Der Autor Mac P. Lorne hat eine persönliche Leidenschaft für englische Geschichte. Schon mit seiner historischen Reihe um die sagenhafte, legendäre Figur des englischen Volkshelden Robin Hood, konnte er begeistern. Diese historischen Abenteuerromane, die natürlich viele authentische Personen beinhalteten sind eine Garantie für spannende Unterhaltung. Einer dieser authentischen Figuren ist Richard Plantagenet – König von England – auch genannt Löwenherz. Die Plantagnet – eine französischstämmige Herrscherdynastie, die auch Nebenlinien des Hauses Lancaster und York bildeten. Der Mythos um diesen König ist unsterblich. Doch wer war dieser König, der in vielen Robin Hood Filmen und in der Literatur eine tragende Nebenrolle hatte!? Versinnbildlichte dieser wirklich das Ideal eines Ritters in Perfektion?
Mac P. Lorne gibt der Figur dieses Königs in seinem
Roman: „Der englische Löwe“ ein historisches Gesicht.
Nur wenig Zeit ist Richard Löwenherz in seiner Heimat
England vergönnt: Nachdem er die Rebellion seines Bruders Johann Ohneland
niedergeschlagen hat, bricht Richard mit einem kleinen Heer nach Frankreich
auf. In der Normandie und Aquitanien hält der französische König Philipp II.
Gebiete besetzt, die rechtens ihm gehören und die er von seinem Vater geerbt
hat.
Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit schlägt das Heer des
englischen Löwen seine Gegner ein ums andere Mal, doch Richards Kriegskassen
sind fast erschöpft. Schließlich stimmt er einem Waffenstillstand mit Philipp
zu. Noch während sie ihr Siegel unter den Vertrag setzen, wissen beide Männer,
dass es zwischen ihnen keinen Frieden geben kann …(Verlagsinfo)
Hinter jeder Legende und jedem Mythos steckt natürlich
auch eine definitive Wahrheit. Der vorliegende Roman unterscheidet sich immens
von seiner Robin Hood-Reihe. „Der englische Löwe“ ist kein Abenteuerroman, kein
Mantel- und Schwert Duell auf dem Schlachtfeld, kein actionreich ambitioniertes
Schlachtengemälde. Es ist mehr eine analytische Aufarbeitung seines Charakters
und nebenbei dann gleich auch der Person Königs Philipp von Frankreich. Der
englische wilde, gefährliche Löwe vs. dem französischen, scheuen, fast schon
feigem Reh.
Der Roman erzählt die fünf Jahre seiner Herrschaft nach
seiner Gefangenschaft. Nun in Freiheit hat er kein anderes Ziel vor Augen, als
seine angevinische Herrschaft auf dem französischen Festland wieder zu
erhalten. Seine Version einer Diplomatischen Lösung findet dann eher auf den
Schlachtfeldern statt. Mac P. Lorne erzählt relativ nüchtern und trocken,
diesen Lebensabschnitt Richards. Er räumt aber weiterhin auf, dieser Figur eine
heroische, glänzende Krone zu geben. Der Autor zeigt Richard, wie er gemäß der
aktuellen Forschung wohl wirklich gewesen sein mag. Ein Egozentrischer, jähzorniger
Mann – ein Mörder, ein Herrscher der Männer opferte um seine persönlichen Ziele
zu erreichen. Jede Persönlichkeit hat aber auch mehre charakterliche Eigenschaften
und nebenbei lässt der Autor diesen auch als professionellen Taktiker und Stratege
hochleben, und zeigt mitunter auch menschliche Züge, wenn er z.B. als Großvater
seinen Enkel Liebe und Aufmerksamkeit gibt.
Nach mittelalterlichen Maßstäben ein guter König!? Nach
aktuellen – ein Tyrann, der England ausblutete um seine Dynastie auf dem
französischen Festland zu etablieren. Seine Politik war blutig und brutal. Sein
persönliches Universum war mickrig, wenig Perspektivisch nachhaltig und immer
nur auf sich bezogen.
„Der englische Löwe“ von Mac P. Lorne ist eine
großartige, unterhaltsame und spannende Aufarbeitung eines von der Geschichte
überzeichneten Herrschers. Genauso gut oder schlecht – wie auch immer man es
persönlich sehen will – lässt Mac P. Lorne auch an dem französischen König
Philipp kein gutes Haar. Es ist interessant, dass diese beiden Kinder ihrer
Zeit – halt auch nur als Menschen zu präsentieren, die dramatische Fehlentscheidungen
lebten. Mac P. Lorne erzählt auch munter, ironisch und schmunzelnd von deren
Siege und halsbrecherischen Fluchten von Schlachtfeldern. Auch die Figur von
John ohne Land wird angerissen, aber fokussiert sich natürlich nicht.
Die Geschichte wird fast gänzlich aus der Perspektive von
König Richard Löwenherz erzählt. Nur wenige Passagen, und das finde ich sehr
schade, lassen Philipp, oder andere wichtige Persönlichkeiten aus dem Umfelds
Löwenherz zu Wort kommen. Das wirkt sehr eindimensional und manchmal
schwerfällig, fast schon zäh und mindert das Lesevergnügen ein wenig.
Hauptsächlich sind die langen Kapitel geprägt von vielen
Dialogen der Figuren. Diese sind informativ, spannend, sogar witzig, aber vor
allem auch unterhaltsam. Mac P. Lorne lässt es also zu dass Richard Löwenherz
sich offenbart – sein Verhältnis zur Kirche, zum deutschen Kaiser, zu seiner
Ehefrau, seinen Nachkommen, seine großen Pläne für England – die faktisch gar
keine waren. England war Löwenherz gänzlich egal. Irland, Wales, Schottland –
wofür hatte man Verwalter!?
„Der englische Löwe“ von Mac P. Lorne überzeugt im Genre
Historischer Roman. Eine großartige, ehrliche Interpretation einer königlichen
Figur, die wenig königlich agierte. Keine Figur mit der man beim Lesen wirklich
eine sympathische Beziehung aufbauen kann. Ein negativer Antiheld seiner Zeit.
Ein Roman – kein Sachbuch. Der Autor orientiert sich sehr
gut an der historischen Quellenlage, aber nimmt sich auch natürlich die
Freiheit, seine eigene Interpretation damaliger Ereignisse einzubauen.
Ich sagte schon eingehend dass es hier wenig
Actionelemente gibt. Also einen Vergleich mit der Robin Hood Reihe kann es an
dieser Stelle nicht geben.
Fazit
„Der englische Löwe“ ist eine spannende, analytische
Aufarbeitung eines geschichtlich überzeichneten Charakters. Wenig
Ritterlichkeit – mehr Egozentrik. Ein Roman der nachhaltig interessant und
unterhaltsam ist – der aber hätte viel stärker sein können.
Michael Sterzik
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