Will Trent und Faith Mitchell ist alles andere als einfach. Doch die Dynamik des Duos überzeugt, es sind beides Charaktere die innerlich sensibel und nach außen hin hart agieren. Ihre Vergangenheit spielt im Grunde keine Rolle, doch für die Entwicklung der beiden zu einer ermittlerischen Einheit, ist diese unbedingt nötig.

Fazit

„Entsetzen“ von Karin Slaughter ist ein emotionaler Thriller der durch „Menschlichkeit“ kristallklar überzeugt. Atemlose Spannung, komplexe Charaktere und eine Dynamische Handlung die immer wieder Überraschungen bereithält, versprechen großartiges Kopfkino.

„Entsetzen“ ist der zweite Roman um den Ermittler Will Trent, aber nicht der letzte. Ich freue mich, bald mehr von dem Duo Trent und Mitchell zu lesen.

Der Name „Karin Slaughter“ ist schon längst Garant für spannende Unterhaltung, und doch schafft sie es mit diesem Roman erneut, sich zu steigern.  

Michael Sterzik

Samstag, 30. Oktober 2010

Teufelszeug - Joe Hill

Teufelszeug von Joe Hill

Joe Hill trägt ein schweres Erbe mit sich, schließlich ist er der Sohn von Altmeister und Kultautor Stephen King. Damit ist die Erwartungshaltung an seinen zweiten Roman „Teufelszeug“ nicht niedrig, denn auch sein erster Roman „Blind“ war ein relativ, eindrucksvoller Erfolg.

Seine Idee in diesem vorliegenden Roman ist recht originell und er setzt seiner Hauptfigur im wahrsten Sinne des Wortes gleich die Hörner auf.

Inhalt

Ig Perrish ist ein verwöhnter, privilegierter junger Mann. Durch sein Elternhaus geprägt und umsorgt, fehlt es ihm an nichts materiellem und eigentlich könnte er glücklich und zufrieden in den Tag leben.

In wenigen Tagen soll er einige Zeit in London leben und studieren, und damit seine  langjährige und erste Liebe in den Staaten lassen. Merrin ist seine Freundin, wohlgemerkt seine erste und wirklich große Liebe, sein wirklicher Freund die ihn blind versteht. Sie sind ein Traumpaar, doch Merrin ist bewusst, dass die zeitliche Trennung, ihr beider Leben völlig neu orientieren wird. Sie möchte Ig freigeben um ihn so eine neue Perspektive in Englands Hauptstadt geben. Er soll sich ruhig neu verlieben, neue Erfahrung mit anderen Frauen sammeln. Was sein wird, wenn er wieder zurückkommt, werden sie dann gemeinsam sehen, vielleicht bleibt eine tiefe und innige Freundschaft, oder ihre Liebe zu- und füreinander wird noch tiefer sein.

Doch dazu kommt es nicht! Nach einem Streit in einem Restaurant wird Merrin bestialisch vergewaltigt und ermordet. Der Mordfall bleibt ungeklärt und als Täter kommt respektive nur ihr Freund Ig in Frage. Doch der Verdacht erhärtet sich nicht und aus Mangel an Beweisen wird Ig freigesprochen. In der Kleinstadt zählt das allerdings nichts. Ig ist in den Augen der Bewohner und erst Recht in den Augen von Merrins Eltern, der Täter.

Ig der nach dem Streit mit Merrin nicht mehr die Gelegenheit hatte, sich für seine Worte zu entschuldigen verliert die Lebensfreude und damit sich selbst. Seine Tage ziehen sinnlos dahin, er beginnt zu trinken und verliert sich in Selbstmitleid. Nach einer wilden Nacht, wacht er am nächsten Morgen völlig verkatert auf, und stellt fest, dass ihm plötzlich Hörner aus dem Schläfen wachsen. Geschockt und völlig von Sinnen, sucht er nach einer Erklärung und mehr und mehr wird ihm klar, dass die Hörner keine Einbildung sind und sie gerade im Begriff sind sich zu entwickeln.

