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Donnerstag, 23. Dezember 2021

In ewiger Freundschaft - Nele Neuhaus


Freundschaft – neben der Liebe ist diese für uns überlebenswichtig, denn sie bindet uns auf sehr positiv an Menschen, denen wir vertrauen, für die wir (fast) alles tun würden. Loyalität und eine vertrauliche Atmosphäre fordern wir ein und wird natürlich auch von uns selbst eingefordert. Unerschütterlich geben wir uns, und können doch auch brutal enttäuscht werden, wenn wir merken, dass die Grundfesten der Freundschaft instabil sind. Verrat – die andere Seite, die dunkle der Medaille Freundschaft.

Um eine Freundschaft – genau darum handelt der 10 Band der Krimi-Reihe „Bodenstein-Kirchhoff. Seit 2006 und 2007 die ersten beiden Bände erschienen sind, ist viel geschehen. Nele Neuhaus lässt ihre Protagonisten wie eine Familie wirken. Auch hier entstehen „Freundschaften“ – allerdings auf einer anderen, eher beruflichen Basis. Gerade wegen dieser Beziehungsebenen gelingt es der Reihe eine authentische Atmosphäre zu schaffen. Die beiden Kommissare Oliver von Bodenstein und Pia Sander sind überaus fein aufeinander abgestimmt. Ihr Revier ist der Taunus – eine bildgewaltige Wohlfühloase im Rhein-Main-Gebiet. Kontrastreiche Landschaftsformen, eine kulturelle Vielfalt, die dazu einlädt, die vielen Städte und Dörfer zu besuchen. Schon die alten Römer waren begeistert von den Thermal-und Mineralquellen, die man ebenfalls vorfindet.

Neben diesem malerischen Ambiente sind die Romane allesamt spannend erzählt und beinhalten immer wieder aktuelle zeitgenössische Themen. Selbst das Privatleben der beiden Ermittler ist auf einem spannenden Niveau und lässt auch zu, dass beide Fehler machen, überreagieren und so hin und her menscheln, dass man sie gleich sympathisch findet.

In dem vorliegenden Band lässt Nele Neuhaus uns einen Blick in die komplexe Verlagswelt werfen. Dass damit natürlich Nele Neuhaus einen entsprechenden Heimvorteil hat, liegt auf der Hand – schließlich ist das ja genau ihr eigener Tatort.

Eine Frau wird vermisst. Im Obergeschoss ihres Hauses in Bad Soden findet die Polizei den dementen Vater, verwirrt und dehydriert. Und in der Küche Spuren eines Blutbads. Die Ermittlungen führen Pia Sander und Oliver von Bodenstein zum renommierten Frankfurter Literaturverlag Winterscheid, wo die Vermisste Programmleiterin war. Ihr wurde nach über dreißig Jahren gekündigt, woraufhin sie einen ihrer Autoren wegen Plagiats ans Messer lieferte – ein Skandal und vielleicht ein Mordmotiv? Als die Leiche der Frau gefunden wird und ein weiterer Mord geschieht, stoßen Pia und Bodenstein auf ein gut gehütetes Geheimnis. Beide Opfer kannten es. Das war ihr Todesurteil. Wer muss als nächstes sterben?  Pia und Bodenstein jagen einen Täter, der ihnen immer einen Schritt voraus zu sein scheint ...(Verlagsinfo)

„In ewiger Freundschaft“ ist mit Sicherheit einer der stärksten Bände der Reihe. Was anfänglich wie eine Flucht, oder ein Vermisstenfall wirkt, wird im schnellen Tempo eine rotierende Eskalationsspirale. Die Dynastie dieses Verlagshauses tragen eine dunkle Vergangenheit huckepack. Das ist auch nicht überraschend – vielmehr werden dem Leser im weiteren Verlauf der Geschichte viele Ereignisse, Situationen und Verbindungen über den Weg laufen, die eine perfekte Dramaturgie bilden.

