Samstag, 23. Juli 2022

1979 - Jägerin und Gejagte - Val McDermid


Der Journalismus hat sich verändert im Laufe der letzten Jahrzehnte. Alleine schon wegen des Internets stehen dem Journalisten extrem viele Möglichkeiten weltweit zu recherchieren und sich aus vielen Quellen Informationen zu verschaffen. Doch das ist nur die eine Seite einer objektiven Berichterstattung. Die Qualität der Reportagen und Berichte ist aktueller geworden, direkter und ein Stück auch von einer intensiveren und klareren Wahrheit geprägt. Viele Themen, die noch in den 70er, oder frühen 80er Jahren als brisant galten, oder die man als Schlagzeile auf Seite 1 lesen konnte, wären jetzt nur eine bedeutungslose Information.

Auch der Beruf des Journalisten hat sich natürlich verändert. Für einen Investigativ Reporter kann es schon mal sehr gefährlich werden, wenn man sich mit heißen, aktuellen Themen beschäftigt, die Firmeninteressen oder Personen bedrohen könnten. Die Rolle der Frau bei vielen Nachrichtenmagazinen, oder Zeitungsredaktionen hat sich zum Glück auch stark emanzipiert. Weiterhin tragen sich Zeitungen, Zeitschriften, usw. nicht nur durch die verkauften Exemplare, sondern werden finanziert durch Werbeeinnahmen. Je brisanter, aktueller das Magazin ist, desto mehr steigert sich also der Erfolg.

Die schottische Bestsellerautorin, die ebenfalls für ihre schriftstellerischen Tätigkeit Journalistin war, berichtet nun in einer geplanten Zeitreise, die 1979 beginnt, von einer aufstrebenden Journalistin, die in Schottland tätig ist.

Schneestürme, Stromausfälle, Streiks und ungeklärte Todesfälle: Der Winter 1979 beschert Schottland ein Debakel nach dem anderen. Für die junge Journalistin Allie Burns sind schlechte Nachrichten jedoch die einzige Chance, über etwas anderes als Familiendramen und Babywunder zu berichten und vom »Boys' Club« der Zeitung endlich ernst genommen zu werden.
Mit ihrem Kollegen Danny Sullivan kommt Allie tatsächlich einer potenziellen terroristischen Bedrohung auf die Spur – und sie schmieden einen Plan, bei dem jeder Schritt ihr letzter sein könnte …(Verlagsinfo)

Der erste Band dieser Reihe verfügt über einen feinen, typischen britischen Humor, oder sagen wir besser schottischen. Als Kriminalroman gesetzt, überzeugt die Story nicht unbedingt. Die detektivischen, investigativen Ermittlungen einer Allie Burns sind klassisch erzählt. Primär geht es hier um eine nationale Verschwörung, um sich gegen die aktuelle Politik zu rebellieren – eine Möglichkeit, die sich für die junge Frau bietet, um sich in einer von Männern dominierenden Redaktion einer Zeitung durchzusetzen. Alleine diese Thematik ist ein großes Stück dieses manchmal schwerfälligen Romans. Damit greift Val McDermid auch den Zeitgeist auf – und das sehr detailliert. Die Atmosphäre des Romans „1979“ ist insgesamt sehr still und überschaubar. An dem Stil der Autorin kann man gut erkennen, dass sie als ehemalige Frau vom Fach weiß, wovon sie schreibt.

Die Autorin konzipiert ihre Figuren sehr gut. Wenn auch mit den klassischen Eigenarten versehen. Ein Chefredakteur, die cholerisch wirkt und Reporter, die sich gerne über andere profilieren, die als Nachwuchs die eigentlichen Reportagen schreiben. Allie Burns ist eine interessante Figur. Ein “hässliches“ Entlein, dass sich gerade aufmacht, sich selbst zu finden. Ihren eigenen Stil in Puncto Kleidung und Aussehen, die ersten Versuche sich durch qualitative Arbeit in die erste Reihe zu drängen.

Ihr Kollege Danny, der nicht in ihren unmittelbaren Schatten steht, ist eine Haupt- und Nebenfigur in einem. Sein Privatleben und seine persönlichen Einstellungen zu seiner Familie und zu sich selbst bilden eine eigene Nebengeschichte, die durchaus unterhaltsam und gut erzählt ist.

Der Kriminalfall geht fast schon unter. Die Ermittlungsmethoden ohne die Hilfe des Internets, oder Smartphones, usw. sind wie gesagt der Zeit geschuldet. Kein Computer, sondern Schreibmaschinen, Papier, Durchschläge etc. unterstützen den Journalisten in seiner Tätigkeit.

Die Unterhaltung ist vorhanden, aber eine Spannung vermisst man schon sehr. 1979 ist träge und vielleicht auch nicht so schnelllebig wie wir es aus dem Jahre 2022 kennen. Doch der Roman weckt eine Neugierde für nachfolgende Titel dieser Reihe.

Fazit

1979 fängt den Zeitgeist genau dieser Epoche ein. Ein munterer Humor, der den Unterhaltungswert hochhebt. Ein souveräner Roman – aber die nachfolgenden Titel müssen um einiges spannender erzählt werden.

Michael Sterzik

 

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