Der Krieg gegen Napoleon
wird von Schlacht zu Schlacht härter geführt. Doch die alliierten Truppen,
Preußen, Russen, Österreicher und Schweden erzielen auch die ersten Erfolge und
zeigen der Welt, dass der große geniale Stratege Napoleon Bonaparte nicht
unbesiegbar ist. Im Herbst 1813 wird die französische Armee in der
Völkerschlacht bei Leipzig vernichtend geschlagen. Knappe 130.000 Soldaten
fanden bei dieser mehrtägigen Schlacht den Tod. Doch der Krieg ist damit noch
lange nicht für die Zivilbevölkerung und den Soldaten beendet. Napoleon muss
sich mit seinen verbliebenden Armeen zurückziehen und hinterlässt eine Spur der
Verwüstung. Die alliierten Truppen verfolgen den französischen Kaiser, um den
schon seit Jahren herrschenden Krieg in Europa zu beenden.
In Leipzig selbst, ist die
Freude groß über die gewonnene Schlacht, aber der Blutzoll ist dramatisch hoch.
Die Zivilbevölkerung ist überfordert mit der hohen Anzahl an Verletzten und
Toten in ihrer ehemals so schönen Stadt. In den Lazaretten fehlt es an
Medikamenten, Instrumenten, Verbänden und an tatkräftige Hilfe bei der Pflege
dieser meist noch jungen Soldaten. Hinzu kommt noch, dass die Lebensmittel
knapp werden und die hygienischen Verhältnisse und Bedingungen mangelhaft sind.
Durch Typhus werden in den folgenden Wochen unzählige Verletzte, Ärzte und auch
die Zivilbevölkerung grausam dahingerafft werden.
Sabine Ebert hat schon mit
dem ersten Teil – 1813 Kriegsfeuer bewiesen, dass Sie nicht nur spannende
Unterhaltung bieten kann, sondern auch mit dem zweiten und wohl abschließenden
Band – 1815 Blutfrieden- wiederum
brilliert. Auch wenn es die letzten Monate des französischen Kaisers Napoleon
sein werden – die berühmte Schlacht die das Ende Napoleons quasi einläutete –
Waterloo steht in der Handlung nicht im Vordergrund. Sabine Ebert wollte wohl
nicht das Thema „Waterloo“ ausschlachten, dass sowieso schon in vielen Büchern
und Verfilmungen seinen Platz gefunden hat. Nein, Sabine Ebert wollte die
Vorgeschichte erzählen und den Leser eine Zeit präsentieren, in der Deutschland
für immer durch die Völkerschlacht bei Leipzig eine historische Prägung
bekommen hat.
Im Fokus wird das Leid –
das (über)Leben und Sterben der einfachen Menschen beschrieben. Es sind die
Verluste an Menschen, an Träumen, Vorstellungen und nicht zuletzt an Idealen,
an die sich diese Menschen klammern und manchmal ja auch verzweifelt sich ihrem
Schicksal ergeben müssen. Doch auch in dieser dramatischen und verhängnisvollen
Zeit erzählt Sabine Ebert von Hoffnungen von Nächstenliebe und Menschlichkeit,
die auch „Feinden“ gewährt wird.
Was diesen Roman auch von vielen
anderen sogenannten historischen Romanen unterscheidet ist schlicht und
einfach, dass die Autorin sich hier an historischen Quellen orientiert hat und
diese schriftlichen Zeitzeugnisse, wie Tagebücher, Briefe und Zeitungen dafür
verwendet um die Charaktere in diese kleinen Geschichten und Schicksalen einzuweben.
Damit ist auch das
vorliegende Buch 1815 Blutfrieden für die Leser eine spannende und äußerst
unterhaltsame, mehrstündige Konfrontation mit einem blutig erkauften Frieden.
Es ist eine Kriegsberichterstattung und auch ein Plädoyer gegen Krieg der nicht
Soldaten an Leib und Seele verstümmelt oder tötet.
Der Leser wird nicht lange
brauchen, um sich in diesem Werk zu orientieren, da dieser sich fugenlos an den
Vorgängerband anschließt. Als geologischen Mittelpunkt spielt die Handlung nicht
nur in Leipzig, sondern verlagert sich mit den Figuren auch nach Berlin, Erfurt
und Frankfurt. Da der Roman nicht nur die Perspektive der Hauptfigur einnimmt,
sondern auch andere Charaktere zu Wort kommen lässt, gibt der Geschichte eine
immense Tiefe und ein mehrstufiges Verständnis für den Leser.
Die Alliierten, die nach
der Völkerschlacht Leipzig einnehmen, haben sich schon längst darüber
verständigt, die Länder und Grenzen Europas neu aufzuteilen. Napoleon und sein
Ego kommen hier ebenfalls auf die Bühne, denn so schnell gibt der Kriegsherr
und Kaiser nicht auf.
Leipzig ist allerdings
viel Raum gewidmet, denn auch bei diesem historischen Sieg, ist das Elend
unvorstellbar groß. Die Bevölkerung kämpft nicht nur gegen den Hunger und der
Armut, sondern auch gegen den allgegenwärtigen Tod durch die aufkommenden
Seuchen, die den Umstand geschuldet sind, dass die hygienischen Verhältnisse
zusammengebrochen sind. Die Verletzten in den Lazaretten sind dem Tode geweiht,
die Ärzte hilflos und überlastet. Doch es gibt auch Familien die hier selbstlos
agieren und Verletzte hingebungsvoll aufnehmen und pflegen.
Es gibt viele Szenen, die
den Leser berühren werden, die stellvertretend für den Wahnsinn und auch für
die Menschlichkeit stehen. Einige Augenblicke werden sich tief in die Seele und
das Herz des Lesers einbrennen – die
Szenen im Lazarett als Henriette sich faktisch für die Verletzten aufopfert
oder als sie beschließt jenseits alle höfischen Etikette, den feinen und
adligen Damen von Grauen und Sterben des Krieges erzählt. Gerade diese
feinfühligen Szenen geben dem Roman das Besondere. Auch die implementierte
Liebesgeschichte darf nicht fehlen, aber die Autorin verfängt sich hier nicht
an unrealistischen Klischees, sondern beschreibt sie sensibel und atmosphärisch.
Es gibt wenig zu
kritisieren. Die beiden Romane „1813 Kriegsfeuer“ und „1815 Blutfrieden“ sind voluminös
und der Leser muss sich Konzentrieren, um hier mit der Geschichte schritt zu
halten. Es geht manchmal auch in die Politik, doch auch hier wird es nicht
langatmig oder zu verwirrend – sondern unterhaltsam präsentiert.
„1815 Blutfrieden“ ist ein
perfekter Antikriegsroman, eine Kriegsberichterstattung, die unter die Haut
geht und man förmlich den Atem der Zeit spürt.
Danke Frau Ebert für viele
unterhaltsame und lehrreiche Stunden, die ich mit ihren Figuren verbringen durfte.
Danke, dass sie dieser Zeit ein historisches Gesicht gegeben haben und das Sie
die Toten ehren, gleich weder Nationalität sie waren – es waren „Menschen“.
Michael Sterzik