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Sonntag, 20. April 2025

Der Verräter - Anthony Ryan


Ein Freiheitskampf ist unberechenbar - die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen. Alle Motive und Ideale können eine gewisse Eigendynamik entwickeln, denn wenn man über Macht und Einfluss verfügt, kann das auch verführerisch sein. Es entsteht eine Radikalität, die alles in einem gewissen Umkreis völlig zerstören kann - unabhängig von den Zielen, für die man vorher eingetreten ist. 

So entstehen Bürgerkriege - und es ist vielleicht der schlimmste Krieg, wenn Brüder gezwungen werden, gegen andere Brüder zu den Waffen zu greifen.

Anthony Ryan nimmt diese Thematik in seinem abschließenden Roman der Reihe: Der stählerne Bund: „Der Verräter“ auf. 

Es war eine lange Reise für Alwyn Scribe. Als Bastard geboren und als Geächteter aufgewachsen, ist er jetzt ein Ritter und der engste Berater von Lady Evadine Courlain. Gemeinsam haben sie unzählige Schlachten gewonnen und dazu beigetragen, Ordnung in ein zerrüttetes Königreich zu bringen.

Evadine Courlain ist schon längst nicht mehr die Frau, die Alwyn einst kannte und für die er durchs Feuer gegangen wäre. Als puritanische Wut zunehmend ihren wohlwollenden Glauben ersetzt, beginnt Alwyn sich zu fragen, was ihre wahren Motive sind und ob er diesen eigentlich noch dienen will. Während sich das Königreich also für eine letzte Schlacht rüstet, kämpft Alwyns Gewissen seinen eigenen Krieg – mit seinem Herzen. Jetzt muss er sich final entscheiden, auf wessen Seite er wirklich steht.(Verlagsinfo) 

Die Grenzen fallen - die Grenzen zwischen einem „gerechten Krieg“, einer Prophezeiung, dem uralten Kampf zwischen dem elementar Guten und dem radikal Bösen, zwischen Freundschaft und verhängnisvoller Liebe. Im letzten Band konzentriert sich der Autor auf die Figuren, die sich ihrer Taten bewusst werden. Und so ein Aufschrei des eigenen Gewissens kann ein Echo erzeugen, das sich wie ein Tsunami ausbreitet. 

Kriege entstehen oft aus politischen und religiösen Motiven und verschwinden später hinter den Kulissen, weit weg von dem, wofür man gekämpft hat. Die Unschuld ist oft eines der ersten Opfer. 

Alywin Sribes Karriere und sein Schicksal lagen nie wirklich in seiner Hand. Wie eine Marionette, wie eine Schachfigur wurde er manipuliert und mal hierhin, mal dorthin geschoben. Und obwohl er ahnte und später wusste, dass sich die Eskalationsspirale drehte, konnte er sein eigenes Handeln nicht stoppen. Seine Perspektive zieht sich erzählerisch durch das ganze Buch - das ist manchmal etwas schade, denn es wäre von Vorteil gewesen, auch in die Gefühlswelt der anderen Hauptpersonen einzudringen.

Anthony Ryan lässt leider in allen seinen Romanen das Ende der Trilogie erahnen, es sei denn, es geht weiter - und das kann es durchaus. 

Interessant ist, wie Ryan uns eine Welt zeigt, in der vor allem Religion und alte Prophezeiungen die Ursache für unsägliches Leid und Tod sind. 

Anthony Ryan erzählt viel vom "Leben und Sterben" und auch in diesem Band endet das Leben für die eine oder andere Figur, was der Geschichte eine unfassbare Realität verleiht. 

Das Ende des Romans und der Reihe ist versöhnlich, nicht überraschend und der Autor nimmt sich die Freiheit, die Reihe fortzusetzen.

Fazit

Der Gesetzlose, der zum Ritter und Verräter wurde. Eine Serie, die zu den besten Fantasy-Veröffentlichungen der letzten Jahre gehört.

Michael Sterzik

Samstag, 15. April 2023

Der Paria - Der stählerne Bund von Anthony Ryan


Es sind doch die Schurken, die Diebe, die dunklen Gestalten, die uns manchmal mehr faszinieren, als die, sagen wir es ruhig, weichgekochten Helden, die keine Verschmutzung auf ihrer weißen Weste dulden. Die Antihelden und Grenzgänger in der Literatur sind interessant, gerade weil sie oftmals tiefgründig, und vom Leben enttäuscht und desillusioniert sind. Meistens sind es keine extrovertierten Menschen, sie sind still, ruhig, verschlagen und hochintelligent, sie besitzen feine mediale Antennen und bezeichnen sich selbst als Einzelgänger. Sie sind die Ausgestoßenen – nicht weil sie es müssen – sondern weil es ihr eigener Wunsch, vielleicht auch ihre Bestimmung ist. Ihr moralischer Kompass bewegt sich zwischen Gut und Böse, ohne auf eine Seite zu tendieren. Ihr Verständnis für Gerechtigkeit, für Moral und Ethik ist vielleicht der Wahrheit näher als vermutet.

Diese Figuren findet man in jedem Genre der Belletristik natürlich in abgewandelter individueller Form, aber die typische Charakteristik ist wie ein traditionelles Rezept.

