Dienstag, 7. März 2023

Wahnspiel - Kilian Eisfeld


Im Genre „Krimi/Thriller“ gibt es da noch etwas an Ereignissen, an Tatorten, Ermittlungsmethoden usw., was den passionierten Vielleser überraschen könnte? Haben wir Seite an Seite mit Ermittlern, Tätern und Opfern nicht schon alles erlebt? Jedes Genre hat seine Besonderheiten und seine Trends, die man als Autor, auch wenn man sich dagegen ausspricht, irgendwie doch mitgeht. Originalität ist schwierig geworden, nicht unmöglich, aber dennoch ambitioniert.

Spannende Unterhaltung bietet in jedem Fall der vorliegende Band von Kilian Eisfeld – aka Daniel Wolf, oder bürgerlich Christoph Lode. Dass er den umkämpften Tatort der Kriminalliteratur betritt, und damit unentdecktes Land erschließt, überraschte mich. Kennt man den Autor doch eher aus dem Bereich „Fantasy“ und „Historischer Roman“  - wo er sein Talent schon längst bewiesen hat.

Doch die Beweisführung ist noch nicht ganz abgeschlossen und als „Kilian Eisfeld“ lässt er uns an einem perfiden „Wahnspiel“ teilnehmen. So ganz konnte er als historischer Autor dann doch nicht abschalten und flüchtete sich in die alte Stadt Heidelberg, die sowieso viel zu erzählen hat. Diesen Tatort kennt der Autor als ehemaliger Bewohner der historischen Stadt, die am Neckar liegt, sehr gut.

Dass Kilian Eisfeld den Tatbestand des literarischen Raubes erlaubt, sei ihm verziehen, schließlich kombiniert er Mythen, Legenden und historische „Kriminalgeschichten“ brillant. Also die Indizien sind vorhanden und kommen wir nun zur Beweisführung des Autors.

Als der Mörder Lukas Schneider vorzeitig aus dem Gefängnis kommt, verwandelt sich das beschauliche Heidelberg in einen Hexenkessel. Ein Online-Mob ruft zur Lynchjustiz auf. Schneider verschwindet. Seine abgetrennte Hand wird mitten in der Stadt gefunden. Der bizarre Fall zwingt Sofija Marković, die kompetente, aber menschlich unterkühlte Chefin des Dezernats für Kapitaldelikte, den unkonventionellen Alex Schwerdt zu sich ins Team zu holen. Obwohl Markovic, die von ihren Mitarbeitern »die Kaltfront« genannt wird und der »Nerd« Alex verschiedener nicht sein könnten, können sie bald erste Erfolge vorweisen.

Doch je mehr sie über die Hintergründe der Tat herausfinden, desto rätselhafter wird der Fall – und sie ahnen, dass sie einem alten und grausigen Geheimnis auf der Spur sind …(Verlagsinfo)

„Wahnspiel“ kann man mitnichten als einen ruhigen Roman bezeichnen. In jedem Kapitel tummeln sich vielseitige, aktuelle Themen. Die mediale Gewalt, die Personen öffentlich an den Pranger stellt, die Bürokratie innerhalb der Ermittlungsbehörden, der Rechtsradikalismus, die Rolle der „Frau“ in der Gesellschaft u.a. Viele Themen also, die jongliert werden müssen – doch Kilian Eisfeld gelingt, das mit einer sagen wir mal selbstbewussten Kaltschnäuzigkeit. Das Tempo überholt sich immer gerne mal selbst und hält auch nicht kurz an wenn es darum geht noch mehr Personen, Schauplätze, und private Nebengeschichten mitzunehmen. Das ist auch gut so und wirkt nicht künstlich bemüht, den Leser auf den Spannungsbogen mitreiten zu lassen.

Die absolute Stärke von „Wahnspiel“ sind die Figuren des Romans. Damit meine ich alle – ob nun Haupt-/Nebenrolle – jeder ist hier wichtig, jede Person bringt etwas mit in die Handlung. Man schmunzelt über gewisse Eigenarten der Kriminalbeamten, man fühlt mit den Opfern und Tätern ohne diese gleich als „Monster“ oder Unmenschen in aufgeräumte Schubladen zu stecken.

Das Ermittlerduo Sofija Marković und Alex Schwerdt ergänzt sich ganz gut. Aber auch am Ende des Romans, befinden sich beide noch in der Findungsphase. Sie sind grundverschieden – die personifizierte Kaltfront wie sie hinter dem Rücken genannt wird, und der wundersame, chaosveranlagte Nerd. Wobei der Fokus sich auf Alex Schwerdt richtet. Kilian Eisfeld transportiert keine „Leichen“ in den Kellern dieser beiden Hauptpersonen, sondern nimmt sich die Zeit viel Details aus den Leben dieser Ermittler zu präsentieren. Gegensätze ziehen sich, oder ergänzen sich – die Einhaltung bei den Ermittlern sich Regeln zu halten, kollidiert dann mit unkonventionellen Methoden, diese Mischung vertiefen nicht nur die Story, sondern auch gleich die Figuren.

Ob sich die Interessen von Alex Schwerdt und seine persönlichen Eigenarten, mit denen des Autors decken, ist noch nicht ermittelt. Es sind genau, diese kleinen Feinheiten, die wichtig sind – es sind diese kleinen Erzählkunstknöpfe die bei dem Leser gedrückt werden. Perfekt.

Es gibt viele verschiedene Perspektiven, die sich der Autor bedient und so wird die Story, die sich anfangs als vorhersehbar zeigt, dann doch nicht. Im Gegenteil – sehr intelligent und raffiniert verbindet der Autor historische Mythen und abergläubische Ideen, um sie dann mithilfe von „neuen“ Medien aufzuklären und nebenbei dem Täter nahezukommen.

Fazit

Ein wahnsinnig guter Kriminalroman, der verspielt und leicht eine spannende Atmosphäre erzeugt. Bitte mehr von der Kaltfront und dem Nerd.

Michael Sterzik





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