Selbst ein Arzt findet keine logische Erklärung, kann aber auch nur bestätigen, dass es sich weder um eine Einbildung handelt, denn die Hörner sind genauso ein natürlicher Bestandteil seines Körpers wie Knochen, Zähne usw. Seine „Teufelshörner“ sind nicht mehr leugnen und wahrscheinlich nur schwer operativ zu entfernen.

Viel Interessanter dagegen ist und wird es, als Ig merkt, dass der neben seinen sich neu entwickelten Hörnern nun die unheimliche Gabe hat, die dunkelsten Wünsche und Geheimnisse seiner Mitmenschen zu kennen. Nichts bleibt ihm nach einer kurzen Berührung verborgen, jede Gelüste liegen wie ein offenes Buch vor ihm. Ein Fluch wie auch ein Segen für Ig. Denn nun erfährt er auch, was seine Mitmenschen und selbst seine eigenen Eltern und sein Bruder von ihm denken, und es ist viel weniger positives, als sie es ihm vermittelt haben.

Geläutert und schmerzhaft auf dem Boden der Tatsachen aufgeschlagen, findet sich Ig mit seinen „Teufelshörnern“ und seiner neuen, unheimlichen Gabe ab. Im Grunde hat er nichts mehr zu verlieren, und da ihm nun die Gedanken, Wünsche, die dunkelsten Träume und Gelüste seiner Mitmenschen, wie ein offenes Buch vorliegen, will er den wahren Mörder aufspüren.

Alles Gute, alles an dem er geglaubt und investiert hat, war nichts wert. Kein Beten und nichts bringt ihn seine Merrin zurück. Was bleibt ist die Überlegung mit dem „Teufel“ zu paktieren um grausame Rache zu nehmen, wenn er den oder die Täter gefunden hat.....

Kritik

Der Roman fängt spannend an: Alleine schon die Idee mit den Hörnern war sehr originell, und es bleibt nicht das einzige Teufelssymbol was den Leser auf den rund 540 Seiten begegnen wird. Die Andeutungen sind gut in die Handlungen eingebaut und diese Symbolik wirkt, denken wir an die visuelle Form eines Teufels fast schon traditionell.

Die Idee sich mit dem „Bösen“ zu verbinden, wenn einem das „Gute“ nicht unbedingt als Partner zur Seite stand, ist nicht neu, aber diese birgt durchaus Potential für mehr. Leider verfehlt der Autor Joe Hill das Ziel völlig aus den Augen. Die Rückblenden in die Vergangenheit von Ig und den weiteren Charakteren wirkt hinderlich an der Entwicklung und verfügt nicht, über eine gewisse explosive Spannung die es schafft die Geschichte auf den richtigen Kurs zu bringen. Stattdessen verfängt sich der Roman in Ereignisse die nicht mehr zu ändern sind und so wenig später, den Täter quasi auf einen Silbertablett präsentiert. Keine stimmige, in sich fortlaufende Struktur die es schafft den Leser zu überzeugen, dass Buch weiterlesen zu müssen.

Zu früh, spätestens aber schon in der Mitte des Romans, fragt man sich, ob man das Buch nicht einfach weglegen sollte, um evtl. ein Buch ein zweites Mal zu lesen, von dem man überzeugt war. Die Grundidee war klasse, die Umsetzung zwischen mangelhaft und ungenügend.

Die Protagonisten sind allesamt überzeugen, alleine schon Ig wirkt lächerlich, sein Auftreten unglaubwürdig und es gelingt ihm nicht sich bei den anderen durchzusetzen. Klingt also insgesamt wirklich so, als würde die Kernbotschaft lauten, dass einem das „Gutsein“ mit allen anschließenden hohen moralischen und ethischen Beweggründen nicht wirklich bis zum Ziel führen kann?!

Soll das also heißen, dass uns nur unsere bitterbösen Seiten zu erfolgreichen Menschen machen können, die egoistisch durchs Leben rennen, und dabei nicht nach rechts oder links schauen?

Der Roman „Teufelszeug“ will uns, so argumentiert wahrscheinlich der Autor Joe Hill selbst, uns genau das, glauben machen.
Fazit

Der Stil von Joe Hill lässt keine oder wenige Ähnlichkeiten zu seinem berühmt und berüchtigten Vater Stephen King zu. Joe Hill schreibt eindimensional und es wirkt so billig, dass ich den Roman keinesfalls empfehlen kann.

