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Dienstag, 14. Februar 2023

Buchtipp: Früher war mehr Verbrechen - Nina Batram und Katharina Kolvenback

Buchtipp: "Früher war mehr Verbrechen - von Nina Batram und Katharina Kolvenbach.


Haben wir wirklich dazugelernt? Sind wir vernünftiger geworden? Nicht mehr ganz so kaltblütig, oder sagen morden wir zivilisierter?
"Früher war alles besser"?! Kann man sehen wie man will, aber werfen wir mal mit dem vorliegenden Buch ein Blick in die Vergangenheit. Historische Kriminalfälle und das durch einige Jahrhunderte hinweg. Mit viel Ironie erzählen die Autoren von "Verbrechen" - an die man sich ggf. erinnert.
Perfide Mord-Komplotte, grausame Hexen-Verfolgung oder blutige Dienstmädchen-Morde: Die Prähistorikerinnen Nina Batram und Katharina Kolvenbach versammeln in ihrem ersten True-Crime-Buch spektakuläre Fälle, darunter sowohl die besten Folgen aus dem Podcast als auch exklusive historische Kriminalfälle, die noch nicht im Podcast diskutiert wurden. Die Autorinnen berichten von spannenden historischen Verbrechen und deren Hintergründen, skizzieren mögliche Lösungen weit zurückliegender Cold Cases und die Relevanz der Fälle für die heutige Zeit - stets respektvoll, mit viel Empathie und Sachverstand - und immer auch mit einer Prise (Selbst-) Ironie.
Die einzelnen Fälle wurden gründlich recherchiert. Die Leserinnen und Leser werden stets mit neuen Einblicken in längst vergangene Gräueltaten und Schicksalsschläge und in die jeweilige Epoche überrascht. Wohlbekannte, aber auch nicht geläufige Kriminalfälle werden bei diesem detailreichen Streifzug durch die Jahrhunderte unter die Lupe genommen.
Der Blick in die Vergangenheit lohnt sich, um heutige Kriminalfälle und die Psychologie der Täter besser zu verstehen. (Verlagsinfo)
Viel Spaß und gute Unterhaltung mit dieser Zeitreise.
Michael Sterzik


Freitag, 21. Oktober 2022

Maxima Culpa - Jedes Verbrechen beginnt im Kopf - Joe Bausch


Wir alle kennen die Schreckensmeldung aus den Medien, wenn es wieder zu einem Amoklauf ggf. in einer Schule gekommen ist, oder es einen Anschlag auf einem Weihnachtsmarkt, oder ein anderes Gewaltverbrechen. Die Opfer oftmals unschuldige, aber es gibt natürlich auch Beziehungstaten mit Tätern, von denen wir niemals gedacht hätten, dass diese zu etwas so Entsetzlichem überhaupt fähig sind. Die Frage nach dem „Warum?“ stellt sich dann immer ein und eine abschließende Antwort findet sich meistens nicht.

Psychologisch ist dies ein Thema, das zwar ansatzweise beantwortet werden kann, doch noch immer gibt es viele Sackgassen, vor denen man irgendwann fraglos steht. Sind diese Menschen, die wir im Alltag als nett, umgänglich und freundlich empfinden, wenn wir diesen begegnen – therapierbar!? Kann man ihren inneren Dämonen Paroli bieten und zu dem inneren Bios des Gehirns einen Zugang finden? Kann man die Festplatte und die Software – das psychologische Betriebssystem updaten, oder am besten ganz neu aufsetzen?

Joe Bausch, der als Gefängnisarzt in den letzten Jahrzehnten unzählige Straftäter kennengelernt und untersucht hat, und sicherlich auch viele intensive Gespräche geführt hat, erzählt in seinem neuesten Buch „Maxima Culpa“ von der schweren Straftat, die immer ihren Anfang im Kopf des Täters begonnen hat.

