Ein Freiheitskampf ist unberechenbar - die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen. Alle Motive und Ideale können eine gewisse Eigendynamik entwickeln, denn wenn man über Macht und Einfluss verfügt, kann das auch verführerisch sein. Es entsteht eine Radikalität, die alles in einem gewissen Umkreis völlig zerstören kann - unabhängig von den Zielen, für die man vorher eingetreten ist.
So entstehen Bürgerkriege - und es ist vielleicht der schlimmste Krieg, wenn Brüder gezwungen werden, gegen andere Brüder zu den Waffen zu greifen.
Anthony Ryan nimmt diese Thematik in seinem abschließenden Roman der Reihe: Der stählerne Bund: „Der Verräter“ auf.
Es war eine lange Reise für Alwyn Scribe. Als Bastard geboren und als Geächteter aufgewachsen, ist er jetzt ein Ritter und der engste Berater von Lady Evadine Courlain. Gemeinsam haben sie unzählige Schlachten gewonnen und dazu beigetragen, Ordnung in ein zerrüttetes Königreich zu bringen.
Evadine Courlain ist schon längst nicht mehr die Frau, die Alwyn einst kannte und für die er durchs Feuer gegangen wäre. Als puritanische Wut zunehmend ihren wohlwollenden Glauben ersetzt, beginnt Alwyn sich zu fragen, was ihre wahren Motive sind und ob er diesen eigentlich noch dienen will. Während sich das Königreich also für eine letzte Schlacht rüstet, kämpft Alwyns Gewissen seinen eigenen Krieg – mit seinem Herzen. Jetzt muss er sich final entscheiden, auf wessen Seite er wirklich steht.(Verlagsinfo)
Die Grenzen fallen - die Grenzen zwischen einem „gerechten Krieg“, einer Prophezeiung, dem uralten Kampf zwischen dem elementar Guten und dem radikal Bösen, zwischen Freundschaft und verhängnisvoller Liebe. Im letzten Band konzentriert sich der Autor auf die Figuren, die sich ihrer Taten bewusst werden. Und so ein Aufschrei des eigenen Gewissens kann ein Echo erzeugen, das sich wie ein Tsunami ausbreitet.
Kriege entstehen oft aus politischen und religiösen Motiven und verschwinden später hinter den Kulissen, weit weg von dem, wofür man gekämpft hat. Die Unschuld ist oft eines der ersten Opfer.
Alywin Sribes Karriere und sein Schicksal lagen nie wirklich in seiner Hand. Wie eine Marionette, wie eine Schachfigur wurde er manipuliert und mal hierhin, mal dorthin geschoben. Und obwohl er ahnte und später wusste, dass sich die Eskalationsspirale drehte, konnte er sein eigenes Handeln nicht stoppen. Seine Perspektive zieht sich erzählerisch durch das ganze Buch - das ist manchmal etwas schade, denn es wäre von Vorteil gewesen, auch in die Gefühlswelt der anderen Hauptpersonen einzudringen.
Anthony Ryan lässt leider in allen seinen Romanen das Ende der Trilogie erahnen, es sei denn, es geht weiter - und das kann es durchaus.
Interessant ist, wie Ryan uns eine Welt zeigt, in der vor allem Religion und alte Prophezeiungen die Ursache für unsägliches Leid und Tod sind.
Anthony Ryan erzählt viel vom "Leben und Sterben" und auch in diesem Band endet das Leben für die eine oder andere Figur, was der Geschichte eine unfassbare Realität verleiht.
Das Ende des Romans und der Reihe ist versöhnlich, nicht überraschend und der Autor nimmt sich die Freiheit, die Reihe fortzusetzen.
Fazit
Der Gesetzlose, der zum Ritter und Verräter wurde. Eine Serie, die zu den besten Fantasy-Veröffentlichungen der letzten Jahre gehört.
Michael Sterzik