Hätte es der Autor geschafft, seine Geschichte mehr in der Gegenwart spielen zu lassen, um seine Figur mehr ins Rampenlicht zu führen, wäre es ein guter, solider Roman gewesen. Ich hätte gerne mehr erfahren, wie sich die Gabe und die Hörner entwickeln und nicht in welchem Zusammenhang die Protagonisten in der Vergangenheit miteinander zu tun hatten. Als Nebenschauplatz wäre das von Vorteil gewesen, aber nicht als unabdingbarer Schlüsselpunkt in der gesamten Handlung.

Es ist kein Buch das unsere uralten, manifestierten Ängste aufweckt oder uns vor Augen führt. Selbst die spannenden und manchmal blutigen Szenen treiben ins lächerliche ab, und es bleibt nichts weiter als ein fader Nachgeschmack.

„Teufelszeug“ von Joe Hill ist mit einer der schlechtesten Romane die ich dieses Jahr gelesen habe, und garantiert wird mir kein weiterer Titel des Autors in den Händen, oder gar vor die Augen kommen. Kristallklar nicht zu empfehlen und wer es lesen sollte, könnte froh sein, wenn der Alptraum nun endlich ein Ende gefunden hat.

Michael Sterzik

Freitag, 29. Oktober 2010

Das Blut - Del Toro/Chuck Hogan

Das Blut – Gulliermo Del Toro/Chuck Hogan

Schon in „Die Saat“, den ersten Teil dieser auf drei Bände angelegten Trilogie setzte das Autorenduo del Toro und Hogan auf altbewährte, stilistische Ideen. Das man sich in einem Vampir durch einen Biss verwandelt und dadurch ein Virus übertragen wird, ist nicht neu, und doch haben die Autoren auf originelle Art ihre Geschichte um die Invasion der Vampire auf dem amerikanischen Kontinent weiterentwickelt.

Inhalt

Mit dem Flugzeug das auf dem JFK-Airport gelandet ist, kam der Tod. Ein alter Meister-Vampir verbündet sich auf dem amerikanischen Kontinent mit einem, dem Tode geweihten Milliardär und Geschäftsmann der hofft, den Tod zu betrügen und seine Macht weiter auszubauen. Seit den frühesten Kindheitstagen steckt sein wacher und intelligenter Geist einem kränklichen, schwachen Körper, und die Gelegenheit sich mit einem „Dämon“ zu verbünden, schlägt er nicht aus. Zu groß ist die Verlockung sich über den Tod zu erheben.

Die Seuche, der Vampirismus weitet sich einen Flächenbrand gleich über New York aus. Auf den Straßen regiert die Angst, und der Tod, nach Sonnenuntergang hallen durch die Straßenschluchten die verzweifelten Schreie von Opfern die unvorsichtig und nachlässig genug waren, die Gefahr zu ignorieren.

Ephraim Goodweather – Arzt und Experte der Seuchenprävention in New York und Professor Abraham Setrakian, der schon seit Jahrzehnten von der Existenz der Vampire weiß und diese mit allen Mitteln jagt, kämpfen zusammen mit dem Schädlingsbekämpfer Vasiliy gegen die Ausbreitung der Seuche.

Doch konnten sie die Gefahr nicht weiter eindämmen. Die Nachrichten zeigen, dass sich auch in den Großstädten der Europäischen Länder, wie auch in Asien, das Virus und damit die blutrünstigen Vampire weiter ausbreiten.

Zwar konnten sie den Meister-Vampir kurzzeitig stellen, doch nicht besiegen. Er verfügt über größere Macht, als sie vermuteten. Doch es gibt keine Chance. Seit Jahrhunderten existiert ein geheimnisvolles Buch, dass Hinweise birgt wie er und die anderen Meister-Vampire vernichtet werden können. „Die Alten“ wie sie genannt werden, verstecken sich, aber im Laufe der Zeit haben sie die Menschheit gelenkt wie Marionetten an einem Faden, doch nun ist ihr Einfluss gefährdet und sie möchten die Ausbreitung der „Seuche“ nach Möglichkeit weiter verhindern. Dabei bedienen sie sich ebenfalls der Menschen, statten diese mit Waffen aus und schicken sie auf eine blutige Mission.

Für das Trio findet der Krieg also an mehreren Fronten statt und neben der Suche nach dem geheimnisvollen, in Silber eingefassten Buch wird die Zeit immer knapper....

Kritik

„Das Blut“ ist mit Sicherheit spannender und vielseitiger als „Die Saat“. Zwar sind die Charakter inhaltlich keinen Entwicklungsschritt weitergegangen, mit Ausnahme vielleicht von Vasily der als Vampirjäger, quasi seine Bestimmung gefunden hat, doch ansonsten gilt das gleiche Muster wie schon im ersten Teil. Auch wenn das ungleiche Trio, einen gemeinsamen Feind haben, so sind ihre Beweggründe ganz unterschiedlich. Besonders Setrakian zeigt sich als Egoist, denn so ganz teilt er sein Wissen nicht mit seinen Waffenbrüdern.

Die Story ist wie schon erwähnt spannender. Der Leser erfährt viel mehr über das Wesen und die Beweggründe der „Alten“ und vor allem ihrer Macht, auch wenn sie im Schatten der Menschheit existieren.

Deutlich negativ, und absolut überzogen zeigen sich die „Bösen“ von ihrer ganz schlechten Seite und dabei bedienen sich die Autoren der klassischen und sehr klischeehaften Idee, dass das „Böse“ in persönlicher und nun untoten Form von Nazis aus Deutschland auf Amerikas Straßen wandelt. Eine etwas „moderne“ nicht so ganz einseitige Idee wäre vorteilhaft gewesen. Manche Vorurteile werden halt so weiter über die Generationen immer weiter gegeben.
Aktuell verarbeiten die Autoren auch die Macht der Medien über die Bevölkerung und auch die Finanzkrise bekommt im Roman „Das Blut“ einen kurzen Part.

Die atmosphärische dunkle Stimmung im Roman ist nicht zu verleugnen und so nimmt das Böse seinen Lauf. Der Vorsprung des Bösen ist auch im zweiten Teil nicht mehr einzuholen, das ist selbst für einen Blinden deutlich zu sehen und damit ist das Ende schnell vorhersehbar, auch wenn es die Spannung im Grunde nicht mindert.

Das Tempo im Roman hat deutlich angezogen, der Szenenwechsel – bzw. die Nebengeschichten die zumal auch dem Leser wieder ermöglichen einen intensiven Blick in die Vergangenheit einzelner Protagonisten zu werfen, sind schnell erzählt.

Fazit

Es geht manchmal recht oberflächlich zu, doch es ist auch eine willkommene Steigerung, die einige inhaltliche Lücken schließen kann, aber auch gleich Ideen und Anreize schafft, auch den dritten Teil zur Hand zu nehmen. Man sagt ja oft, dass der zweite Teil einer Trilogie der intensivste ist, und so verhält es sich bei „Das Blut“ auch nicht anders.

In jedem Fall ist es nicht zu empfehlen, dass Buch zu lesen, ohne vorher den ersten Teil zu kennen, dafür ist die Handlung des ersten viel zu eng mit dem vorliegenden Teil verzahnt.

Für mich ist der Roman „Das Blut“ eindeutig zu empfehlen. Dies ist keine romantisch, verklärte Vampirgeschichte, in der, der Blutsauger mit guten Manieren und schmachtenden Blick und feinen Manieren überzeugt. Nein, hier fließt das Blut und das meist auch nicht zu wenig. Ich bin gespannt auf den letzten Teil der Trilogie die nächstes Jahr unter dem Titel: „The Night Eternal“ erscheint. Ein deutscher Titel, steht zur Zeit noch nicht fest.

Michael Sterzik

Samstag, 16. Oktober 2010

Bartimäus - Der Ring des Salomo (Jonathan Stroud)



„ich bin Bartimäus, Sakhr al-Dschinni. Damals, vor langer Zeit, war ich frei, da fegte ich auf einem Wolkenstreif durch die Lüfte und entfesselte im Vorüberfliegen ausgewachsene Sandstürme. O ja! Ich war schnell wie ein Gepard, stark wie ein Elefantenbulle, todbringend wie eine Kobra! Aber das war damals!

