Mittwoch, 24. Juni 2020

Die Mörder der Queen - David Morrell


Das Viktorianische Zeitalter war von 1837 bis 1901. Es begründete die relative lange Regierungszeit Queen Viktorias, doch die Monarchie im Britischen Empire hatte Politisch nicht unbedingt einen hohen Einfluss. Diese Zeitspanne war eine großartige, wirtschaftliche Entwicklung, obwohl die Industrialisierung nicht nur Licht spendete, sondern gerade den Ärmsten Einwohnern auf der Insel, dass Leben schwer machte. Zwei Drittel der Bevölkerung waren grob der sozialen Unterschicht zuzuordnen. Diese am Existenzminimum lebenden Menschen arbeiteten in den Fabriken zu unmenschlichen Bedingungen. Diese Depression kostete immens viele Menschenleben, die im Grunde nichts wert waren.


Insgesamt ordneten sich aber auch alle viele staatliche Instanzen. Es entstanden Prozesse mit organisierten Abteilungen, nach und nach etablierten sich auch Gesetze und vergessen wir auch nicht die Rolle der Frau – die sich jetzt emanzipierte. Glanz und Gloria – zum Himmel-hoch-jauchzend und zu Tode betrübt – das könnte das Motto dieser Zeit sein.
Es gibt viele Romane, die sich mit dieser Zeit befassen. Der Stoff aus dem die Träume sind – waren zum Teil, wie oben schon gesagt Albträume.

Der amerikanische Autor David Morrell lässt das London in der viktorianischen Zeit spannungsvoll aufleben. Eine gekonnte Mixtur aus historischen Themen und einer vielseitig spannenden Kriminalgeschichte, die Überraschungen birgt.

Der trübe Schein der Gaslaternen wabert hinter dicken Nebelschwaden, und auf dem feuchten Kopfsteinpflaster klappern Pferdehufe … Willkommen im viktorianischen London!
Wir schreiben das Jahr 1855, der Krimkrieg ist in vollem Gange und das britische Empire erlebt unruhige Zeiten, als ein kaltblütiger Mörder direkt aufs Herz der verunsicherten Nation zielt: Mitten während des Gottesdienstes in der noblen St. Jamesʼ Church kippt Lady Cosgrove mit durchgeschnittener Kehle aus ihrer Kirchenbank. In der Hand hält sie einen Zettel, der Detective Inspector Sean Ryan und seinen Freund – den als »Opiumesser« verschrienen Thomas De Quincey – in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Denn der Mörder macht deutlich, dass er eben erst angefangen hat, und dass sein letztes Opfer niemand anderes sein wird, als Queen Victoria selbst. (Verlagsinfo)

Die Person Thomas De Quincey ist historisch verbürgt, wie viele andere Protagonisten im vorliegenden Roman auch. Allerdings spielt der britische Schriftsteller und Journalist, seine Rolle als „Ermittler“ fulminant und überzeugend. Die Person ist zwar sehr gut interpretiert, aber tatsächlich war er wohl weniger ein scharfsinniger Ermittler. Nichtsdestotrotz hatte er ein bewegtes Leben. Besonders zwei Werke erhöhten seinen Bekanntheitsgrad enorm:“ Der Mord als eine der schönen Künste betrachtet“ .1821 erschien im London Magazine sein berühmtestes Werk. „Bekenntnisse eines englischen Opiumessers“, das für großes Aufsehen sorgte. Opium – Laudanum war eine gesellschaftliche Droge, die auch medizinisch eingesetzt wurde – eigentlich bei allen größeren und kleineren Wehwehchen. 

Dieser Part wird in dem Roman: „Die Mörder der Queen“ immer wieder thematisiert. Besonders gut gefallen hat mir die Assistentenrolle seiner Tochter Emily, die selbstbewusst, scharfzüngig und munter ihren Vater manchmal die Show stiehlt. Ihre „Tagebucheintragungen“ erklären viele charakterliche Eigenschaften des Journalisten und das spannend, informativ und mit humoristischen Feinheiten versehen. Großartig.

Die Waage auf denen sich die historischen Fakten und eine halbfiktive Kriminalgeschichte befindet, ist stets ausgewogen. Der Leser erfährt in jedem Kapitel viel über die Herausforderungen und Probleme innerhalb der Gesellschaft – der Aristokratie – aber auch bei den sozialen Unterschichten, die sich zunehmend auflehnen und wenige Jahre später dabei sind, das Empire völlig zu konzipieren. Die Verzweiflung der Menschen ist spürbar und genau, dass macht diesen Roman zu etwas besonderen – die Atmosphäre.

Auf jeder Seite empfindet man das Gefühl, sich durch enge, verdreckte Gassen zu bewegen, oder in einem schillernden Palast zu dinieren. Der arrogante Snobismus und auch die schiere, tiefe Depression der Arbeiter, dem Bodensatz der Gesellschaft hat David Morrell fasziniert gut befördert.  Als Autor, dass emotionale Minenfeld einer Gesellschaft, einer Gruppe so bildgewaltig und intensiv detailliert, in Worte fassen zu können, ist eine hohe Kunst. Perfekt passiert.

Selbst die Kriminalgeschichte ist außerordentlich gut aufgebaut. Keine Längen, keine logischen, inhaltlichen Fehler, auf die man stößt. Die Charaktere sind überschaubar und egal ob nun Haupt- oder Nebenfigur, ergänzen sich diese fabelhaft. Thomas De Quincey ist zwar kein Sherlock Holmes und seine Tochter keine Dr. Watson, aber die Ähnlichkeit dieser beiden Figuren ist erkennbar. Scharfsinnig – und brutal ehrlich – ist der Schriftsteller und Journalist wenig diplomatisch. Es gibt auch gute situative Gewaltszenen – realistisch und nicht überzeichnet, die wenig schocken sollen – aber der Dramatik zur gute kommen.

„Die Mörder der Queen“ ist auch der Sinnbegriff einer Verschwörung gegen die Queen – die seit der Heirat, nicht mehr sooo in der Gunst seiner Untertanen steht. „God save the Queen“ gilt nicht für jeden – besonders nicht für die Menschen, die unter der Last und dem Einfluss der Krone „Schäden“ davongetragen. Jemand muss ja auch immer schuld sein  - also warum nicht die gute alte Queen Victoria.

„Die Mörder der Queen“ von David Morrell ist der zweite Band einer Reihe – der dritte folgt noch dieses Jahr.

Fazit

„Die Mörder der Queen“ ist eine literarische Zeitreise ins viktorianische London. Man schmeckt, sieht, fühlt und spürt die Spannung auf jeder Seite. Ein Hochklassiger, realistischer Kriminalroman – der Spannung garantiert. Dunkel – Dreckig – Dauerhaft genial. Unbedingte Leseempfehlung.

Michael Sterzik 

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