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Donnerstag, 14. Juli 2022

Verdunkelung - Simon Scarrow


Im dritten Reich durfte es keine Verbrechen geben, und wenn, dann waren die Täter der jüdischen Bevölkerung zuzuordnen. Extreme Gewaltverbrechen wie Mord, Vergewaltigung, schwerer Raub usw. kamen zwar vor, wurden aber von der staatlichen Propaganda instrumentalisiert. Straftäter wurden zum Tode verurteilt und wenn der Täter ein parteitreues Mitglied der NSDAP war, wurde dies unter den Teppich gekehrt. Der Schein einer perfekten Gesellschaft musste gewahrt werden und bleiben. Der Verwaltungsapparat der Nationalsozialisten funktionierte unter Zuwendung von Drohungen und Gewalt. Auch hier zeigte sich das totalitäre System.

Kritik an den Führer, oder negative Äußerungen zur Politik und sowieso zur Partei konnten schnell zu einem Todesfall führen. Wer nicht für „Deutschland“ war – war automatisch ein Staatsfeind. Die Nazis regierten mit einer unerbittlichen Atmosphäre der Angst und Einschüchterungen, der Manipulation und setzte regimetreue Figuren an Schlüsselpositionen, um jeglicher Kritik im Keim zu ersticken – mit allen Mitteln. Sie nahmen es mit der Staatsgewalt sehr genau.

Ab wann der einzelne Mensch ein „einfacher“ Mitläufer, oder wann und wie wurde er zum Mitwisser, und dann ggf. zu einem Täter?! Die Geschichtsbücher und Chroniken sind voll von diesen Beispielen. Nach dem Krieg verdrängten die Menschen ihre Taten, ignorierten Fragen zu ihrer Vergangenheit, gaben vor nichts von alledem gewusst zu haben.

Der britische Autor Simon Scarrow, der auch als Dozent für Geschichte tätig war, hat einen historischen Kriminalroman verfasst: „Verdunklung“ – erschienen im Verlag Piper.

Berlin im Winter 1939. Der Zweite Weltkrieg hat begonnen. Immer weiter schränkt das Nazi-Regime die Freiheit der Bevölkerung ein. Doch in der Hauptstadt wird der sich ankündigende Schrecken der Kriegsjahre von einer tiefgreifenden Angst überschattet. In den kalten Stunden der Verdunkelung, die die diktatorische Regierung zum Schutz gegen Fliegerangriffe ausspricht, zieht ein brutaler Mörder durch die Metropole. Als die Leiche einer jungen Frau gefunden wird, gerät Kriminalinspektor Horst Schenke unter erbarmungslosen Druck. Seine Weigerung, in die Nazipartei einzutreten, bringt ihn in große Gefahr – und als eine zweite Frau ermordet wird, entdeckt Schenke eine Spur, die bis ins Zentrum der Macht führt. Seine Stunden scheinen gezählt ...(Verlagsinfo)

„Verdunklung“ ist extrem gut erzählt. Der Autor konzentriert sich nicht ausschließlich auf den Kriminalfall, sondern spaltet seine spannende Story in einzelne Fragmente, die sich spannungsreich die Hand geben. Ein Handlungsstrang ist der Ermittler Horst Schenke selbst – der nicht der NSDAP angehört und sich nicht der SS angeschlossen hat. In der Kritik und unter Beobachtung seiner Vorgesetzten weiß er, dass er sich entscheiden muss, um nicht unter die Räder des verbrecherischen Systems zu kommen. Trotzdem wäre er gerne als Offizier im Fronteinsatz. Also eine ambivalente Figur, die nicht eindimensional daherkommt.

Ein weiterer Hauptbestandteil ist die Politik selbst. Der Krieg gegen Polen, die ersten Verluste an Soldaten, die ersten Witwen, die sich ggf. prostituieren müssen, das Handelsembargo, das ausländische Waren aus England und Frankreich nicht mehr über die Grenzen lässt. Die einfachen Menschen erleben noch lange nicht den totalen Krieg – aber sie ahnen ggf. schon was die nächsten Jahre an Opfer verlangen. Auch die feindselige Haltung gegenüber der jüdischen Bevölkerung wird in diesem Thema angerissen.

Unterhaltung hin oder her – hier gibt es viel mehr als nur eine spannende Story zu lesen, sondern uns wird ein sehr detaillierter Blick auf die Startphase des Zweiten Weltkrieges gegeben. Die gesellschaftliche und soziale Politik des dritten Reiches wird ebenso viel Raum gegeben wie den Blick in die Verwaltung, des Militärs und der Spionage. Die Botschaft ist allerdings sehr deutlich, die der Autor übermittelt – er gibt uns einen Einblick in einen Verbrecherstaat. Ein Blick hinter der Fassade, die Demaskierung eines Staates.

Die Geschichte wird ebenfalls aus der Perspektive des Täters erzählt, ohne dass erstmal Namen genannt werden. Das steigert die Spannung, auch wenn man bereits ahnen kann, wie sich die Geschichte weiterentwickelt. Trotzdem gibt es eine ganze Reihe von Überraschungen und Wendungen und wieder spielt das verbrecherische System hier tragende Rolle.

Apropos Rollen – die Rolle der Frau, wird hier auch in verschiedenen Szenen erzählt. Eine gefallene Schauspielerin, eine Jüdin, usw. auch diese Einzelschicksale sind grandios erzählt.

„Verdunklung“ ist hoffentlich der erste Band einer Reihe, denn die Figuren sind vielversprechend und tiefgründig aufgestellt. Und unsere Vergangenheit gehört noch immer zu unserer Gegenwart.

