Mittwoch, 13. Juni 2018

Forgotten Girl - von Eva-Maria Silber

Die Autorin Eva-Maria Silber veröffentlichte im Digital Publishers Verlag im März  2018 ihren titel: „Forgotten Girl“ - einen zutiefst schockierenden Thriller. 

Die ehemalige Rechtsanwältin und Strafverteidigern, die in 2014 ihr erstes Buch veröffentlicht hat, orientiert sich mit ihrem aktuellen Roman „Forgotten Girl an einem nicht aufgeklärten Mordfall aus Finnland. An dem See „Bodominjärvi“ wurden am 5. Juni 1960 vier Teenager die dort zelteten in der Nacht angegriffen. Ihr Zelt zerfetzt – drei Teenager wurden erstochen und erschlagen. Ein Junge überlebt den Angriff verletzt, konnte sich aber später an den Tathergang und die Ereignisse überhaupt nicht mehr erinnern. Medial wurde diese Tat durch Bücher, Filme und nicht zuletzt der Musik verwendet. Legenden und Schauermärchen entstanden aus dem sogenannten Bodem-Mord. 

Die Autorin Eva Maria Silber konzentriert sich in ihrem True-Crime Thriller auf das wesentliche. Es gibt keine Nebenhandlungen, keine Nebencharaktere, somit ist die Handlung übersichtlich und auf den Punkt gebracht. Allerdings schildert die Autorin den Fund der Leichen und den Ablauf der Tat sehr brutal und schockierend. Es könnte auch die nüchterne Beschreibung eines Polizeiberichts sein, die Autorin hält sich mit konkreten Beschreibungen nicht zurück.  Das ist auch gut so – den Schrecken, auch die emotionale, psychische Gewalt, die posttraumatisch immer wieder an die Oberfläche kommt – ist authentisch erzählt. Dadurch wird „Forgotten Girl“ zu einem konzentriert-spannenden Psychothriller. 

Das Verbrechen holt eine der überlebenden Protagonisten immer wieder ein. Ihre Persönlichkeit verändert sich, physisch und psychisch geht sie durch ihre eigene Hölle. Sozial grenzt sie sich aus und findet in ihrem Beruf einen Anker, der sie überleben lässt – immer an der Grenze des überhaupt erträglichen. 

Eva-Maria Silber offenbart und analysiert das „Leben“ und „Sterben“ ihrer Protagonisten. Ebenfalls genau wie in Handlung selbst – dreht es sich um die Überlebende, die sich Jahrzehnte später mit dieser traumatischen Nacht auseinandersetzen muss. Kriminiltechnik und Ermittlungsmethoden haben sich verändert – das Zauberwort „DNA-Analyse“ lässt es nun zu, dass alte Coldcase-Fälle wissenschaftlich neu betrachtet und interpretiert werden können. Für die Opfer bedeutet es nun mehrere Schritte, in die Vergangenheit zu gehen. Die Täter könnten allerdings beunruhigt sein. 

Die Gefühlsdimensionen der Teenager finden eine ausführliche und realistische Betrachtung in „Forgotten Girl“. Die Pubertät mit all ihren Nebenwirkungen, Gefahren und Herausforderungen werden thematisiert. Auch diese Erzählkunst beherrscht die Autorin außerordentlich gut. 

Die Handlung wird aus zwei Perspektiven erzählt – die dramatische Tat in der Vergangenheit 1984,  und die Ermittlungen die zwanzig Jahre später - 2014 erfolgen. Diese gliedert sich dann in zwei Abzweigungen auf – die damalige und jetzige Kriminalbeamtin und der Blickwinkel der Überlebenden Frau.

„Forgotten Girl“ ist ein starker und sehr spannender Psychothriller – kurzweilig und doch sehr empfehlenswert. Der Schrecken der Tat und das spätere Trauma wirken authentisch, packend und schockieren zumal. Sehr löblich allerdings, dass es die Autorin hier nicht übertreibt und der brutale Schrecken, die psychologische Spannung überholt.

Es gibt aber auch wesentliche Chancen, die die Autorin nicht wahrgenommen hat. Ich vermisse durchaus Nebenhandlungen und Figuren, dadurch wirkt die Story bisweilen oberflächlich und ähnlich verhält es sich mit den Charakteren. Der Roman hätte durchaus 200 Seiten stärker sein können. Dadurch hätte man die Jahre zwischen Vergangenheit und Gegenwart erzählerisch attraktiv beleuchten können. Die Charaktertiefe hätte dadurch nur noch mehr gewinnen können.

Weiterhin frage ich mich: Warum hat die Autorin nicht in einem Nachwort Bezug genommen auf diesen historischen Kriminalfall? Auch das erwarte ich, wenn man sich schon im Genre True Crime bewegt.

Fazit

„Forgotten Girl“ ist der erste Roman der Autorin Eva-Maria Silber, den ich gelesen haben. Hohes Tempo – authentische Spannung – düstere Atmosphäre.  Absolut empfehlenswert. Ich bin gespannt, auf das nächste Projekt. 

Michael Sterzik 




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