»Von unvorstellbarem Ausmaß«, so werden Gewaltakte mit tödlichem Ausgang in der Öffentlichkeit häufig genannt. Nur wenige Menschen kennen persönlich so viele Schwerverbrecher wie der langjährige Gefängnisarzt und True-Crime-Spezialist Joe Bausch. In seinem neuen Buch geht er der Frage nach, wie Gewalttaten entstehen. Er erzählt den Fall von der »Eislady«, aus Portugal, die sich von ihren dominanten Männern nur durch Mord zu befreien wusste. Oder vom dreifachen Familienvater, der auf Jersey elf Jahre lang ein Doppelleben als Sexualstraftäter führen konnte. Immer zeigt Bausch faszinierende Täterprofile und subtile Kausalitäten auf, die auch etwas vom zerstörerischen Drive unserer Gesellschaft offenbaren. (Verlagsinfo)

Der Fokus in dem vorliegenden Buch ist nicht die Schilderung im Detail von blutigen und unfassbaren Gewalttaten, es geht hier um die Psychologie der Tat und die Psychologie des Täters! In kurzen, aber prägnanten Kapiteln lässt uns der Autor an der Dynamik des Verbrechens teilhaben.

Warum gibt es bei diesen Tätern einen Kurzschluss, einen Blackout, einen „kein Anschluss unter dieser Nummer“, dass Sie dann oftmals eiskalt, berechnend, systematisch und mit Planung durchführen? Resultiert diese seelische Taubheit durch einen Kindheitstraum? Das ist und kann mit Sicherheit ein Grund sein, aber kein ausschließlicher, wenn der Mensch quasi via Autopiloten auf Gewalt umschaltet.

Erschreckende kurze Schicksale, viele davon kennen wir aus den Medien. Vieles lässt sich dann im Netz recherchieren, wenn man noch mehr Informationen erhalten möchte. Joe Bausch weiß, wovon er schreibt: Er erzählt von persönlichen Erfahrungen, von seinen eigenen Theorien und Schlussfolgerungen und natürlich gibt es viele Informationen, die uns die Welt der Justiz etwas verständlicher näherbringen. Strafmaß, Sicherheitsverwahrung, Urteile etc. wer damit wenig anfangen kann, dem wird hier etwas geholfen.

Das Buch zeigt uns auch, dass wir womöglich und das jeder von uns, in unserem Leben mehrfach Mördern, Sexualstraftätern usw. begegnen, bzw. potenziellen Zukunftstätern. Das Schreckliche daran ist, dass es unter gewissen Voraussetzungen jeder von uns werden kann. Das Leben ist voller Schicksalsschläge – unsere eigene Vergangenheit kennen wir nur selbst, unsere eigenen Dämonen können wir Namen geben – aber nur wir selbst können diese identifizieren.

Ein Mann, oder eine Frau sieht „Rot“. Ein bestimmtes Erlebnis, ein Gesicht, ein Gespräch, eine Erinnerung könnte der Trigger werden, dass wir von einem Dr. Jekyll zu einem durchgeknallten, aber intelligent mordenden Mr. Hyde werden!

Joe Bausch erzählt von Therapieversuchen, die sich ggf. über Jahre hinziehen, wobei der Täter selbst den Psychologen manipulieren kann. Vielleicht fühlt sich dieser auch dem „Bösen“ näher, als dem „Guten“ – schwer vorstellbar, aber leider allzu realistisch. Die Täter erklären sich auch, so wie Joe Bausch es erzählt.

„Maxima Culpa“ ist ein hochunterhaltsamer Titel, spannend und orientiert sich absolut an den Fakten. Das Leben schreibt halt immer noch die besten Geschichten. „True Crime“ – ein Sachbuch diesmal und Joe Bausch erzählt sehr plakativ und direkt, sehr verständlich und absolut packend. Ich hätte mir gewünscht, dass er die Täter namentlich genannt hätte, es ist zwar nicht sonderlich schwer hier, die Hintergründe der Täter, die Opfer und den Hergang der Tat zu recherchieren, aber das Versteckspiel halte ich für sehr unnötig. 