Bartimäus ist vielleicht die originellste Romanfigur, nein eigentlich ist er ein frecher Dämon, der schon in den drei vorliegenden Bänden, spannende Geschichten erlebt hat. Doch nun ist er zurück, und erzählt in seiner unnachahmlichen Weise seine Erlebnisse am Hofe König Salomon, mit den er auf Du und Du stand. Darauf hat man Jahre gewartet und „Barti“ enttäuscht den Leser mit seinen faszinierenden Abenteuern nicht. Atemberaubend spannend bezaubert der Dschinn Bartimäus alle Leser.






Bartimäus - Der Ring des Salomo
Band 4
Originaltitel: Bartimaeus IV
Originalverlag: Random House, UK
Aus dem Englischen von Katharina Orgaß, Gerald Jung
DEUTSCHE ERSTAUSGABE
Ab 10 Jahren
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 480 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
ISBN: 978-3-570-13967-7
€ 18,99 [D] | € 19,60 [A] | CHF 32,90* (empf. VK-Preis)

Verlag: cbj


Sonntag, 10. Oktober 2010

The Road (Die Straße) Cormac McCarthy


Ein verbranntes Amerika, eine verlorene Zivilisation, ohne Leben und ohne Hoffnung. Es existieren keine Städte mehr, das verkohlte schwarze Gelände erstreckt sich meilenweit. Astlose Baumstümpfe, Asche weht über die Straßen und von den geschwärzten Strommasten hängen die abgerissenen Kabel und wimmern ein Klagelied im Wind. Eine verlassene Baustelle an der Straße und Reklametafeln, die für Hotels werben, die aufgehört haben zu existieren. Die Einöde erhebt sich wie eine makabere Kohleskizze.

Ein namenloser Mann wandert mit seinem Sohn durch ein verbranntes Land, durch eine versunkene Zivilisation. Ihr einziges Hab und Gut ist ein quietschender Einkaufswagen mit wenigen gefundenen Habseligkeiten. Die Luft ist eiskalt und der Schnee grau. Ihre Kleidung hängt nur noch in Fetzen an den ausgemergelten unterernährten Körpern. Der Mann trägt als einzige Waffe einen Revolver, zwei Kugeln sind die letzte Munition, die sie noch haben. Sie haben nichts mehr, nur noch einander.

Ihr Weg ist das Ziel, und auf der Straße bewegen sie sich vorsichtig. Der Rückspiegel am Einkaufswagen warnt sie vor marodierenden Überlebenden, die schon lange alles an Menschlichkeit verloren haben, nicht aber vor Kälte und dem Hunger und schon gar nicht vor der Hoffnungslosigkeit, die sie wie ein treues Tier begleitet.

Auf der Straße bewegen Vater und Sohn sich in Richtung Süden, geradewegs auf das Meer zu; vielleicht ist das Meer noch blau, vielleicht gibt es noch Hoffnung auf Nahrung, auf Hilfe. Der Weg ist lang und voller Gefahren. In zerstörten Städten suchen sie in den schwarzverbrannten Ruinen nach Nahrung, nach Kleidung, die sie wärmt. Auf der Straße liegen die Autos und zeugen von einer Zerstörung, welche die Insassen in Sekundenbruchteilen überrascht hat, auf der Flucht vor dem Inferno verbrannt und vernichtet. Andere Überlebende wie sie, von Vater und Sohn nur die "Bösen" genannt, haben ihre Menschlichkeit aufgegeben, und andere Menschen dienen diesen nur als Nahrung. Zeugnis davon geben aufgesteckte Köpfe und ausgeweidete Körper, die in Höfen liegen, und Feuerstellen, in denen man noch Knochen menschlicher Körper entdecken kann.

Doch die Tage des Überlebends sind limitiert. Der Vater erkrankt, und bereits Blut spuckend, ist er panisch verzweifelt, spricht aber dem Sohn noch immer Hoffnung zu. Notfalls, überlegt er, sind vielleicht die beiden letzten verbleibenden Kugeln für sie selbst die letzte Straße in ein neues Leben ...


