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Mittwoch, 28. Mai 2025

Echokammer – Ingar Johnsrud


Zeitenwende – das ist ein großes Wort. Aber die Botschaft ist brisant. Sie zeigt uns, dass unsere Welt inzwischen bedrohlich nah daran ist, durch uns selbst zerstört zu werden. Und das passiert jeden Tag. Klimakatastrophen, Krisen und Kriege in Europa – also in der unmittelbaren Nachbarschaft – und hohe Energiekosten sind nur einige der Probleme.

Und dann gibt's noch Regierungen, die sich immer mehr dem Rechtsdruck beugen, mit denen sie zusammenarbeiten oder die sie gerade aktiv bekämpfen. Unser Portfolio ist echt breit gefächert – aber eines ist uns allen klar. Unsere Gesellschaft ist gespalten, und zwar nicht nur zwischen Arm und Reich, sondern auch in Bezug auf die lauten und stummen Schreie nach Frieden, Freiheit und Entfaltung. Und diese stehen im Konflikt mit der Migration von Flüchtigen, die sich in Europa einen Neuanfang wünschen. Der Nationale Gedanke ist jetzt für viele Menschen ein wichtiges Thema – neben den anderen Krisenthemen.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Geschichte sich wiederholen kann und dass andere europäische Länder vor ähnlichen Herausforderungen stehen. In Bezug auf Politik, Kultur, Gesellschaft, Soziales und Militär. An jeder Ecke lauert eine Krise, flankiert von dem Geiste eines neuen, alles vernichtenden Krieges.

Der norwegische Journalist und Autor Ingar Johnsrud hat einen Politthriller verfasst, der in Norwegen spielt, jedoch zahlreiche Parallelen zu anderen europäischen Ländern aufweist.

Während die Wahl des norwegischen Parlaments immer näher rückt, herrscht bei der Terrorabwehr höchste Alarmbereitschaft: Es gibt Hinweise auf einen bevorstehenden Anschlag. Im Verdacht steht eine Gruppe rechtsnationaler Extremisten, die im Besitz einer großen Menge Rizin sein sollen. Doch was genau haben die Terroristen damit vor? 

Die Anti-Terror-Ermittler Liselott Benjamin und Martin Tong versuchen fieberhaft, den Anschlag zu vereiteln. Währenddessen geht der Wahlkampf in die heiße Phase. Die Spitzenkandidatin der Arbeiterpartei sieht sich auf der Zielgeraden zur Machtübernahme – und nimmt dafür zunehmend zweifelhafte Mittel in Kauf.

Mittendrin: Jens Meidell, ihr juristischer Berater. Je tiefer er sich in die politischen Ränkespiele verstrickt, umso mehr gerät er mit dem Rücken zur Wand: Wie weit ist er bereit zu gehen: um der Partei zurück an die Macht zu verhelfen? Um die Demokratie vor rechten Umsturzplänen zu retten? Und vor allem: um seine eigenen dunklen Geheimnisse ein für alle Mal zu begraben? (Verlagsinfo) 

"Echokammer" ist der literarische Spagat zwischen einem Spannungsroman, der den rechtsextremen Terrorismus thematisiert, und einem soliden Politthriller, der die norwegische Parlamentswahl zu einem Intriganten-Machtkampf macht.

Der Autor spielt gekonnt mit einer Vielzahl von komplexen Themen. Wenn Machtspiele und Manipulationen in einem Wahlkampf eine Rolle spielen, rechtsextreme Ideologie zum Vorschein kommt oder eine terroristische Bedrohung besteht, sind alle gesellschaftlichen Bühnen und deren Erwartungshaltung involviert. Das anfänglich gedrosselte Tempo in den beiden Erzählsträngen könnte auf den ersten Blick langatmig erscheinen.

Allerdings entpuppen sich diese kleineren und größeren Nebenhandlungen als deutlich vielseitiger, als man anfänglich annimmt. Sobald sich die beiden verflechten, wird das Tempo fixer, die Spannung steigt stetig an und erreicht am Ende ein fulminantes Finale, das authentisch und überraschend ist.