Fazit

Spannender als ein Tatort – informativer als jeder Medienbericht und so packend erzählt, dass die Verbrechen, die im Kopf des Täters entstehen, dem Leser psychologisch erklärt, eine Gänsehaut vermitteln. Der Täter wird hier nicht verharmlost – er ist ein Mensch, der zum Monster werden kann.

Michael Sterzik

Donnerstag, 14. Juli 2022

Verdunkelung - Simon Scarrow


Im dritten Reich durfte es keine Verbrechen geben, und wenn, dann waren die Täter der jüdischen Bevölkerung zuzuordnen. Extreme Gewaltverbrechen wie Mord, Vergewaltigung, schwerer Raub usw. kamen zwar vor, wurden aber von der staatlichen Propaganda instrumentalisiert. Straftäter wurden zum Tode verurteilt und wenn der Täter ein parteitreues Mitglied der NSDAP war, wurde dies unter den Teppich gekehrt. Der Schein einer perfekten Gesellschaft musste gewahrt werden und bleiben. Der Verwaltungsapparat der Nationalsozialisten funktionierte unter Zuwendung von Drohungen und Gewalt. Auch hier zeigte sich das totalitäre System.

Kritik an den Führer, oder negative Äußerungen zur Politik und sowieso zur Partei konnten schnell zu einem Todesfall führen. Wer nicht für „Deutschland“ war – war automatisch ein Staatsfeind. Die Nazis regierten mit einer unerbittlichen Atmosphäre der Angst und Einschüchterungen, der Manipulation und setzte regimetreue Figuren an Schlüsselpositionen, um jeglicher Kritik im Keim zu ersticken – mit allen Mitteln. Sie nahmen es mit der Staatsgewalt sehr genau.

Ab wann der einzelne Mensch ein „einfacher“ Mitläufer, oder wann und wie wurde er zum Mitwisser, und dann ggf. zu einem Täter?! Die Geschichtsbücher und Chroniken sind voll von diesen Beispielen. Nach dem Krieg verdrängten die Menschen ihre Taten, ignorierten Fragen zu ihrer Vergangenheit, gaben vor nichts von alledem gewusst zu haben.

Der britische Autor Simon Scarrow, der auch als Dozent für Geschichte tätig war, hat einen historischen Kriminalroman verfasst: „Verdunklung“ – erschienen im Verlag Piper.

Berlin im Winter 1939. Der Zweite Weltkrieg hat begonnen. Immer weiter schränkt das Nazi-Regime die Freiheit der Bevölkerung ein. Doch in der Hauptstadt wird der sich ankündigende Schrecken der Kriegsjahre von einer tiefgreifenden Angst überschattet. In den kalten Stunden der Verdunkelung, die die diktatorische Regierung zum Schutz gegen Fliegerangriffe ausspricht, zieht ein brutaler Mörder durch die Metropole. Als die Leiche einer jungen Frau gefunden wird, gerät Kriminalinspektor Horst Schenke unter erbarmungslosen Druck. Seine Weigerung, in die Nazipartei einzutreten, bringt ihn in große Gefahr – und als eine zweite Frau ermordet wird, entdeckt Schenke eine Spur, die bis ins Zentrum der Macht führt. Seine Stunden scheinen gezählt ...(Verlagsinfo)

„Verdunklung“ ist extrem gut erzählt. Der Autor konzentriert sich nicht ausschließlich auf den Kriminalfall, sondern spaltet seine spannende Story in einzelne Fragmente, die sich spannungsreich die Hand geben. Ein Handlungsstrang ist der Ermittler Horst Schenke selbst – der nicht der NSDAP angehört und sich nicht der SS angeschlossen hat. In der Kritik und unter Beobachtung seiner Vorgesetzten weiß er, dass er sich entscheiden muss, um nicht unter die Räder des verbrecherischen Systems zu kommen. Trotzdem wäre er gerne als Offizier im Fronteinsatz. Also eine ambivalente Figur, die nicht eindimensional daherkommt.

