Justin Cronin
Der Übergang – Justin Cronin
Justin Cronin hat sich der Literatur verschrieben, im wahrsten Sinne des Wortes. Der Hochschullehrer unterrichtet an der Rice University in Housten (USA) Englisch, doch sein Talent und seine Interessen gilt dem Schreiben.
In seinem Debütroman: „Der Übergang“ - Originaltitel „The Passage“, schildert der Autor die Apokalypse, dass Ende der Menschheit auf so eindringliche Art, dass die großen Filmstudios alle die Filmrechte des Buches kaufen wollten. 20th Century Fox erhielt den Zuschlag und nun wird der erste Teil dieser Trilogie höchstwahrscheinlich von Ridley Scott verfilmt.
Hält man das Buch in den Händen so erschrickt man doch vor der Dicke des Romans. Satte 1020 Seiten stark, ist es doch für so manchen Leser eine galante Herausforderung.
Ist nun „Der Übergang“ wirklich so gut wie viele Kritiker behaupten und hält er was er verspricht, oder geht die Handlung, die Dramatik auf den über 1000seitigen Roman sang und klanglos unter?
Inhalt
Army Harper Belafonte ist ein besonderes Mädchen. Ihre Mutter weiß es, ist aber mit der Herausforderung und der Verantwortung eine Tochter zu haben überfordert, und überlässt sie, einen Nonnenkloster.
Zwei FBI Agenten bekommen von einer hohen Regierungsstelle den Auftrag, zum Tode verurteilte Verbrecher in ihren Todeszellen aufzusuchen und sie für ein höchst geheimes Projekt zu überreden. Akzeptieren die zum Tode geweihten Männer und Frauen diesen Vorschlag, so gibt es sie offiziell nicht mehr und sie werden zu einer Geheimen Medizinischen Forschungseinrichtung in Colorado gebracht.
Auch Amy soll an dieser medizinischen Versuchsreihe teilnehmen und wird kurzerhand von den FBI Agenten entführt. Doch Brad Wolgast, dessen Leben ein einziges Trümmerfeld nach dem Tod seiner Tochter und der Scheidung ist, überkommen schwere Gewissensbisse. Was gibt ihnen das Recht, dieses sechsjährige Mädchen zu entführen und sie in einer Forschungseinrichtung abzugeben, wo sie vielleicht nur der Tod willkommen heißt?
In der Forschungseinrichtung in der die höchsten Sicherheitsbedingungen herrschen und die von Soldaten bewacht wird, soll ein Experiment die Menschen unsterblich machen, doch die Probanden denen ein Virus infiziert wurde, verändern sich. Sie werden zu lichtscheuen, menschenähnlichen Kreaturen, mit nagellangen, spitz zulaufenden Zähnen, die Gesichter hager und blaß, die Gliedmassen gleichen eher Raubtierkrallen entwickeln diese eine hohe physische unmenschliche Kraft. Als das Experiment aus dem Ruder läuft und die Einrichtung von den ehemaligen Häftlingen und nun Monster, überrannt und vernichtet wird, droht ihr Hunger nach Blut alles Leben auf dem amerikanischen Kontinent auszulöschen.
Ein Alptraum für die Menschheit, sollte es den „Virals“, wie sie später genannt werden, gelingen den Kontinent zu verlassen, so wäre es die Apokalypse für die Gattung Mensch.
Mit knapper Not gelingt es Wolgast Amy zu befreien und zu fliehen. Ihr Weg führ sie quer durch die USA, aber mit rasanter Geschwindigkeit breitet sich das Virus aus und ganze Städte und Regionen werden entvölkert. Abgeschieden verstecken sich die beiden über einige Zeit, doch es kommt wie es kommen muss, dass Virus holt sie ein und Wolgast findet den Tod.