Die Figurenbesetzung ist überschaubar und fokussiert sich auf den etwas älteren Experten für Terrorismus, der etwas von einem Antihelden vorweist. Martin Tong hat eine nicht ganz saubere Vergangenheit, ein Alkoholproblem und noch andere Herausforderungen. Er ist ein sympathischer, aber auch egozentrischer Ermittler und Mensch. Liselott Benjamin spielt den ruhenden Pol in diesem ungleichen Duo, auch wenn man über sie nicht so viel erfährt.

Auch wenn auf dem Cover steht „Echokammer“ sei der beste norwegische Thriller seiner Zeit, ist das sehr ambitioniert. Die Wahrheit ist wohl eher, er ist einer der besten Romane der letzten Jahre, wenn es darum geht gesellschaftliche und politische Themen, mit einer sozialkritischen Komponente spannend zu vermengen. 

Ich erwarte, dass diese Mischung in den nächsten beiden Titeln fortgeführt wird. Die Handlung ist authentisch, intelligent und führt uns vor Augen, in welcher Bedrohungslage wir uns aktuell befinden.

Fazit

„Echokammer“ ist so laut und spannend, dass es ein Fehler ist, diesen Roman nicht zu lesen. Intelligente Spannung – tolle Figuren und brisante Themen lassen es nicht zu, dass hier Langeweile aufkommt. Prädikat: Pageturner und damit eine unbedingte Leseempfehlung. 

Michael Sterzik

Sonntag, 17. März 2019

Der talentierte Mörder - Jeffery Deaver


Die Thriller von Jeffery Deaver überzeugen über eine intelligente Spannung. Ebenfalls bedient sich der Autor fast schon traditionell an einer originellen Idee, die mitunter der realistisch ist. Das dann genau diese Idee beängstigend sein kann, gerade weil man darüber nachdenkt, ob dies technisch überhaupt möglich ist, ist nachhaltig verdammt gut positioniert.

In unserer digitalen Welt sind wir „fremdgesteuert“ – machen wir uns mal nix vor. Schon längst gibt es intelligente Systeme mit der wir in unserem Haus, oder auch Grundstück verschiedene elektrische, digitale Systemeinheiten steuern können. Strom, Licht, Wärme und überhaupt Kommunikation. Unsere Autos sind inzwischen voller Elektronik – der Mechaniker repariert unsere Fahrzeuge nicht mehr nur mit dem Schraubenschlüssel, sondern greift selbstverständlich auf einen Computer zu. Ohne Software funktioniert hier gar nichts mehr – selbst das Öffnen der Türen erfolgt über ein übermitteltes, elektronisches Signal.

Unsere Welt ist digital – unsere Welt ist kompromisslos und konsequent darauf ausgerichtet, dass wir aus Bequemlichkeit auf die innovativsten Ideen kommen. Ersparnis von Zeit, kostenreduzierter Aufwand, Abbau – bzw. Umbau von menschlichen Ressourcen.  
Man muss mit der Zeit gehen – genau das Denken und verstehen kriminelle Köpfe schon seit langem. Cyberkrieg – Cyberkriminalität – willkommen in einer alltäglichen Welt, in der man vieles auf „Knopfdruck“ manipulieren kann. Der nächste Krieg könnte also eine abwechslungsreiche Folge von Fehlfunktionen werden – Atomkraft-und Wasserkraftwerke, Fluglinien, infrastrukturelle Verkehrsnetze….denken wir darüber nach, fällt uns das eine oder andere bestimmt noch ein.

Der amerikanische Autor Jeffery Deaver greift die Idee vom Cyberkrieg auf und transportiert diese bürgernah in die moderne Zivilisation. Der Plot alleine zeigt schon, welche originelle Szenen es geben wird: Eine mörderische Rolltreppe – ein zufälliger Unfall, ein Systemausfall, oder liegt hier eine Manipulation vor?! Sprichwörtlich muss man diesen Unfall/Mord im Detail sehen.