Mein Eindruck

Die dunkle Pilgerfahrt eines Vaters mit seinem Sohn durch ein offenbar nuklear vernichtetes Amerika ist ein verstörendes Stück Literatur. Der Leser erschauert, aber er wacht auch auf angesichts der Zerstörung und der Hoffnungslosigkeit. Cormac McCarthy hat mit seinem Roman "Die Straße" ein packendes Endzeitdrama veröffentlicht. Er beschreibt in einem kühlen literarischen Stil den grausamen Pilgerweg seiner beiden Protagonisten und verschönert die Tragödie durch kein Wort. Wenn der Autor das Leben und Sterben im offenbar nuklearen Winter beschreibt, so wirkte der Roman düsterer, als jeder Film es uns zeigen könnte.

Es wird sehr wirksam mit der Frage jongliert, ob ein gütiger und gnädiger Gott noch über die Menschheit wacht oder jemals gewacht hat. Es gibt keine zufriedenstellende Antwort, nur die Liebe zwischen dem Sohn und seinem Vater, der ihn bis zuletzt vor allem beschützt. Spätestens jetzt wissen wir, wohin die Reise sich bewegt. Auch wenn die apokalyptische Erzählung grausam geschildert ist, so bildet die Liebe zwischen Vater und Sohn ein zärtliches Band in einer unwirtlichen, zerstörten Welt.

"Die Straße" ist ein Roman über die letzten Dinge des Lebens. Über das Schlimmste und Beste, wozu die Menschheit fähig ist; ultimative Zerstörung, verzweifeltes Durchhaltevermögen und, nicht zuletzt, die Zärtlichkeit und Zuneigung, die Menschen im Angesicht der Vernichtung die nötige Kraft zum Überleben geben.


Fazit

Diese Vater-Sohn-Geschichte geht unter die Haut; bereits beim Lesen des ersten Kapitels wird dem Leser klar, welche Stimmung sich durch die Geschichte ziehen wird. Am Ende des Romans wird kein Leser sich entspannt zurücklehnen können oder gar den Kopf schütteln und vielleicht milde lächeln.

Wenn wir alles Materielle, allen Luxus, jegliche Annehmlichkeit unseres Lebens verloren haben, was bleibt dann übrig? Letztlich nur die Liebe und Opferbereitschaft, für den liebenden und geliebten Menschen alles zu geben. Wo Leben ist, ist auch Hoffnung, wo Liebe besteht, herrschen Menschlichkeit und Güte.

"Die Straße" fasziniert nicht zuletzt durch das realitätsnahe Grauen und die individuelle Vorstellung einer verbrannten Welt, einer zerstörten und verstörten Zivilisation. Es gab einzelne Passagen, die zu lesen schwerfiel, nicht wegen des Stils, sondern wegen der Szenen, die der Autor gekonnt und erschreckend zu erzählen weiß. Was bleibt am Ende der Straße? Es gibt Hoffnung, eine offene, nicht endgültige, und das Ende, das letzte Kapitel ist mitnichten das wichtigste.

Wenn der Autor uns dazu bewegen wollte, über unser Dasein und unsere Verantwortung gegenüber uns und unseren Mitmenschen nachzudenken, so hat er mit "Die Straße" ein gewaltiges Werk geschaffen.


"Wer vom Tod nicht sprechen will, der ist kein seriöser Schriftsteller"
Cormac McCarthy

McCarthy wurde 2007 für "The Road" der Pulitzer-Preis verliehen. Eine Verfilmung des Stoffes ging im April 2007 in Arbeit; Regie wird John Hillcoat führen, dessen düsteres Westernepos "The Proposition - Tödliches Angebot" Mitte Mai 2007 als DVD bei uns in den Handel kommt.


Der Autor

Cormac McCarthy wurde im Jahre 1933 in Rode Island geboren und wuchs in Knoxville, Tennessee auf. Für seine Romane wurde er mit dem William Faulkner Award, dem American Award, dem National Book Critics Circle Award und dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. McCarthy lebt in El Paso, Texas.

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Michael Sterzik