Ein weiterer Hauptbestandteil ist die Politik selbst. Der Krieg gegen Polen, die ersten Verluste an Soldaten, die ersten Witwen, die sich ggf. prostituieren müssen, das Handelsembargo, das ausländische Waren aus England und Frankreich nicht mehr über die Grenzen lässt. Die einfachen Menschen erleben noch lange nicht den totalen Krieg – aber sie ahnen ggf. schon was die nächsten Jahre an Opfer verlangen. Auch die feindselige Haltung gegenüber der jüdischen Bevölkerung wird in diesem Thema angerissen.

Unterhaltung hin oder her – hier gibt es viel mehr als nur eine spannende Story zu lesen, sondern uns wird ein sehr detaillierter Blick auf die Startphase des Zweiten Weltkrieges gegeben. Die gesellschaftliche und soziale Politik des dritten Reiches wird ebenso viel Raum gegeben wie den Blick in die Verwaltung, des Militärs und der Spionage. Die Botschaft ist allerdings sehr deutlich, die der Autor übermittelt – er gibt uns einen Einblick in einen Verbrecherstaat. Ein Blick hinter der Fassade, die Demaskierung eines Staates.

Die Geschichte wird ebenfalls aus der Perspektive des Täters erzählt, ohne dass erstmal Namen genannt werden. Das steigert die Spannung, auch wenn man bereits ahnen kann, wie sich die Geschichte weiterentwickelt. Trotzdem gibt es eine ganze Reihe von Überraschungen und Wendungen und wieder spielt das verbrecherische System hier tragende Rolle.

Apropos Rollen – die Rolle der Frau, wird hier auch in verschiedenen Szenen erzählt. Eine gefallene Schauspielerin, eine Jüdin, usw. auch diese Einzelschicksale sind grandios erzählt.

„Verdunklung“ ist hoffentlich der erste Band einer Reihe, denn die Figuren sind vielversprechend und tiefgründig aufgestellt. Und unsere Vergangenheit gehört noch immer zu unserer Gegenwart.

Fazit

„Verdunklung“ ist ein helles Licht im Genre historischer Kriminalroman. Tiefgründige Spannung, ambivalente Figuren und sowieso verzichtet man hier auf eine Schwarz/Weiß Interpretation. Ein wichtiger Roman, den ich sehr empfehle.

 

Michael Sterzik

 

Montag, 10. Juni 2019

So finster der Zorn - Alex Thomas


Ist das „Böse“ in uns von vornerein ein fester Bestandteil unserer Neurologie? Liegt der Schlüssel zum Bösen in einer kryptischen Verkettung innerhalb unserer DNA? Welche sozialen Muster und genetischen Risikofaktoren sind bei Trieb- und Serienmördern analysiert worden um vielleicht die Auslöser zu erkennen und ggf. abschalten zu können?

Ist das Böse die Summe von insgesamt dramatischen Traumata und schrecklichen Erlebnissen, die in uns die Tür zur dunklen Seite öffnen? Heilbar – oder gibt es schlichtweg keine medizinischen Möglichkeiten in Form von Therapien, oder neurochirurgischen Operationen, die das Böse ausknipsen können!?

Interessante Gedanken, oder?! Doch dies ist keine Fiktion, kein Science Fiction – die Wissenschaft forscht schon relativ lange auf diesem Gebiet und noch immer dringt diese in Bereiche vor, die uns noch völlig hilflos und mit vielen Fragezeichen dastehen lassen.

Warum faszinieren uns gewissenslose und grundlose systematische mordende Menschen so sehr? Können wir ggf. auch Sympathien für diese „Monster“ entwickeln, wenn diese „Bestie“ ihresgleichen jagt?

Im Genre „Thriller“ tummeln sich viele Serienmörder – viele davon haben realistische Vorbilder, die inzwischen zum Kulturgut in der Literatur und Film gehören.