Die Gesichter des Todes können Dir im Alltag das Leben leichter machen, oder Dich digital und maschinell ins Jenseits befördern. Primitive Maschinen mit großartig, tödlichen Effekten und jetzt spricht man bitte nicht von „Haushaltsunfällen“.

Jeffery Deaver bedient sich in seinem Roman „Der talentierte Mörder“ einer solchen Szenerie. Technik ist Technik – bestehend, aus Schaltkreisen, Platinen, Widerständen, Halbleitern, Controllern..usw. Wenn baugleiche Komponenten in Alltagsgegenständen ein digitales, empfangenes Signal aufnehmen und etwas ein-oder ausschalten, wird es gefährlich. Der Mörder hat mehrere Talente – eines davon ist dies.

„Der talentierte Mörder“ von Jeffery Deaver ist strukturell gut konzipiert. Die Hauptstory steht allerdings vollkommen in zweiter Reihe. Die zwischenmenschlichen Beziehungen – diese Nebengeschichten sind die literarische Seele des Romans. Der rote Faden einer digitalen Bedrohung lässt sich schwer übersehen, aber diese ist untergeordnet.

Die Beziehung zwischen Amelia Sachs und Lincoln Rhyme ist sowieso schwierig. Körperlich und Geistig nahezu konträr – wird ihre berufliche und private Beziehungsebene auf die Probe gestellt. Der kranke und behinderte, aber genialer Rhyme bekommt eine neue Assistentin – ebenfalls im Rollstuhl sitzend, ebenfalls ein sehr kluger Kopf, der seinen Mentor manchmal übertrifft und überrascht.

Amelia Sachs Ex-Partner wird aus dem Gefängnis entlassen. Der ehemalige, nun kriminelle Cop, will seine Unschuld beweisen und sucht privat die Aufmerksamkeit seiner Exfreundin. Als dritte Herausforderung gibt es dann für Amelia Sachs ihre Mutter, die gesundheitlich alles andere auf Höhe ist.

Auch der 12.Band dieser Reihe überzeugt über mal mehr sein als schein, und umgekehrt. Dunkle Wasser sind tief und so trägt jede „neue“ Figur diverse Überraschungen und Geheimnisse mit sich. Genau das sind die Nebengeschichten, die dem talentierten Mörder die Show stehen. Jeffery Deaver ist „Tricky“.

Jeffery Deavers „addons“ sind brillant in die 600 seitenstarke Fassung eingearbeitet. Die Story verfügt manchmal über erzählerische Längen, aber umschiffen diese Klippen souverän, sodass man als Leser überzeugt ist, gleich das nächste Kapitel zu beginnen.
Man darf gespannt sein, wie es weitergehen mag. Neue Personen – nicht zuletzt die neue Assistentin von Rhyme werden bestimmt sehr innovativ in den nächsten Bänden eingesetzt. Geschickt von dem Autor seiner Figur Lincoln Rhyme einen Duellanten an die Seite zu stellen. Die Konflikte begeben sich also in Startposition.

Die Story ist authentisch aufgestellt – die Szenen – deren Ablauf und Konsequenz absolut plausibel. Jeffery Deavers Stil ist und bleibt ein sehr planerischer. Sein erzählerischer Stil ist souverän darauf ausgerichtet Spannung zu erzeugen. Sehen wir es ihm also nach, dass Tiefsinn mal etwas tiefer angesiedelt ist, aber dabei die Qualität eines Spannungsromans solide bleibt.

Fazit

„Der talentierte Mörder“ ist ein solider Spannungsroman, die uns unsere „Lebensgefährdung“ im Alltag etwas näher bringt. Nicht der stärkste Band aus diese Reiher – aber vielleicht die Vorgeschichte zu etwas größerem.

Michael Sterzik