Sehr fein und detailliert beschrieben ist auch die Ermittlungsarbeit, obwohl ich hier die zwischenmenschlichen Spannungen, die sich ergeben, wenn man eben nicht immer eine Meinung ist, kritisiere. Mir ging das alles viel zu leicht – eingespieltes Team, hin oder her.

Der Humor kommt auch nicht zu kurz, dafür sorgt der Ex-Mann und Rechtsmediziner, der im besagten Verlag seine Kriminalromane veröffentlicht. Raten Sie mal, welche Personen er sich als Vorbild nimmt? Großartig! Nicht jeder ist mit seiner literarischen Alten-Ego-Biographie zufrieden.

Die privaten Minenfelder von Bodenstein, die an mancher Stelle einfach hochgehen, sind nicht nur authentisch, sondern auch spannend ausgemalt. Man darf gespannt sein, wie sich das Privatleben des bodenständigen Bodensteins entwickelt. Vielleicht „Zurück in die Zukunft“.

Die Auflösung des Kriminalfalls verwundert dann doch am Ende und ist so total genial konzipiert. Der Epilog ist sensibel und fast schon als Familienfeier zu bezeichnen, wenn sich Fakten und Fiktion miteinander vermengen.

Fazit

So muss ein Krimi sein – genauso abwechslungsreich, tiefgründig, überraschend und originell. Ein Buch, das wieder mal zeigt, dass Nele Neuhaus ihre Tatorte literarisch und spannend erzählen kann. Perfekt

Michael Sterzik

 

 

Samstag, 1. Dezember 2018

Muttertag - Nele Neuhaus

Wenn aus Opfern Täter werden – was ist in der Vergangenheit passiert, oder gibt es für das „Böse“ keine plausible Erklärung? Können wir Verbrechen: Morde, Folter, psychische Misshandlungen damit entschuldigen, dass in der Kindheit des Täters irreparable, psychische Traumata stattgefunden haben müssen!? 

Profiler der Landes- und Bundeskriminalämter, sowie Psychologen bestätigen, dass hier der Grundstein für spätere Verbrechen gelegt wird, dass Fundament könnte dann eine ganze Reihe von Serienmorden bilden. Leider bestätigt es sich, dass Gewalttäter, die in Serie morden, in ihrer frühen Kindheit und Jugend selbst Opfer gewesen sind. Nicht die Ausnahme – vielmehr leider eine traurig bestätigte Regel. Tierquälerei, Mobbing usw. eine gewisse Aggressivität die latent, vielleicht auch erste Jahre später bei einem gewissen Ereignis ausbricht. Schon in Kindheitstagen werden wir geprägt – durch unsere Eltern, Geschwister, Verwandte, Freunde ...usw. wir können dies nicht abstreiten. Gewisse Rituale und selbst Eigenschaften scheinen in unserem Betriebssystem – unserer DNA fest installiert zu sein. Ganz einfache Erklärung, oder eine Entschuldigung, den Toten ist es egal?! Die Überlebenden, selbst die Angehörigen, oder die Polizeibeamten, die Ärzte und Psychologen berühren diese Schicksale – es gibt keinen psychologischen Panzer der das alles aushalten, kann. Egal ob es sich um einen Haarriss handelt, oder einen Krater in diesem Panzer – das Grauen, dass Böse findet seinen Weg. Nur wir entscheiden dann selbst – ob wir uns helfen lassen. 

Der neueste Krimi der erfolgreichen Bestsellerautorin Nele Neuhaus – Muttertag – erschienen im Ullstein Verlag, behandelt diese Thematik. Der neunte Band um die Ermittler Bodenstein/Sander ist vorab gesagt, ein hochklassiger Pageturner. 