Fazit

„Verdunklung“ ist ein helles Licht im Genre historischer Kriminalroman. Tiefgründige Spannung, ambivalente Figuren und sowieso verzichtet man hier auf eine Schwarz/Weiß Interpretation. Ein wichtiger Roman, den ich sehr empfehle.

 

Michael Sterzik

 

Samstag, 1. Juni 2019

NSA - Andreas Eschbach


„Was wäre wenn...?“ oder „Was wäre passiert wenn es damals schon, dass .....gegeben hätte? Elementare Fragen – auf die wir keine Erklärung finden können, die Vergangenheit ist passiert, sie ist nicht wieder rückgängig zu machen – Die Würfel sind gefallen – Punkt – Fakt – Geschichte.

Andreas Eschbach muss sich diese Frage allerdings auch gestellt haben. Einfach mal ein Gedankenspiel – das Dritte Reich hätte in den Kriegsjahren und ggf. schon Jahre vorher die Vielzahl von multimedialen und technisierten Kommunikationsmöglichkeiten gehabt. Computer, Email, Internet, mobile Endgeräte...usw. Wäre der Krieg womöglich anders ausgegangen, wenn wir gegenüber den Alliierten diesen wesentlichen Vorteil gehabt hätten!?

In Andreas Eschbach vorliegenden Roman: „NSA“ (Nationales Sicherheits-Amt) ist dieses o.g. Gedankenspiel, die Grundlage für diesen Roman. Vorab sei zu sagen, es gibt beim Lesen dieses Titel ein Merkmal, dass man beachten muss. Wenn sich der Leser schon vorab mit der Thematik des Dritten Reiches, des Nationalsozialismus und dem 2.Weltkrieg befasst hat und sowieso schon weiß, welche technischen Überwachungsmöglichkeiten, die Geheimdienste der führenden Staaten einsetzen kann, für den wird der Roman nicht mehr wie unterhaltsam sein.

Nazis, die sowieso gezielte Propaganda einsetzen, die Medien zensieren, die Menschen überwachen, manipulieren und letztlich vernichten konnten – all das wissen wir schon. Die Eskalationsspirale hätte sich schneller gedreht, wenn diese Nationalisten instrumentalisiert alle Kommunikation in ihrer Monopolstellung eingesetzt hätten!? Ist dem so? Andreas Eschbach erzählt die Story in dem vorliegenden Band sehr eindimensional und nur aus der Perspektive des Deutschen Reiches um 1942. Die Menschen sind zumeist alle ausgestattet mit Handys und können aktiv und passiv von der NSA abgehört werden. Nebenbei natürlich geortet usw. Eine Welle von individuellen Daten der deutschen Bevölkerung, die analysiert werden um innere Feindseligkeiten und Kritiker des Systems auszuschalten.

Verbrecherisch in jedem Fall – aber ist das eine überraschende Botschaft?! Eine globale Überwachung unserer Kommunikationskanäle....oh Gott, welche brisantes Thema. Sorry – dass ist nicht „Neu“.

Die Protagonisten im Roman sind naiv, verbrecherisch, nicht weitsichtig genug und schlichtweg einfach zu dumm. Die Tiefe der Story lässt zu wünschen übrig, da die Perspektive nur sehr eindimensional ist und ganz ehrlich – unrealistisch.
Andreas Eschbach verbindet in seinem Titel viele Themen, Personengruppen und Situationen in einem Netz, die man schon kennt: Anne Frank, die Vernichtung der Juden, Stalingrad, die Weiße Rose u.a. Alle Themen werden mir einfach viel zu oberflächlich erzählt, inkl. den Protagonisten.

Wo hat der Autor die anderen Nationen ins Bild gerückt? So gut wie gar nicht – Das Deutsche Reich ist führend in der Welt – die anderen Staaten sind uns nicht gewachsen.....! Interessant wäre es gewesen, wenn wir schon über Globale Verhältnisse lesen und reden wollen – was hätten die anderen Nationen in dieser Situation gemacht!? Deutschland als großer, Global Player und die Alliierten laufen uns hinterher?!

„NSA“ von Anderas Eschbach ist wenn man die Zielgruppe erreichen möchte, ganz klar als „Jugendbuchroman“ anzusehen. Für den einen, oder anderen jungen Leser, der zwar auch ein Handy hat und damit kommuniziert, aber noch lange nicht weiß, was er da eigentlich in den Händen hält, vom Datenschutz einmal ganz abgesehen, mag der Roman interessant sein – für ältere Leser nur durchschnittlich gute Unterhaltung ohne wirklichen, nachhaltigen Mehrwert.

Interessanter wäre es vom Autor zu lesen, welche Einsatzmöglichkeiten, inklusiver hoch motivierte Krimineller Energie auf Staatsebene, vielleicht in einem totalitären System, gibt es denn nun wirklich. Was setzen Geheimdienste derzeit ein, welche Risikobereiche haben wir in einem Cyberkrieg? Was bedeutet das für die Menschen und ihre Infrastruktur? Unzählige Fragen die ich für mich selbst beantworten kann – aber über die eine Vielzahl von Leser gar nicht nachdenken möchte, oder will.

In dem Titel : „NSA“ gab es unglaublich viele Variationen die Geschichte wirklich interessant und spannend zu gestalten, stattdessen fokussiert man sich auf blasse Protagonisten deren Schicksal nicht nahegeht. Auch hier pure Eindimensionalität.

Fazit

„NSA“ von Andreas Eschbach ist ein netter Unterhaltungsroman für eine nette naive Zielgruppe von Lesern, die es noch nicht verstehen, dass die Welt an den Ränderns des Displays ihrer Handys etwas größer ausfällt als gedacht.

Spannung nicht wirklich – Nachhaltige Botschaften ? Nichts neues....
Chancen verpasst – ein Titel der mich persönlich enttäuscht hat und den ich nicht empfehlen kann.

Michael Sterzik