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Samstag, 30. November 2024

Zeit des Terrors - Christian von Ditfurth


1938 in Deutschland. Der Führer herrscht rücksichtslos über Deutschland. Der Staat funktioniert nach seinem Willen und dem seiner verbrecherischen Gefolgsleute. Die Kriegsgefahr wächst, daran ändern auch die Gespräche mit England und anderen potentiellen Nachbarn nichts. Das Trauma des Ersten Weltkrieges wird nur ein Jahr später die Welt in Flammen setzen. Es ist eine Zeit, in der in der deutschen Bevölkerung Moral und Menschlichkeit gegen willkürliche Brutalität gegenüber sozialen Randgruppen und Gegnern der Nationalsozialisten eingetauscht werden. Diese skrupellose Gewalt und der Hass gegen die jüdische Bevölkerung nehmen zu. Andere „Untermenschen“, die dem Regime im Wege stehen, werden von nun an systematisch vernichtet - Homosexuelle, psychisch Kranke und auch körperlich Behinderte haben keinen Platz mehr im Traum eines verbrecherischen Regimes, das die Welt beherrschen will. 

Österreich wird auf Befehl des Führers annektiert. Das Sudetenland, die Tschechoslowakei, wird folgen. Die Manipulation der Medien wird viel dazu beitragen, die Wahrheit zu verschleiern.

Christian von Ditfurth verarbeitet diese Themen in seinem neuesten Roman um den Berliner Kommissar Karl Raben - Zeit des Terrors. 

Berlin, 1938. Die Beraubung der Juden erreicht ihren Höhepunkt, die Synagogen brennen. Die Angst ist überall. Der Berliner Kommissar Karl Raben fürchtet, dass alles auffliegt - seine Hilfe für Verfolgte, seine Sabotage von Heydrichs Befehlen, seine Ermittlungen in eigener Sache: Er will den dritten Mörder des Redakteurs Kurt Esser stellen. Zwei SA-Täter hat er schon bestraft. Gerade als die Verzweiflung ihn ergreift, stolpert er über einen Raubüberfall in der Friedrichstraße. Das Opfer ist ein Juwelier, ein Jude, dem Raben erst kürzlich die Flucht in die Schweiz ermöglicht hatte. Als weitere jüdische Juweliere überfallen werden, übernimmt Raben mit seinem Kollegen Georg Lichtigkeit die Ermittlungen. Sie stoßen auf eine Nazi-Verschwörung, und wieder muss sich Raben mit Mächtigen anlegen. Mittendrin schickt Heydrich seine Spürnase in die Tschechoslowakei, um deren Befestigungsanlagen an der Grenze auszuspionieren. Hitler ist entschlossen, seinen Krieg zu führen. Jetzt oder nie. (Verlagsinfo) 

Die SA wird bewusst eingesetzt, um die jüdischen Geschäftsleute in Angst und Schrecken zu versetzen. Entweder erzwingt man die Ausreise unter Beschlagnahme aller Werte und Geldmittel, oder die physische und psychische Gewalt eskaliert unkontrolliert, ein „jüdisches“ Menschenleben hat keinen Wert mehr. 

Karl Raben, seit der Verhinderung eines vermeintlichen Attentats ein Günstling Heydrichs, kann die Augen vor den Verbrechen nicht verschließen. Er wird persönlich Zeuge eines Überfalls auf einen jüdischen Juwelier. Raffiniert zieht er seine Fäden, um weitere Verbrecher, die sich hinter den Uniformen von SA und SS verstecken, auszuschalten. Darüber hinaus empfiehlt sich Karl Raben für weitere Aufträge, wobei es ihm zunehmend unangenehm wird, als Held des Volkes, als der Beamte, der den Führer gerettet hat, wahrgenommen zu werden.

Heydrich schickt Raben als Spion nach Österreich und wenig später nach Tschechien. Dabei gerät er zwischen die Fronten der Geheimdienste, ein gefährliches Spiel, das ihn privat und beruflich an seine Grenzen bringt. Eigentlich will er die Nazis sabotieren, wo er nur kann. Doch mit einer „jüdischen“ Frau, die einen gefälschten arischen Pass besitzt, begibt er sich in ein emotionales Minenfeld, in dem jeder Schritt mit dem Tod enden kann. 

Der Autor Christian von Ditfurth beschreibt die Atmosphäre am Vorabend des nächsten Weltkrieges absolut spannend. Realistisch zeigt er uns, wie es sein muss, als Mensch in einem totalitären Überwachungsstaat zu leben. Die Wahrheit wird unterdrückt, die Lüge überlagert und verdrängt das Gewissen. Die Bevölkerung vertraut dem Führer und die allgegenwärtige Kriegsgefahr bestimmt die Zukunft. Regimegegner landen in den Folterkellern der Gestapo oder wenig später im Konzentrationslager.

Karl Raben, sein Kollege und Freund Leichtigkeit und seine Familie stehen für die Insellösung in einer fast fanatischen Umgebung. Die Wohnung ist der einzige Ort, an dem man offen und kritisch über die Verhältnisse sprechen kann - verlässt man sie, ist man unter Volksgenossen und muss sich der Rolle anpassen. Das fällt schwer, denn Ungerechtigkeit und Verbrechen lauern sprichwörtlich an jeder Ecke. 

Der Autor hält uns diese Verbrechen immer vor Augen und konfrontiert uns mit unseren eigenen Überlegungen, wie wir reagiert hätten.

Der Titel „Zeit des Terrors“ zeigt uns fanatische Faschisten, offensichtliche Verbrechen und eine Bevölkerung, die sich gegenseitig bespitzelt, um dem Regime zu gefallen. Wir können uns nicht vorstellen, wie das damals gewesen sein muss. Christian von Ditfurth ist ein Historiker, der sein Wissen als Autor brillant verbindet. 

„Zeit des Terrors“ spielt sehr intensiv mit unseren Emotionen. Nicht nur, dass man sich oft fragt, wie man selbst gehandelt hätte, das Grauen der Szenen bleibt auch im Kopf des Lesers haften. 

Fazit

Ein wichtiger Roman, der uns in eine Zeit katapultiert, die wir heute nicht mehr haben wollen. Hochspannende Literatur, die unseren moralischen Kompass neu justiert. Unbedingt lesen.

Michael Sterzik