Das besondere an diesem Titel ist, dass es faktisch keine Nebengeschichten gibt. „Muttertag“ besteht aus einer primären Haupthandlung. Selbst im Ensemble der Figuren, gibt es auch hier keine wirklich gesetzten Nebenfiguren. Die Bühne ist bereit, der Vorhang geht auf – dramatische Musik und schon geht es los mit einer ganzen Reihe von Opfern, die zufällig gefunden werden!? 

Nele Neuhaus überlässt hier nichts dem Zufall?! Ja, dass Leben schreibt bekanntlich die besten Geschichten, auch wenn man sie eigentlich gar nicht begreifen kann, oder kopfschüttelnd denkt, dass das nicht wahr sein kann!? Eine Leiche, die aufgefunden wird, ein halbverhungerter, dehydrierter Hund, in einem abgeschlossen Zwinger, und neben ihm menschliche Knochen. Bis dahin – alles gut – aber das Grundstück und die Gebäude waren einst ein Waisenhaus, die Frau des Toten verschwunden, man vermutet Selbstmord und die ehemaligen Kinder dieser Einrichtung – nur mehr oder minder Erfolgreich als Erwachsene, bedürfen einer ganzen Armee von psychologische Behandlungen, Taschentüchern und einer gemütlichen Sitzgelegenheit, ggf. auch mal die Sicherheitsverwahrung. Alles Opfer? Alles Täter?  Alle Unschuldig? 

Muttertag ist hochklassig spannend – eine Atmosphäre, die einen einschließt und den Schlüssel wegwirft. Stil, Ausdruck und Sprache – Dialoge, Szenen, Charakterisierung vom allerfeinsten. Ach ja – Faktor realistische Handlung – Ein sattes „NEIN“ – Die erfahrenen Kommissare haben Verstärkung erhalten: Kommissar Zufall ist Mitglied dieser Sonderkommission. Und es wird noch besser: Kommissar Zufall ist zufällig mit den ermittelnden Kriminalbeamten verwandt – Erklärung: Nein, nicht eine Person, sondern gleich mehrere sind involviert!? Natürlich ist das alles nur ein Zufall...


Abgesehen von dieser absurden, nicht authentischen Handlung, ist diese absolut spannend. Ein Blockbusterkrimi – einer der besten Werke der Autorin.

Gehen wir mal zurück zum Realismus: Meisterlich erzählt, sind die Ermittlungsfortschritte der Kriminalbeamten und die Perspektive einer Berühmtheit im Fachbereich: Verhaltensweisen eines Serienmörders – die den Beamten das Universum eines psychopathischen Serienmörders nahebringen will, außerordentlich spannend. Das sind dann wieder diese großartigen Momente in „Muttertag“ die überzeugen. 

Großartig in Szene gesetzt wurden auch gleich die Verdächtigten, die sich dann in einer A- und B-Mannschaft aufteilen, nebst einer alten Liga von Menschen, denen das Schicksal anderer Menschen kalt lässt, und die teilnahmslos danebenstehen, in dem Wissen: Hey, dass geht eigentlich gar nicht – aber die Profilneurose setzt sich dann leider doch durch. 

Die Hauptprotagonisten, die wie gewohnt auf dem Siegertreppchen stehen, sind Oliver von Bodenstein und seine Kollegin Pia Sander. Sehr gefallen und außerordentlich stark ist die Figur der Frau Dr. Nicola Engel – Kriminaldirektion. Eine Figur, deren Präsenz stark und interessant ist und hoffentlich in den nächsten Bänden mehr Raum einnehmen müsste. 

Fazit

„Muttertag“ ist einer der persönlichen, literarischen Oscar-Anwärter der Autorin Nele Neuhaus. Brillante Spannung – die einen darüber nachdenken lässt, das anberaumte Familienfest ausfallen zu lassen. Ein Pageturner – der auch nachhaltig ist – Schuld und Unschuld – eine Grauzone die einen Parkstrich gleicht. Regt an, einmal nachzudenken, dass wegschauen, oder das Ignorieren eine Straftat ist. Diese kann auch einen lebenslang begleiten.

Michael Sterzik