Mittwoch, 19. Mai 2021

Der Polizist - John Grisham

 


„Die Jury“ von John Grisham gehörte zu den absolut stärksten Romanen von John Grisham. Der amerikanischer Anwalt  der im belletristischen Genre Thriller dem Thema „Justiz“ eine völlig neue Gewichtung gegeben hat – geht in seinen neuesten Roman „Der Polizist“ zurück in die Zukunft seiner schriftstellerischen Karriere.

John Grisham verwendet gerne Themen – die sich polarisierend auf einem schmalen Grat bewegen. Im vorliegenden Roman geht es wieder vors Gericht und auch hier liegt das Schicksal des Angeklagten bei der unparteiischen Jury. Jake Brigance – der idealistische Jurist der schon in „Die Jury“ und „Die Erbin“ nicht nur die Jury überzeugen konnte, träumt noch immer davon ein berühmter Prozessanwalt zu werden, der sich überregional einen Namen macht um der kleinen Provinz zu entkommen.

John Grishams Talent eine Straftat hochspannend aus vielen Perspektiven nachhaltig auszumalen ist sprichwörtlich großes Kino. Die Palette von emotionalen Werkzeugen, die er verwendet, sind vielfältig, aber wirkungsvoll. Eingeklammert von einigen Klischees die er auch in „Der Polizist“ verwendet, gehört dieser Roman zu einem seiner stärksten.

Jake Brigance, Held der Bestseller »Die Jury« und »Die Erbin«, ist zurück. Diesmal steht er als Pflichtverteidiger im Zentrum eines aufsehenerregenden Mordprozesses in Clanton, Mississippi. Sein Mandant Drew Gamble hat einen örtlichen Deputy umgebracht – doch war es Notwehr oder Mord? Die Mehrheit von Clanton fordert lautstark einen kurzen Prozess und die Todesstrafe. Dabei ist Drew Gamble gerade einmal 16 Jahre alt. Jake Brigance arbeitet sich in den Fall ein und versteht schnell, dass er alles tun muss, um den Jungen zu retten. Auch wenn er in seinem Kampf für die Wahrheit nicht nur seine Karriere, sondern auch das Leben seiner Familie riskiert. (Verlagsinfo)

Notwehr aus Todesangst, oder ein gezielter Mord um sich um seine Familie zu schützen – ist das entschuldbar, ist es legitim das Gesetz in Selbstjustiz zu gebrauchen, oder zu missbrauchen?

„Ich wurde von der Polizei vergewaltigt“ die Aussage einer Zeugin – die so dramatisch ist, so unter die Haut geht, dass diese Wellen sich wie ein emotionaler Tsunami durch den Gerichtssaal fortbewegen. Das Justizwesen unterscheidet sich sehr von dem unsrigen. Auch in „Der Polizist“ sind die Auftritte der Rechts- und Staatsanwälte immer theatralisch, sie sind strategisch aufgestellt, sie tricksen mit einer rhetorischen Bewaffnung, die hochspannend und manipulativ ist.

Die Figurenzeichnung ist ausgesprochen brillant – und das betrifft alle Personen in diesem Roman. Einige sind ja „Wiederholungstäter“ und uns bestens bekannt. Die Nebenfiguren und Nebengeschichten sind teilweise überflüssig, da die Haupthandlung eine solche Fokussierung innehat, wie ich sie selten erlebt habe.

Der sehr, sehr hohe Unterhaltungswert ist nicht nur das Ergebnis einer exponentiellen Spannung, sondern überzeugt durch einen sehr hohen Anteil von Emotionen – inkl. einiger verwandtschaftlichen Todsünden.

Die Story spielt ca. 5 Jahre nach den Ereignissen von „Die Jury“ und damit greift John Grisham geschickt in die Schublade von alten Vorurteilen, von längst schon aufgegebenen Dogmen, und traditionellen Idealen – meinen wir wirklich, dass diese an Aktualität verloren haben? Haben sie nicht – noch lange nicht und lädt uns nebensächlich dazu ein, darüber nachzudenken – wo Recht und Unrecht anfangen, oder enden können. Machen Sie sich ein eigenes Bild – es ist ihr gutes Recht.

„Der Polizist“ von John Grisham  ist zwar als Einzelband konzipiert – aber der Schriftsteller lässt sich einen Korridor voller weiterer Möglichkeit offen. Ein zweiter Teil ist nicht ausgeschlossen, und wenn man schon thematisch die Story nicht fortführen möchte, so haben die Charaktere ein so großes Potenzial, dass wir hoffentlich „Jake Brigance“ wiedersehen.

Fazit

„Der Polizist“ ist gnadenlos spannend. Eine Verurteilung dazu diesen Roman unbedingt zu lesen. Strafmaß: Sie werden diesen Roman lesen müssen – zu Recht ein Justizthriller, der menschlich überzeugt und einer der stärksten des Autors ist.

Michael Sterzik

Keine Kommentare: