Montag, 3. August 2020

Der Aufstand von Treblinka - Michał Wójciks

Der Holocaust bleibt unvergessen – die systematische Vernichtung Millionen von Menschen. Eine Maschinerie des Todes – in der, der Tod dem Überleben in einem Vernichtungslager eine Erlösung war. Es gibt nur noch wenige Zeitzeugen, die von den schrecklichen Ereignissen erzählen können, von Mord, Folter, Menschenversuchen, Qual – nach und nach verstummen diese Stimmen, die weder vergessen, noch vergeben haben. Wir wissen, was diese Menschen in den Konzentrationslagern des Nazi-Regims erdulden mussten, aber wissen wir auch etwas davon, dass es Widerstände gab – Aufstände!? Der Aufstand im Warschauer Ghetto war eines dieser Ereignisse, in der Menschen sich auflehnten und mit Waffen versuchten der Tyrannei und der Vernichtung zu widersetzten. Der Aufstand wurde niedergeschlagen -  die Menschen, die ihr eigenes Schicksal in die Hand nahmen, sind Symbole und Botschaften, dass neben dem Willen zu überleben auch dazu aufgerufen wird, sich zu widersetzen, sich aufzulehnen gegen Verbrecher, gegen Unmenschlichkeit, gegen willkürliches Morden. Es waren so mutige Menschen. Doch sie waren nicht die einzigen. Der renommierte, polnische Journalist und Historiker Michał Wójcik  hat den Aufstand im Vernichtungslager Treblinka in seinem veröffentlichten Buch – „Der Aufstand von Treblinka“ thematisiert.

Am 02. August 1943 kam es im Vernichtungslager Treblinka zu einem unglaublichen und heute fast vergessenen Ereignis: Etwa 700 überwiegend jüdische Häftlinge nahmen an einem bewaffneten Aufstand teil. 300 von ihnen entkamen den Grauen des Lagers, etwa 85 überlebten den 2. Weltkrieg.

Der renommierte polnische Historiker und Journalist Michał Wójcik erzählt in seinem Buch die Geschichte eines Ausbruchs aus dem brutalen Alltag des Lagers, in dem innerhalb eines Jahres über eine Millionen Menschen getötet wurden. Gestützt durch zahlreiche Interviews mit Zeitzeugen und Archivrecherchen malt er das Bild einer hoffnungslosen Situation, in der einige mutige Menschen ihr Schicksal selbst in die Hand nahmen. (Verlagsinfo piper)

Es ist harter Tobak den der polnische Autor hier verarbeitet. Es geht an die Substanz, wenn der Autor vom täglichen Morden erzählt, von einer willkürlichen und bestialischen Grausamkeit, die den Schrecken mit einer atmosphärischen Erkenntnis transportiert und so eindringlich ist, dass man manchmal innehalten muss. Die Nachhaltigkeit dieses historischen Echos ist unsterblich.

Beim Lesen stellt man sich dennoch die Frage, warum kam es nur zur so wenigen Aufständen und warum wurde von Seiten der Alliierten – die von der Existenz dieser Vernichtungslager wussten, nicht aktiv eingegriffen wurden!? Das sind allerdings auch zwei Fragen, die das vorliegende Buch nicht abschließend beantworten kann.

Jeder Aufstand – egal ob nun in Auschwitz, Sobibór, oder in Treblinka – auch wenn diese scheiterten, waren es Symbole des Überlebens – aber auch um anderen Menschen zu offenbaren, welcher Schrecken in den KZ herrschten. Die Häftlinge wollten um jeden Preis überleben, um ein Zeitzeugnis zu sein. Eine Botschaft und eine Mahnung für die Nachwelt.

Michał Wójciks perspektivische Sicht auf diese Ereignisse ist grandios. Er verurteilt – oder beurteilt nicht. Er erzählt von Fakten – nicht willkürliche heroische fiktive Ereignisse – die vielleicht stattgefunden haben.  Er führt uns aber auch das moralische Dilemma des Holocaust vor Augen. Warum hat niemals von Außerhalb des Todestreifens – der Minen, Stacheldrähte und Wachtürme etwas gegen den Genozid aktiv getan? Haben womöglich niemand außer die Juden selbst für die Juden gekämpft?

Immerhin berichtet der Autor neben den Vorbereitungen für den bewaffneten Aufstand, der Durchführung auch von der Flucht durch die polnischen Wälder. Es gab tatsächlich helfen, die den Flüchtigen mit Essen versorgten, oder sie unterbrachten. Es gab aber auch Verräter, und Menschen die Hilfe verweigerten – vielleicht aus Angst vor den Besatzern – vielleicht aus Überzeugung…! Etwa 50 Häftlinge, denen die Flucht gelang, überlebten.

Der Autor spricht in den letzten Kapiteln auch von der Rolle Polens im Holocaust. Retter, und – oder Kollaborateure. Eine extreme Polarisierung dieser beiden Extrem. Helden oder Verbrecher selbst – eine Grauzone, die nicht zweifelsfrei zu beantworten ist. Fakt ist – Es gab keine aktive polnische Hilfe der „Armee“, oder des polnischen Widerstands.

Der Leser wird sich vielen Fragen stellen müssen, die er zweifelsfrei sich immer wieder selbst stellen wird. Wie konnte man derartiges Leid ertragen? Warum hat niemand von außerhalb geholfen? Was trieb die niederen Instinkte der Soldaten/Mörder an? Es gibt darauf kaum grundlegende und abschießende Antworten. Was übrig bleibt ist ein schreckliches Zeugnis – aber auch eine Botschaft ein Zeichen und Symbol des Widerstands. Darüber lohnt es sich einmal tiefer nachzudenken und das ermöglicht der Autor des Buches: „Der Aufstand von Treblinka“ -  Michał Wójcik.

Fazit

„Der Aufstand von Treblinka“ von Michał Wójcik geht unter die Haut. Ein nachhaltiges Echo der Vergangenheit, das berührt. Ein wichtiges Zeitzeugnis, dass immer noch zeitlos den Schrecken, aber auch Hoffnung transportiert.

Michael Sterzik


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