Montag, 19. September 2016

Die dritte Stimme - Cilla & Rolf Börjlind


Das schwedische Ehepaar Cilla und Rolf Börjlind sie Profis in einem „mörderischen“ Geschäft. Die beiden Drehbuchautoren garantieren schon längst, perfekt inszenierte und spannende Geschichten. Zu ihren Erfolgen zählten TV Adaptionen von Henning Mankells Wallander- Romanen, sowie die Thriller von Arne Dahl. 

Doch Filme und Bücher sind verschiedene Medien, sie haben eine ganz andere Wirkung auf die Menschen, und Drehbücher sind fokussiert, auf Bilder die transportiert werden. Die Expedition in das Genre Buch – war abzusehen, doch schon mit dem ersten Titel: „Die Springflut“ überzeugten sie ihre Kritiker mit einer komplexen und sehr durchdachten Story. Nach diesem erfolgreichen Auftakt „Die Springflut“ mitsamt den interessanten und geheimnisvollen Figuren, aus der Feder des Autorenehepaars war es klar, dass hier noch weitere Teile folgen sollten.

Bei dem Schreiben eines Roman haben die Autoren fast uneingeschränkte Handlungsfreiheit und müssen sich nicht an verschiedene Interessen der Regisseure, Produzenten, Filmgesellschaften und Schauspieler orientieren. In einem Roman stehen nicht nur die Dialoge im Vordergrund, sondern müssen viele Szenen, Handlungsorte und nicht zuletzt die verdammten Emotionen direkt in die Synapsen des Gehirns der Leser transportiert werden. Ja, es ist nicht einfach, doch das Duo ist überzeugend und der Erfolg gibt Ihnen Recht.

In „Die Springflut“ waren die Morde nur Schnellstraße der eigentlichen Handlung. Mit einem sehr ungewöhnlichen und konträren Ermittlungsduo wurde schnell das Interesse geweckt. Umhüllte diesen Ermittlern, doch ein flächendeckender Nebel von kleineren und größeren Geheimnissen, die nur darauf warten entdeckt zu werden. Tom Stilton – ein tief abgestürzter Ex-Hauptkommissar, der nun seit ca. fünf Jahren obdachlos auf der Straße lebt und Zeitungen an einem Einkaufszentrum verkauft. Olivia Rönning – eine junge Polizeianwärterin, die noch tief in ihrer Ausbildung steckt. Diese beiden Figuren sind erstklassig innovativ eingesetzt – doch flankiert werden diese von einem geschickten Messerwerfer Abbas, einem zwielichtigen Informanten – den Nerz und einer stark übergewichtigen, Workaholic-Kommissarin Mette Olsäter. 

Im vorliegenden Roman „Die dritte Stimme“ geht es nahtlos weiter. Es sind nur wenige Monate vergangen. Olivia Rönning ist sich nicht sicher, ob sie weiterhin Polizeibeamtin werden möchte – diese Identitätskrise ist die Summe aus den Geschehnissen von „Die Springflut“. Tom Stilton dagegen wankt und kämpft sich in ein Leben außerhalb der Straße vor – getrieben von Rache an diejenigen, die ihn in den sozialen Abgrund mobbten.

Als Olivia sich zufällig an einem Tatort Selbstmordes wiederfindet, ist sie auch schon mittendrin und Tom, der seinem Freund Abbas zur Seite stehen muss, geht für einen Rachefeldzug nach Marseile, ohne den Freund groß nach dem Grund zu fragen.

Die beiden Autoren verstehen es wunderbar, den Leser scheinbar aufs Glatteis zu führen. Stück für Stück offenbaren sich einzelne Fragmente aus dem geheimnisvollen Leben der Haupt- und Nebenfiguren und richten sich immer in Gegenwart der eigentlichen Handlung aus.

Das Tempo ist nicht übermäßig hoch, das muss sie auch nicht, denn die Handlungsstränge überzeugen durch eine Atmosphäre, die kontinuierlich bestehen bleibt. Derartig komplex zu erzählen ist meisterlich – feine Details, die in ihrer Gesamtheit eine formschöne Geschichte darstellen.  Kommen wir zurück zum Tempo: im zweiten Teil des Romans „Die dritte Stimme“ nimmt diese Fahrt auf, und führen den Leser in ein Spannungslabyrinth, aus dem er erst am Ende mit einem wundervollen „Aha“ tritt.

„Die dritte Stimme“ ist gut – besser wie der erste Teil – aber die Geschichte muss weitergehen. Zwar werden viele Geheimnisse aus der Vergangenheit der Charaktere gelüftet, doch bleiben noch genug übrig, für eine ganze Reihe von Geschichten die erzählt werden können.  

Die große Stärke sind genau diese „Geheimnisse“ die nur darauf warten gelüftet zu werden – und dieses Versteckspiel führen die Autoren perfekt aus.

„Die dritte Stimme“ ist ein lauter Roman – mit einem Klang der absolut überzeugt und den Leser hypnotisieren vermag und diese Stimme sagt: Lies weiter – sonst wirst Du nicht einschlafen können.

Perfekter Kriminalroman mit ganz, ganz starken Charakteren und einer dichten Atmosphäre. Mit einer der stärksten Kriminalreihen auf dem derzeitigen Buchmarkt.

Michael Sterzik




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