Knappe 100 Jahre später: Die Menschheit ist nicht zur Gänze ausgestorben, aber deutlich dezimiert. Die USA gibt es nicht mehr, es gab Hungersnöte, Bürgerkriegsähnliche Verhältnisse und selbst Nuklearwaffen wurden eingesetzt. Die letzten Überlebenden verschanzen sich in Festungen die durch hohe Mauern und schweren Scheinwerfern mit enormer Leistung gegen die unzähligen Virals geschützt wird. Es herrschen strenge Gesetze hinter diesen Mauern, nur so haben es die Menschen schaffen können, zu überleben, doch es ist nur eine Frage der Zeit bis die Generatoren die die Scheinwerfer mit Strom versorgen zur Neige gehen und mit der Dunkelheit wäre es das Ende dieser „Kolonie“ von Überlebenden.
Als Amy vor den Toren dieser Kolonie steht, gleicht es einen Wunder, bisher gab es nur wenige „Walker“ die überlebt und den Weg hinter den Mauern in den geschützten Bereich gefunden haben. Als während dieser Rettungsaktion Virals auftauchen und Amy dabei verletzt wird, tauchen schnell die ersten Fragen auf! Wer ist das jünge Mädchen die schätzungsweise gerade erst 16 oder 17 Jahre alt sein kann und warum verheilen ihre Wunden derartig schnell? Wie konnte sie ganz alleine in der Einöde die von Virals versucht ist überleben?
Es scheint so, dass Amy der Schlüssel ist zum Überleben und dem Fortbestand der Menschheit, doch auch in der Kolonie gibt es andere Meinungen und ganz persönliche Interessen....
Kritik
„Der Übergang“ bedient sich im Grunde einer der vielen apokalyptischen Ideen die es schon gibt. In „The Stand“ - „Das letzte Gefecht“ von Stephen King ist es ebenso eine biologische Waffe, die die Menschheit an die Klippe zur Vernichtung bringt und in „Die Straße“ von Cormac McCarthy macht sich eine fast identische Dramatik breit, wenn der Autor die Regionen und ausgestorbenen Städte beschreibt.
Auch in dem Bestseller Roman von Justin Cronin ist es das ungefähr gleiche Bild, dass sich dem Leser präsentiert. Wie um die These zu beweisen, dass sich die Menschheit am Ende selbst umbringt, beschreibt Cronin eine eindringlich, traurige, fast schon depressive Welt.
In dem ersten Drittel des Buches beschreibt der Autor quasi in der Einleitung die Experimente und den Ausbruch des Virus, aber leider beschreibt er zu wenig wie Menschen dagegen angehen und es bekämpfen. Nach nur wenigen Seiten ist die Menschheit in geballter Form vernichtet, wie es auf den anderen Kontinenten aussieht, verschweigt Cronin leider?! Gibt es dort Hoffnung? Gibt es ein Heilmittel? Offene Fragen die der Leser noch nicht befriedigend beantwortet werden.
Die „Virals“ wie sie im Buch genannt werden, sind eine Symbiose von Vampiren und Zombies, ob sie nun intelligent sind oder einfach nur Bestien bleibt auch unbeantwortet. Ist es Instinkt wie sie angreifen, oder ist es aus Erfahrungen abgeleitet und erlernt? Sie sind jedenfalls auch „sterblich“ wenn auch ihre Achillesferse nicht am Fuß zu finden ist. Ansonsten verfügen sie über immense Körperkraft, können wahnsinnig weit und hoch springen, sind wahre Akrobaten und haben einen unbändigen Appetit auf Blut, der sie fast alles vergessen lässt.
„Der Übergang“ von Justin Cronin ist nur der Auftakt einer Trilogie um „Amy“, und es versteht sich, so habe ich es beim Lesen empfunden, als eine Einleitung. Der Stil des Autors in seinen Beschreibungen einzelner Szenen ist gewöhnungsbedürftig, manchmal kurz und knapp, manchmal ausführlich, fast schon überflüssig gibt es so manchen Cliffhanger innerhalb der Geschichte. Doch die Handlung zieht sich gekonnt beschrieben durch die Geschichte und halten den Spannungsbogen im positiven Level.
Der zeitliche Sprung von knapp 90 Jahren war zu schnell. Gerne hätte man doch gewusst wie es nach dem Ausbruch weiterging, dass wird zwar auch angerissen, aber hier auch wieder nur spärlich. Der Autor Justin Cronin konzentriert sich auf seine Protagonistin Amy und verfehlt manchmal die Wichtigkeit von Nebenschauplätzen und Geschichten, die dem Roman noch mehr Tiefe hätten geben können. Zum Beispiel das Leben innerhalb der Kolonie ohne den für uns täglichen angenehmen Luxus, ohne Nahrungsmittel deren wir uns unendlich bedienen können oder kultureller Unterhaltung, all das passte wohl nicht ins Schema, aber es im Grunde hätte es das Gesamtbild viel runder machen können.
Im Grunde mal abgesehen von der Spannung die ja da ist, gibt es zu viele unzählige Lücken die einfach nicht mit interessanten Charakteren oder Nebengeschichten aufgefüllt werden. Das Gerüst der Geschichte steht zwar, meiner Meinung aber nach auf einigen sehr instabilen Beinen.
Hinzu kommt noch etwas mehr Verwirrung wenn auf einmal die Rede ist von gefundenen Berichten und man auf die Jahreszahl achtet, z.B. 1003 n.A. soll heißen nach Ausbruch des Virus. Wieder eine große zeitliche Lücke die wiederum Fragen aufwirft.
Justin Cronins Beschreibungen einzelner Szenen sind merkwürdig. Manchmal sehr ausschweifend, manchmal bedient er sich nur wenige Worte und man fragt sich: Aha, dass war es also schon?!
Fazit
„Der Übergang“ von Justin Cronin ist mit Sicherheit ein Bestseller und es ist mit Sicherheit auch dem hervorragenden Marketing zu verdanken, dass sich das Buch in vielen Diskussionen rund um die Literatur wiederfindet. Doch im Grunde ist es nichts besonderes, es ist wie gesagt, eine Einleitung und da viele Fragen unbeantwortet bleiben, gibt es viel Volumen, für den zweiten und dritten Teil.
Man darf gespannt sein auf eine Verfilmung, aber gemessen an dem vielseitigen Buch, darf man vermuten, dass es ein reines Actionkino sein wird, aber das Buch ist es nicht, es ist vielschichtiger als es uns lieb ist. Vielleicht findet der Autor im zweiten Teil einen gesunden Mittelweg und überzeugt den einen oder anderen Leser mehr.
„Der Übergang“ kann ich bedingt empfehlen, es ist wie der Titel schon sagt eine Passage und wir dürfen gespannt sein, was uns am Ziel erwartet!?
Michael Sterzik
Die Zwölf - Justin Cronin
Die Zwölf (Justin Cronin)
In „Der Übergang“ schilderte Justin Cronin die Vernichtung der Menschen auf den amerikanischen Kontinent. Doch kein Krieg, oder eine Umweltkatastrophe führt zu dieser Apokalypse – es war ein missglücktes medizinisches Experiment. Die Probanden, an denen das Virus getestet wird, sind Schwerverbrecher, Mörder, Kinderschänder, Serienkiller – der Bodensatz der Zivilisation. Das injizierte Virus soll die Menschen unsterblich machen und von Krankheiten heilen, diese immunisieren, doch es bringt den 12 Probanden und der Menschheit nur Tod und Verderben.
Die Zwölf – werden zu blutgierigen Virals, menschenähnliche Kreaturen mit einer vernichtenden physischen Kraft und dem Verlangen nach Blut. Der Ausbruch aus dem schwer bewachten und militärisch abgeriegelten Komplex gelingt den Kreaturen ohne Mühe und sie hinterlassen eine Blutspur und infizieren nach einem Biss andere Menschen, die sich innerhalb von wenigen Stunden zu ihresgleichen entwickeln. Eine Metamorphose des Grauens und das Ende der Zivilisation.
Doch es gibt auch Überlebende, die sich nach und nach zu festen Bündnissen und etwas später zu ganzen kleineren Städten organisieren.
Der Schlüssel zur Rettung scheint jedenfalls ein kleines Mädchen zu sein – Amy Belafonte – sie ist ebenfalls infiziert, doch hat sie sich nicht in einen Viral verwandelt. Sie ist scheinbar alterslos, sie wird nicht krank und verändert sich äußerlich so gut wie gar nicht.
