Die nun in Dresden lebende Autorin Sabine Ebert hat in
den letzten Jahren hochklassige, historische Romane veröffentlicht. Authentisch
– menschlich und so spannend hat kaum eine deutsche Autorin uns das Mittelalter
in die Wohnzimmer und in unsere Köpfe projizieren können. Die Barbarossa- Reihe – Schwert und Krone -
schleuderte uns in ein deutsches „Game of Thrones“ – Ein Duell des Adels, der
Kampf um Macht und Einfluss kostete tausende von Menschenleben. Jahr zuvor, erzählte
die sympathische Autorin von der Völkerschlacht bei Leipzig, der Anfang vom
Ende des kleinen Korsen, der Europa bis dahin fest im Griff hatte.
Sabine Ebert geht jetzt literarisch ein Stück zurück und
erzählt die Geschichte, dass Schicksal der jungen Witwe Henriette weiter, die
wir schon aus den beiden Romanen 1813 Kriegsfeuer und 1815 Blutfrieden kennengelernt haben.
Ende 1815, Zeit der Restauration: Die junge Witwe
Henriette wird nachts aus dem Schlaf gerissen und muss laut Polizeierlass
binnen einer Stunde Preußen verlassen. Ihre Schilderungen des Kriegsleides und
Herrscherversagens vor, während und nach der Völkerschlacht haben in
allerhöchsten Kreisen Missfallen geweckt. Der Oheim Friedrich Gerlach, Verleger
und Buchhändler im sächsischen Freiberg, nimmt sie auf. Doch rasch merkt sie,
dass sich auch hier die Zeiten geändert haben: verschärfte Zensur, die Rückkehr
zum Korsett und der gesellschaftliche Druck, sich wieder zu vermählen, setzen
ihr zu. Mit der Rückkehr des wie sie traumatisierten Kriegsfreiwilligen Felix
Zeidler trifft sie einen Freund und Vertrauten wieder. Doch erst nach einer
drohenden Katastrophe wird ihr klar, dass er ihr mehr als nur ein Freund ist.
Gemeinsam stellen sich Felix und Henriette gegen den aufziehenden Geist, in dem
Bücherverbrennungen und Attentate als Heldentaten gefeiert werden.
(Verlagsinfo)
Auch wenn der Roman vor 200 Jahren spielt – ist er
dennoch mit seinen brisanten Themen gerade heute hochaktuell. Sabine Ebert
verarbeitet hier kulturelle Themen, die Rolle einer selbstbewussten,
emanzipierten jungen Frau, sie redet von Zensur, von Bespitzelung und
Denunziation. Die Wunden des Krieges bluten noch immer – auch wenn sich das
Land von der Kriegsgräuel erholt – doch der Hochadel verschließt Augen und
Ohren , und möchte weder an alte Bündnisse, noch an Versprechungen festhalten.
Kriegsgeschichten – in denen vom Leid der Soldaten und dem Schicksal der
Zivilbevölkerung verdrängt man unter Androhung von Strafen.
Doch es bricht auch eine neue Zeit an, in der, der Schrei
nach Freiheit und Meinungsäußerung nicht zu überhören oder zu unterdrücken ist.
Es entstehen Debatten um Bildung in denen sich auch die Rolle der Frau
drastisch verändert.
„Die zerbrochene Feder“ ist ein politischer Roman, der
nicht die Protagonisten in die erste Reihe schiebt – sondern die Themen auf
einer attraktiven erzählerischen Bühne disponiert. Diese Restauration wirkt
insgesamt stiller als die Romane, die uns die Autorin in den letzten Jahren
präsentiert hat.
Das Schicksal von Henriette hat fast ein
Alleinstellungsmerkmal und ist nicht der absolute Fokus der Story. Um ihre
Charaktere, ihre Vergangenheit zu verstehen empfehle ich es sehr die beiden
Romane 1813 Kriegsfeuer und 1815
Blutfrieden zu lesen. Und zwar am besten unmittelbar – bevor man zu diesem
aktuellen Buch greift. Sabine Ebert ist eine raffinierte, eine kluge Autorin,
die wenig, vielleicht gar nichts dem Zufall überlässt und so kann man
Henriettes Kriegstrauma und Schicksal erst vollumfänglich fassen, wenn man es
an ihrer Seite selbst erlebt.
Sabine Ebert meint, dass wäre ihr persönlichster Roman.
Dem ist auch so. Aber es ist auch ein stiller Roman, der sich ganz stark von
den übrigen unterscheidet. Es ist wie eine „spannende“ Entspannung – für die
Autorin absolut, für ihre Leser eine Umgewöhnung, denn diese „Stille“ ist weniger
dramatisch als gewohnt.
Henriette spürt den Druck überall – nicht nur über ein
Korsett, dass ihr die Luft abschnürt, sondern auch gesellschaftlich möchte man
sie gerne wieder unter der Haube sehen, und wenn sie sich schon
schriftstellerisch betätigt, dann bitte politisch korrekt. Wer Henriette
kennengelernt hat – wird wissen, dass die Themen wie ein rotes Tuch für sie
sind.
Natürlich darf die „Liebe“ nicht fehlen, aber wie schon
in den Romanen zuvor, hebt sich die Autorin von romantisierten Klischees ab und
lässt Henriette authentisch Leiden und Lieben.
Damit gehört „Die zerbrochene Feder“ nicht zu dem
stärksten Titel der Autorin. Doch auch das ist überhaupt nicht schlimm.
Qualitativ ist der Roman außerordentlich gut. Unterhaltung auch – die Spannung
ist ein wenig stiller geworden, aber wer die Autorin kennt, weiß das sie mit
Sicherheit ein weiteres Romanprojekt vorbereitet.
Fazit
„Die zerbrochene Feder“ ist ein historischer Roman,
dessen Stimme und Stimmung auch heute präsent ist. Unterhaltsam, stiller,
souverän und vielseitig. Sabine Eberts Perspektive auf diese historische Epoche
ist auch etwas Fingerpointing auf unsere stark mediale geformte Welt.
Michael Sterzik
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