Als Kriminalbeamter gerät man unter Umständen schnell zwischen die Fronten von Recht und Gesetz - oder Gerechtigkeit und einer idealisierten Moralvorstellung - und damit auf sehr dünnes Eis.
In der aktuellen Kriminalliteratur sind die Hauptfiguren, meist die Ermittler, persönlich involviert. Vielleicht aus Rache, oder der Täter sieht im Ermittler einen intellektuellen Duellanten - mit der Realität haben diese schicksalhaften Begegnungen sicher wenig zu tun. Aber darum geht es ja auch nicht - der Leser will unterhalten werden.
Mit dem vorliegenden Band „Blutstunde“ beschreiten die beiden Protagonisten Alexander Blix und Emma Ramm völlig neue Wege. Ein Polizist und eine Journalistin, die gemeinsam als Duo unkonventionell und originell ermitteln - diese Idee ist im Grunde nicht neu - aber die beiden Autoren waren bzw. sind durch ihre Berufe als leitender Kriminalbeamter und Journalist positiv vorbelastet. Ihre beiden Erfahrungen spiegeln sich einfach authentisch in der Ermittlungsarbeit und einer journalistischen Tätigkeit unbedingt wieder. Das mag in dieser Geschichte etwas weit hergeholt erscheinen. Nichtsdestotrotz gehört diese norwegische Krimiserie zu den interessantesten, die in den letzten Jahren erschienen sind.
„Blutstunde“ knüpft direkt an die Ereignisse des vierten Bandes an. Daher ist bereits an dieser Stelle eine Empfehlung zur chronologischen Lektüre der Reihe auszusprechen, da sonst das Verständnis für manche Entwicklungen und Motivationen der Protagonisten nicht möglich ist.
Zwei Monate sind vergangen, seit Alexander Blix vom Vorwurf des vorsätzlichen Mordes freigesprochen wurde. Doch sein Leben liegt in Trümmern: Er kann nie wieder als Polizist arbeiten und fühlt sich, als würde ihn jemand auf Schritt und Tritt verfolgen. Dann wendet sich Blix' dementer Vater an ihn, weil dieser glaubt, jemand versuche, ihn zu vergiften. Aber Blix, der keinen Kontakt zu seinem Vater haben will, weigert sich, die Ermittlung aufzunehmen, zumal die Polizei Oslo ihn immer noch für einen Mörder hält. Zum Glück steht Emma Ramm fest an seiner Seite – und zusammen schließen die beiden einen Cold Case, der nicht nur Blix' Familie betrifft, sondern die dunkelsten Seiten eines Verbrechers hervorbringt. (Verlagsinfo)
Zurück auf „Null“ - eine völlige Neuorientierung, die dem ehemaligen Kriminalbeamten Blix, der ein erfolgreicher Ermittler, aber auch ein schwieriger Mensch war, alles abverlangt. Auch sein Privatleben liegt nach dem Tod seiner Tochter in Trümmern. Seine Vergangenheit und Familiengeschichte wird hier authentisch und emotional erzählt, ohne ins Klischeehafte abzugleiten.
Obwohl es sich um den fünften Band dieser großartigen Reihe handelt, wird der sechste Band einen Neuanfang darstellen. Eine private/berufliche Mini-Revolution der beiden Charaktere - die zwar beruflich mehr oder weniger gezwungenermaßen einen Schritt zurück machen - aber nur um kurz darauf festzustellen - dass sie eigentlich zwei Schritte nach vorne gemacht haben.
Die privaten Herausforderungen, die hier beschrieben werden, sind zwar nice to know, sollten aber in einem eventuellen Nachfolgeband keine Rolle spielen.
Fazit
Der skandinavische Krimi ist vielfältig, insgesamt auch gut - aber diese Reihe ist eine Perle in diesem umkämpften, aber spannenden Genre. Ein großes Lob gebührt dem Autorenduo, das uns in eine sehr originelle Krimiwelt eintauchen lässt.
Michael Sterzik
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