In dem zweiten Band der Trilogie – „Die Zwölf“ beschreibt der amerikanische Professor für englische Literatur, den Überlebenskampf der Menschheit. Er erzählt von den Anfängen der Apokalypse und vom Überlebenswillen einzelner Menschen, die sich der Bedrohung entgegenstellen. Doch da die Menschheit erfinderisch ist, und immer nach Macht und Einfluss sucht, immer nach egoistischen Auswegen, gibt es auch Menschen die mit den Virals leben und sich deren Menschen bedienen, die das Virus in sich tragen, sich aber nicht verwandeln.
Damit kommen wir zum Kernpunkt des Romans in denen nicht die „Virals“ als Bedrohung Pate stehen, sondern vielmehr das Zusammenleben und Überleben der letzten Menschen auf dem amerikanischen Kontinent. Hier kommt es zu dramatischen Szenen die uns Menschen als die wahren Monster identifizieren und uns vor Augen führen welche diktatorischen Elemente sich praktisch vor unserer Nase entwickeln können.
Justin Cronin schildert die Ereignisse in einigen zeitlich unabhängigen Passagen und konzentriert sich dabei immer wieder auf die Menschen, die sich entweder auf der Flucht vor dem Virus befinden oder die Viral bekämpfen. Bei allen Tragödien, die sich abspielen, findet der Autor dennoch immer einen Weg uns zu zeigen, dass Mitleid und Menschlichkeit, Opferbereitschaft und Heldenmut von Menschen getragen, die die Hoffnung nicht aufgeben, selbst dann nicht wenn die Zukunft der Menschheit auf Messers Schneide steht.
Selbst bei der Schilderung von einzelnen Kämpfen gegen die Virals, wird der Leser Mitleid empfinden mit diesen Kreaturen die scheinbar durch den Tod ihre Erlösung
suchen.
Die Suche nach „Die Zwölf“ und Amys Schicksal, die das Schicksal der Menschheit bestimmen kann, wird im Allgemeinen zu wenig erzählt. Selbst Amy kommt wenig zu Wort, erst gegen Ende des Romans hat Justin Cronin diese in seiner komplexen Handlung eingebaut.
Ebenso bleiben leider auch nach dem zweiten Band einige Fragen offen, z.B. hat das Virus auch auf anderen Kontinenten die Menschheit quasi vernichten können usw. !?
Auch wenn der Roman stärker, intensiver und viel spannender als der Übergang ist, so gibt es innerhalb der Handlung doch einige widersprüchliche und inhaltlich offene Fragen.
Am Ende des Romans wird sich der Leser fragen: Wie geht’s denn nun letztlich weiter, denn eigentlich und logisch betrachtet – ist das Ende wirklich gekommen? Welchen Weg will Justin Cronin in seinen dritten Band gehen wollen? Was für eine Geschichte gibt es noch zu erzählen?
Fazit
„Die Zwölf“ von Justin Cronin ist trotz der wenigen Schwächen ein Meilenstein der Spannungsliteratur.
Selten habe ich ein so dicht gewebtes Band von Handlungssträngen und Spannung gelesen. Eine nicht wegzudiskutierende Steigerung zu „Der Übergang“. Justin Cronin hat sich damit ein kleines Denkmal gesetzt.
Sehr positiv ist auch zu sehen, dass sich der Autor wenigen bis keinen Klischees der „Vampirliteratur“ bedient. Viel mehr weiß er mit erhobenen Zeigefinger darauf hin, dass wir selbst unser Schicksal in unseren Händen halten.
„Die Zwölf“ von Justin Cronin ist einer der wichtigsten Bücher in diesem Jahr 2013 und ich glaube, dass sich viele Schriftsteller an seinen Stil und seiner erzählerischen Gewalt ein Beispiel nehmen werden.
Michael Sterzik
Justin Cronin
Justin Cronin stammt aus New England und studierte in Harvard. Er besuchte den berühmten Iowa Writers' Workshop und lebt heute mit seiner Frau und seinen Kindern in Houston, Texas, wo er an der Rice UniversityEnglische Literatur unterrichtet. Er veröffentlichte zwei Romane, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde. Die Übersetzungsrechte an seiner Trilogie, die mit »Der Übergang« begann, wurden innerhalb kürzester Zeit in 23 Länder verkauft. (Verlagsinfo)
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