Anthony Ryan hat in seinem vorliegenden Titel: „Der Paria – der stählerne Bund“ seiner Hauptfigur Alwyn, die Rolle eines gesetzlosen Ausgestoßenen förmlich auf den Leib geschrieben.

Ein Verrat trifft den Gesetzlosen Alwyn wie ein Blitz und führt auf einen Pfad voller Blut und Rache. Es dauert nicht lange, da findet er sich als Gefangener und Arbeiter in den Erzminen wieder, wo er unter den verwahrlosten Gefangenen Sihlda kennenlernt, eine Frau,die für diesen Ort seltsam gelehrt ist. Sie bringt Alwyn das Lesen und Schreiben bei. Und dann begegnet er auch noch Evadine, einer Frau, die aus ganz anderem Holz geschnitzt ist und an deren Seite er in den Kampf gegen dunkle Mächte ziehen wird. Beides wird ihn und womöglich das ganze Reich von Albermaine für immer verändern. (Verlagsinfo)

„Der Paria“ ist der Auftakt einer neuen Reihe von Anthony Ryan. Ein Fantasy-Roman, der inhaltlich ohne viel „Magie“ und anmutenden, klassischen unmenschlichen Figuren auskommt. Ebenso könnte die Story sich auch im Mittelalter wiederfinden.

Das Setting, die Ortschaften und Regionen – die verschiedenen Fraktionen, all das weist Parallelen zu historischen und uns bekannten Länder und Städten hin. Selbst die kulturellen und religiösen erdachten Erklärungen, könnte man in unserer, realen Welt adaptieren. Eigentlich alles, selbst das wenige, was an „Magie“ seinen Auftritt hat, könnte man als eine alternative, naturelle Medizin bezeichnen.

Es ist eine teilweise dreckige und natürlich ungerechte Welt, die Anthony Ryan hier erschaffen hat. Bürgerkriegsähnliche Konfrontationen – Machtansprüche verschiedener Herrscher, andere Völker und Kontinente – auch all das stellt eine Verwandtschaft zu unserer realen Welt dar.

Also nichts Spektakuläres, oder – aber man täuscht sich schnell. Die eigentliche Faszination zeichnet sich über die hervorragende Aufstellung und Beschreibung der Charaktere. Allen voran natürlich „Der Paria“ selbst – Alwyn ein zu Beginn jugendlicher Dieb und Räuber, der auch tötet, wenn es sein muss. Zwischen anderen Gesetzlosen aufwachsend, ist er einer der wenigen, die anders sind, die sich innerhalb dieser Gruppe distanzieren und ihren eigenen Weg gehen.

Damit konzentriert sich die Handlung überwiegend nicht auf die Schlachten, die später auch stattfinden, als unser „Paria“ gezwungenermaßen den Karriereweg eines Soldaten gehen muss. Die Story fokussiert sich auf das Schicksal verschiedener Figuren, die ihre Welt maßgeblich beeinflussen.

Nach und nach stellt der Autor seine Figuren zu einem stählernen Bund auf. Ein „Paria“ – ein Ausgestoßener, eine Diebin, ein einfaches versehrtes Mädchen, ein ehemaliger Adeliger und Ritter, der desillusioniert seinen eigenen Weg sucht, ein pflichtbewusster Soldat. Also insgesamt sind dies alles Charaktere mit verschiedenen Talenten, die als „Gemeinschaft“ vieles bewirken können.

Sie alle stellen als Symbol interpretiert, das wirklich „Gute“ dar, die Menschen, die im Schatten stehen, die immer ruhelos nach irgendwas suchen, die sich beklagend unter Einsatz ihres Lebens anderen helfen. Das ist, das eigentlich faszinierende an diesem sehr spannenden und tiefgründigen Roman.

Es gibt genug Actionszenen, doch als Auftakt ist dieser Roman eher ruhig, mit doch sehr spannenden Sequenzen. Sehr interessant sind die Dialoge der Figuren untereinander, das Abwägen zwischen den Entscheidungen, die diese entweder entzweien, oder noch näher zusammenbringen können. Gerade letzteres stellt für diese Schattengestalten einen inneren Konflikt dar.

„Der Paria“ ist damit ein sehr, sehr spannender und tiefgründiger Roman mit noch besseren Figuren. Der nachfolgende Band wird viele offene Fragen und die Schicksale dieser Figuren bestimmen. Es werden neue Gemeinschaften entstehen, und es werden wahrscheinlich auch Opfer gebracht werden müssen.

Die Handlung ist spannend, sie ist manchmal als brutal zu bezeichnen, wirkt aber nicht übertrieben. Die erzählerische Perspektive wird aus der Sicht von Alwyn beschrieben. Das Einzige, was mich wirklich sehr gestört hat, dass der Autor das Schicksal einzelner Nebenfiguren schon prophetisch erzählt.

Fazit

Ein Meisterwerk von Anthony Ryan. Unterhaltsame Spannung mit Figuren, die eine nachhaltige Atmosphäre bilden, denen man sich nicht entziehen kann. Ein großartiger Titel, den man lesen muss.

Michael Sterzik