Das in Bremen lebende Schriftstellerehepaar „Alex Thomas“ beschreibt in ihrem neuesten Roman : „So finster der Zorn“ das „Böse“ in nicht abstoßendem Auftreten. Im Gegenteil – auch wenn deren Hauptfigur: Paula Tennant, Agentin der fiktiven Behörde ISA den Serientäter „Ghost“ jagt, so kann diese nicht ihr Gewissen abschalten. Selbstjustiz eines Mörders, der seinesgleichen foltert und brutal exekutiert – Die Waage der Gerechtigkeit und der Vergeltung wechselt immer mal wieder die Gewichtung und Paula Tennants moralischer Kompass verfängt sich in einem anziehenden und erbitternden Bereich, der sie selbst ängstigt.

Dieser dritte Band mit der Hauptfigur Paula Tennant und dem „Gost“ ist ein komplexer, hochspannender Pageturner. Ihre mörderische Beziehungskiste ist salonfähig und das Autorenehepaar katapultiert die Figur des „Ghosts“ in den Hochadel der Serienmörder. Selten hat man in der Literatur mit einem Serienmörder sympathisiert – in der sogenannten Todeszone zwischen Gut und Böse, kann man schon mal in einem emotionalen Minenfeld hochgehen.

Die Spannung in dem Titel: „So finster der Zorn“ in omnipräsent – sehr lobenswert allerdings ist der Stil des Autorenehepaars, die für sie ganz selbstverständlich Faktion und Fiktion auf wissenschaftlicher Art locker in einem spannenden Roman einbauen. Gar nicht überfrachtet, oder völlig übertrieben – sondern immer schön auf den Boden der Tatsachen bleiben. Der Leser wird nicht nur die Identität des „Ghost“ kennenlernen, sondern auch an seiner Vergangenheit teilhaben können. Damit verwischen sich die internen Grenzziehungen und Paula Tennant verläuft sich in einem Nebel ihren Gewissens und ihrer beruflichen Pflicht. Ein „Exit“ aus dieser nicht unbequemen Situation möchte sie sich anscheinend nicht unbedingt nähern. 

Die bestehende Trilogie ist komplex, aber nicht irreführend – es gibt ggf. mehrere Ausgänge und wenn nicht – Paula Tennant könnte in ihrem emotionalen Dschungel neue Wege bahnen – diese könnten aber verdammt „endlich“ werden.

Weiterhin eröffnet sich dem Leser ein völlig neues Handlungsfeld, dass auch in dem vierten Band weiter ausgebaut werden dürfte – die Wissenschaftlichen Thesen und medizinischen Möglichkeiten die Psyche zu kontrollieren? Ob nun mit neurochirurgischen Operationsbesteck, oder der traditionellen Couch beim Therapeuten bleibt noch offen. Informativ und innovativ allemal – Großartiger Schlenker.

„So finster der Zorn“ auch sein mag – er ist hochspannend, tolle Charakterzeichnung und toll wissenschaftlich mit einigen Fakten durchsetzt. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass der „Ghost“ mehr erzählerisches Volumen bekommen hätte. Vielleicht lässt sich ja mal über eine Vorgeschichte nachdenken?

Stellenweise bedienen sich die Autoren aus dem Fundus anderer Ideen, die schon in anderen Titeln, ggf. leicht abgewandelt erfolgreich eingesetzt wurden, aber größtenteils verwirklichen sie ihren eigenen Stil. Bravo – weitermachen J

Wir werden beim lesen diesen Titels in einem imaginären Wartesaal zwischen den traditionellen Ein- und Ausgängen zwischen Gut und Böse sitzengelassen. Man wird nachhaltig dazu aufgefordert, sich zu fragen: „Wie würde ich ggf. an Paula Tennants Stelle reagieren? Das Böse mit dem Bösen zu bekämpfen – ist das eine Alternative, oder eine Verzweiflungstat!? Was passiert wenn man der Legalität ausweichen muss, um die Ausfahrt zur Gerechtigkeit nicht zu verpassen!?

Fazit

„So finster der Zorn“ handelt von einem Serienmörder, der, der nette böse Mann von Nebenan sein könnte (es aber nicht ist). Eine Figur, die wenn wann sie noch weiter ausbaut in den literarisch-kulturellen Hochadel berufen sein könnte.

