Jugoslawien – der Vielvölkerstaat wurde 1990/1991 aufgelöst. Es gab schon vorher starke innenpolitische und vor allem auch sozialökonomische Spannungen und Schwierigkeiten. Besonders stark waren die nationalistischen Kräfte – die historisch gesehen sowieso voller Konflikte waren. Mit dem Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa spalten sich die Staaten ab und wollten jeder für sich eine autonome Führung und Regierung. Der Schrei noch „Freiheit“ wurde lauter besonders in Slowenien und Kroatien und dies führte zum Krieg auf den Balkan.
Der Krieg, der zweifelsfrei auch ein Bürgerkrieg war, ist
kaum mit dem 1.und 2. Weltkrieg zu vergleichen. Es gab viele paramilitärische
Einheiten, die manchmal wie Söldner fungierten und zahlreiche Verbrechen gerade
an der Zivilbevölkerung verübten. Ethnische Säuberungen, Massaker und
systematische Vergewaltigungen führten auch dazu, dass die UN reagierte und
sich aktiv ins Kriegsgeschehen einmischte. Leider zu spät – manchmal zu wenig
konsequent.
Unter
den zivilen Opfern gab es mit Sicherheit auch Angehörige von
Hilfsorganisationen. Und genau dieses Thema behandelt der britische Autor
Frederick Forsyth in seinem Roman: „Der Rächer“.
Trotz der Bedenken seiner Familie reist der junge
Idealist Ricky Colenso nach Bosnien, um während des Balkankrieges humanitäre
Hilfe zu leisten. Bei einem Angriff auf ein Dorf wird er jedoch auf brutalste
Weise ermordet. Seine Familie kann den Verlust nicht verwinden und sinnt auf
Rache. Vietnamveteran Cal Dexter, Spezialist für aussichtslose Fälle, nimmt den
Auftrag an. Er soll Rickys Mörder jagen und vor Gericht stellen. Was er nicht
ahnt: Der Hauptverdächtige ist ein Kriegsverbrecher mit Verbindungen in höchste
Kreise.(Verlagsinfo)
Frederick Forsyth lässt seinen „Rächer“ auf einen
Kriegsverbrecher los. Ein privater Auftrag, der den Vietnamveteranen Carl
Dexter vor einer gefährlichen Aufgabe stellt, denn schon längst wird der Mörder
von Ricky Colenso durch die CIA gedeckt, und instrumentalisiert. Klingt dies
sehr unglaubwürdig? Bedingt – vielleicht gibt es Personen, die mit ihren
militärischen und geheimdienstlichen Fähigkeiten in der Lage sind solche
Aktionen durchzuführen!? Fakt ist jedenfalls das die Verbindung der
Geheimdienste zu terroristischen Zellen gegeben sein dürfte. Der Feind meines
Feindes ist mein Freund – ein Leitspruch den sich viele Geheimdienste und
Verfassungsschützer gerne annehmen.
Die Geschichte spielt vor dem 11. September 2001 – aber
beinhaltet schon gut recherchierte Informationen zu Osama Bin Laden (OLB) und
seinem Terrornetzwerk, seinen Idealen und den Versuchen der CIA diese Bedrohung
kontrollieren zu können, was leider historisch betrachtet nicht gelungen ist.
Frederick Forsyth beschreibt diese gefährlichen Beziehungsebenen zwischen
Staaten, der Wirtschaft, der Geheimdienste und nicht zuletzt durch alte
persönliche Freundschaften perfekt. Er erklärt diese komplexen Sachverhalte
sehr nüchtern, aber scharf im Detail und ohne in übertriebene Klischees
abzudriften. Forsyth spielt zwar mit einer fiktiven Story des personifizierten
Racheengels, doch die politischen Ströme und Botschaften, sowie die Beweggründe
der CIA sind leider Fakten und gut recherchiert.
Dass man das Gesetz in die eigene Hand nimmt und über
Ländergrenzen und Gesetzen selbst diese wissentlich bricht, ist ebenfalls wohl
leider kein Hirngespinst. Geheimdienstliche „Schattenaktionen“ kann man
schwerlich einen Riegel vorschieben und selbst Staatsoberhäupter können nicht
und werden auch nicht aktiv über grenzwertige Aktionen informiert.
Neben den vielen Interna und Informationen kommt die
Spannung in „Der Rächer“ nicht zu kurz. Geschickt lässt sich „Der Rächer“
menschlich darstellen – ein Lebenslauf eines Mannes, der faktisch nichts zu
verlieren hat, deren Moral und Ethik individuell sind und der „Gott schütze
Amerika“ ernst nimmt. Legitimierte Rache? Ein biblisches Alibi in dem man den
Spruch: Auge um Auge und Zahn für Zahn -
als vollumfängliche, gesetzeskonforme Lösung ansieht? Kann man das
nachvollziehen, wenn man sich in die Rolle der Familie einlebt, die ein noch
junges Familienmitglied durch einen gewaltsamen Tod verloren hat?! Ja man kann
– und auch das gelingt dem Autor erstaunlicherweise gekonnt, sensibel und
feinfühlig.
Das Starke an dem Roman sind wie gesagt nicht nur die
politischen und militärischen Details, sondern auch die Konzeption des
„Rächers“ – der kein Superman ist – kein Rambo mit posttraumatischen Störungen,
oder der wie ein altgedienter Dinosaurier alle Feinde mit viel Feuerkraft
eliminiert. Bei weitem nicht – die Laufbahn, die Vita des Rächers ist
realistisch konstruiert. Er könnte auch der nette, ältere Herr von Nebenan
sein.
Frederick Forsyth Interpretation und Wertung der CIA ist
nicht sehr positiv. Die Schattenmannschaft spielt ein sehr dreckiges Spiel, mit
gezinkten Karten und schummeln tun sie sowieso. Es gibt hier offensichtliche
und versteckte Seitenhiebe des Autors.
Als Kritikpunkt kann ich sagen, dass hier die Weltpolizei
„USA“ seine Macht missbraucht und jedes Mittel den Zweck heiligt – Gott schütze
Amerika – und seine Interessen. Andere Menschen, die bei solchen Aktionen über
den Jordan gehen – sind halt Kollateralschäden.
Fazit
„Der Rächer“ ist kein Mann sieht Rot – Thriller. Ein
intelligenter Roman, der den Spagat zwischen Rache und Gerechtigkeit schafft.
Kein lauter, aber auch kein leiser Actionroman – sondern fundierte
Schusswechsel mit einer eigens ausgestellten Lizenz zum Töten. Spannend! Das
Ziel „Unterhaltungswert“ getroffen. Empfehlenswert.
Michael Sterzik
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