Die Hexenverfolgung im Spätmittelalter gehört zweifellos zu den unmenschlichsten Verbrechen. In Europa, so schätzen Historiker wurden ca. zwischen 40.000 und 60.000 Menschen als Hexen und Zauberer verbrannt. Der Höhepunkt dieser Hexenverfolgung liegt zwischen 1550 und 1650.
Es war eine dunkle Zeit für die Bevölkerung, die Pest, Kriege usw. und irgendwer musste ja Schuld sein. Die jüdische Bevölkerung sowieso und der Aberglaube der einfachen Menschen wurde von der katholischen Kirche konsequent gesteuert und manipuliert. Die Angst vor der Strafe Gottes, dem Fegefeuer, eines Satans der sich den Seelen bemächtigt, klingt in unserer Zeit äußerst befremdlich. Leider gab es mit Sicherheit auch viele Menschen, die diese kranke Ideologie als unwiderrufliche Wahrheit interpretierten.
Laut Quellenangaben wird die Zahl der getöteten Hexen und Zauberer in Deutschland auf 25.000 Opfer beziffert. Die Motive, die die Ankläger vorbrachten, sind beispiellos verbrecherisch. Hinzu der Aspekt: Jeder konnte jeden anprangern, denunzieren und an die Kirche verraten. Sicherlich konnte man den einen, oder anderen Konkurrenten mit einer solchen Anklage für immer zum Schweigen bringen, und es ist belegt, dass sogar Kirchenfürsten, oder Amtsinhaber gezielt Opfer denunzierten um an deren Besitz, zum Beispiel das Grundstück zu gelangen. 75% bis 80% der Opfer waren Frauen – ein sexueller Aspekt, ein Motiv ist also auch hier unbestritten. Leider ist es anscheinend Fakt, dass man familiäre, finanzielle und geschäftliche Motive als Hauptgründe ansehen kann.
Die Justiz, die „Gerichtsbarkeit“ versagte mancherorts total, aber auch hier konnte man sich absprechen, und den „weltlichen“ Gewinn ggf. aufteilen. Geständnisse und Beweise unter der Folter erwirkt – gehört zu den wahr gewordenen Schauergeschichten dieser Epoche. Prozesse wie wir sie kennen, gab es nicht – es war eine Farce.
Die in Stuttgart lebende Autorin Astrid Fritz hat nun im Verlag Rowohlt, ihren Titel: „Der Hexenjäger“ veröffentlicht. Der Inquisitor und Dominikaner Heinrich Kramer verfasste das im Jahre 1486 veröffentliche Werk: „Der Hexenhammer“. Eine und für spätere Generationen Legitimation der Hexenverfolgung.
„Der Hexenjäger“ ist Heinrich Kramer – dessen Lebensgeschichte wird von der Autorin anhand von vorliegenden Quellen erzählerisch interpretiert. Wer war denn dieser Heinrich Kramer überhaupt? Astrid Fritz stellt den berüchtigten Verfasser in keinem positiven Licht dar. Fakt ist: Er war ein Verbrecher, ein ggf. sexuell frustrierter Mensch mit Minderwertigkeitskomplexen, einer satten Psychose und einen Hass auf Frauen.
Sein Schicksal, bzw. das er eine Frau aus boshaften Neid und aufgrund ihrer Abweisung, denunzierte ist die eigentliche Handlung des Romans. Die junge schöne und unschuldige Susanne, die nicht den passiven und später aktiven Annäherungsversuchen Heinrich Kramers erliegt, wird schlichtweg von der Obrigkeit entführt, angeklagt und befragt. Beweise – frei interpretiert und ausgelegt, wie es der alte Mann möchte. Vernichtung einer Frau um jeden Preis.
Der historische Roman: „Der Hexenjäger“ ist eine sehr oberflächige Erzählung, die sich erst zu spät in die richtige Richtung bewegt. Das Schicksal einer einzelnen „starken“ Frau mit dem Hintergrund, der anfänglichen Hexenverfolgung, zu verbinden, ist nicht sehr spannend gelungen. Hier werden auch alles Klischees einwandfrei bedient. Eine schöne, sensible Frau, unschuldig – die Opfer einer dramatischen Intrige wird. Natürlich in Kombination einer totalen, romantischen Liebesgeschichte in Szene gesetzt. Realistisch – ich habe arge Bedenken.
Worum geht es denn eigentlich: „Hexenverfolgung“ oder die Analyse des Berufsweges eines Priesters der verbrecherisch im vollen Wissen und Überzeugung agiert!? Astrid Fritz schildert gekonnt die persönlichen, psychischen Abgründe eines Heinrich Kramers und stellt ihn als frauenverachtendes Monster dar. Schlichtweg war es auch – und genau diese Schilderungen werden bei den Leser Hass und Abscheu hervorrufen. Anders kann man diese empfundenen Emotionen nicht beschreiben.
Oberflächlich wird das Thema „Hexenverfolgung“ auch nur angerissen. Ja, die Entstehung seines Titels „Hexenhammer“ findet eine hohe Beachtung, doch insgesamt ist das Schicksal der jungen Frau im Vordergrund der Handlung. Immer mal wieder gibt es Rückblenden, die die Kindheit und Jugend Heinrich Kramers beleuchten und die zielgerichtet erzählen, wie dieser Mann so verbrecherisch und voller Hass zu einem Menschen werden konnte, der nach Macht und Ansehen strebte.
Wirklich spannend, und fragen wir besser nach nicht nach dem Realismus, sind die letzten Kapitel des Romans. Das Nachwort der Autorin fällt viel zu flach aus, dass Glossar ist in Ordnung. Also was bleibt übrig: Mal wieder ein seichter, historischer Roman, der dass Schicksal einer jungen Frau und einer dramatischen Liebe erzählt. Der historische Aspekt der „Hexenverfolgung“ und die Rolle einer Frau, sowie die der Obrigkeit, der Kirche und des Volkes hinken einfachen sang- und klanglos hinterher.
Fazit
„Der Hexenjäger“ ist weder spannend noch authentisch, voller Klischees und reiht sich mühelos in die übrigen historischen Frauenschicksale ein. Für mich das schwächste Buch der Autorin und insgesamt nicht empfehlenswert.
Wer sich erzählerisch über die Hexenverfolgung informieren möchte, dem empfehle ich die Romane von Wolfgang Lohmeyer: „Die Hexe“, „Der Hexenanwalt“ und „Das Kölner Tribunal“. Historisch sehr genial – Unterhaltungswert: Sehr spannend.
Michael Sterzik