Hochspannender Pageturner – Wissenschaftlich interessant – Grenzüberscheitende Emotionales Minenfeld. Perfekte Unterhaltung.

Michael Sterzik


Samstag, 8. Dezember 2012

Vergebt mir - Simon Kernick


Vergebt mir – Simon Kernick

Inhalt

Ein kalter Novemberabend. Drei Männer fahren auf einem verlassenen Parkplatz bei London. Ihr Mörder erwartet sie schon. Er erschießt sie – kalt und perfekt, mit reinem Gewissen. Der Killer glaubt, dass seine Opfer Verbrecher waren. Er hasst Verbrecher. Denn er ist ein Cop – sein Name: Dennis Milne. Doch diesmal ist er verraten worden. Als Milne erfährt, dass die Männer unschuldig waren, gerät er zwischen alle Fronten (Verlagsinfo)

Kritik

„Vergebt mir“ ist der erste Band einer Trilogie um den Ex-Polizisten und Killer Dennis Milne. Der vorliegende Band fängt praktisch bei „0“ an. Dennis Milne ist noch Polizist in der britischen Hauptstadt, ein Beamter mit Erfahrung. Aber nach mehreren Jahren auf der Straße im Sumpf von Verbrechen, Korruption und Ungerechtigkeiten ist dieser inzwischen desillusioniert und glaubt schon lange nicht mehr Recht und Gesetz.

Simon Kernick lässt sich viel Zeit bei der ersten und recht tiefen Interpretation seines Anti-Helden. Dennis Milnes Figur ist realistisch geschildert. Ein Mann, der nach einer gewissen Erfahrung auf den harten Boden der Realität aufgeschlagen ist und seine Illusion eines recht schaffenden Polizisten ad acta legt. Der Leser wird über seine Beweggründe nachdenken müssen. Dennis Milne ist kein Mann der „rot“ sieht, kein Charles Bronson, der eiskalt die Mörder aufsucht und liquidiert. Dennis Milne tötet – aber nicht nur für Geld, sondern entledigt sich des kriminellen Abschaums, die in seinen Augen in einer Gesellschaft der Ethik und Moral nichts mehr zu suchen haben. Doch so eiskalt er auch tötet, bleiben bei dem sensiblen Mann immer zwiespältige Gefühle übrig.

„Vergebt mir“ ist kein knallharter Actionthriller, sondern basiert zumindest in der ersten Hälfte auf traditionelle kriminalistische Elemente wie Verhör, Spurensuche, Interpretation des Tatortes usw. Nach und nach zieht sich die Schlinge enger um Dennis Hals, doch dieser sieht vor lauter Verbrechen den Ausweg nicht mehr, bis es zu spät ist und die Lage mit Schießereien, Flucht und Rache dann doch eskaliert.

Dennis Milne ist nicht nur sensibel, sondern auch ausgesprochen pflichtbewusst und verliert dabei total seine Orientierung, wer nun „Gut“ oder „Böse“ ist. Dennis Milne wandert zwar aufgeschreckt und vorsichtig, noch immer auf den schmalen Grat einer Grauzone.

Die Spannung entspricht in erster Linie ehe einen guten Krimi, als einen Thriller aber  auch für Action ist hin und wieder gesorgt. Simon Kernick erzählt seinen Roman ohne große langatmige Passagen, sondern baut seinen Roman logisch und konsequent auf. Sein Stil ist souverän und nicht langweilig oder widersprüchlich. Gut durchdacht, sehr realistisch und man darf gespannt sein, wie es in den beiden nachfolgenden Titeln; „Fürchtet mich“ und „Erlöst mich“ mit Dennis Milne weitergeht.


Fazit

„Vergebt mir“ von Simon Kernick ist ein klasse Thriller mit einem nicht unsympathischen (Anti)Helden.

Beim lesen ist nachdenken angesagt, nicht nur lesen, vergessen und zum nächsten Buch greifen. Ein Roman, der über eine Langzeitwirkung verfügt und für einen Thriller ist dies ein absolutes Lob.

Brillant und reif für ein Drehbuch.

Michael Sterzik