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Donnerstag, 1. Juni 2023

Die Verborgenen - Linus Geschke

Was wissen wir über die Menschen in unserer unmittelbaren Umgebung? Kennen wir all ihre Geheimnisse, all ihre Sünden? Was wissen wir über die Wünsche, die Sehnsüchte und Hoffnungen unserer Lieblingsmenschen? Diese „Verborgenen“ Emotionen sind ein Teil eines jeden Menschen. Wir alle haben Empfindungen, die man gleichwohl auch als besagte „Leichen im Keller“ bezeichnen könnte. 

 

Wie be- und verurteilen wir die Menschen, die wir meinen, so gut zu kennen? Sind wir so tolerant wie man es erwartet, wie wir es selbst von uns erwarten? Wir sind alle Schauspieler und wir übernehmen die Regie für unser eigenes Leben. Wir manipulieren, verbiegen, verbergen Wahrheiten und Lügen vor uns selbst und vor anderen. Niemand kennt uns so gut, wie wir selbst. 

 

Das führt selbstverständlich zu Konflikten in Freund- und Partnerschaften, wenn vielleicht nur ein Bruchteil dessen, was wir verschleiern wollen, an die Oberfläche treibt. Diese persönlichen Offenbarungseide können alles zerstören und diese leidenschaftlichen Tsunamis können auch viele andere Menschen mitreißen.

 

Selbst in unseren Wohnungen und in unseren Häusern verstecken wir Teile unserer Vergangenheit und Gegenwart. Das kann vieles sein; Gegenstände, Tagebücher, Urkunden, Schmuck, Erinnerungen usw. – es gibt kein Haus und keine Wohnung, in denen nichts vor den Augen anderer versteckt wird. 

 

Stellen wir uns nun vor, dass, wenn wir schlafen, jemand im Schatten, in der Dunkelheit stehend uns beobachtet. Wir sind schutzlos ausgeliefert und ahnen nichts von einer Gefahr in unmittelbarer Nähe. Stellen wir uns vor, wir verlassen unsere Wohnung und jemand schleicht durchs Haus und sucht systematisch unsere materiellen Schwächen. Vielleicht bedient sich die Person an unserem Essen, duscht und kleidet sich mit unseren Sachen ein? Ein unvorstellbarer Gedanke – aber leider auch Realität. 

 

Es gibt diese Menschen, die in Häusern in verstaubten Dachböden und dunklen Kellern hausen und nur darauf warten, dass die Räumlichkeiten und Bewohner schlafen, oder diese das Haus verlassen. Diese Eindringlinge werden als „Phrogs“ bezeichnet, abgeleitet von englischen „frog“ (Frosch). Sie bleiben nicht lange an einem Ort, sie ziehen bald weiter, vielleicht wenn es langweilig wird, sie alles entdeckt haben, oder die Bewohner ahnen, dass sie ggf. nicht mehr alleine sind. 

 

Linus Geschke hat all diesen Themen eine Bühne in dem vorliegenden Roman: „Die Verborgenen“ gegeben.

 

Sven und Franziska Hoffmann haben alles, wovon sie einst träumten: eine wunderbare Tochter und ein traumhaftes Haus an der Küste. Alles könnte perfekt sein. Doch dann dringt jemand heimlich in ihr Haus ein. Der ungebetene Gast bedient sich an ihrem Essen, stöbert in ihren Schränken und steht neben ihren Betten, wenn sie schlafen. Als dann noch Gegenstände verschwinden und fremde Fußspuren im Keller auftauchen, bezichtigen sich die Eheleute gegenseitig. Je merkwürdiger die Vorgänge in ihrem Haus werden, desto mehr bröckelt die makellose Fassade der perfekten Familie. Und genau das ist es, was der Eindringling will …(Verlagsinfo)

 

Linus Geschke beweist mal wieder sein vielseitiges Talent. „Die Verborgenen“ ist kein Actionkracher, es ist ein eindrucksvoller und hoch unterhaltsamer Psycho-Thriller. Die Spannung liegt erst verborgen in diesem Haus der Familie, liegt versteckt hinter der Fassade jedes einzelnen Bewohners. Und genau hier fängt die atmosphärische Raffinesse an. Sven, Franziska und ihre Tochter Tabea lassen tief in ihr innerstes Selbst blicken. Sie alle nehmen eine erzählerische Perspektive ein, wie auch „Die Verborgenen“ selbst. Lügen, Wahrheiten, gespielte Emotionen und kriminelle Entgleisungen, Hass, Wut und auch die Liebe – all diese idealisierten Gefühle spielen über die Personen ausgedrückt die wesentliche Rolle. 

 

Tiefer und tiefer tauchen wir in die Psyche dieser Menschen ein und diese präsentieren uns viele verschiedene Abstufungen ihrer perspektivischen Wahrheit. 

Wir fangen unbewusst damit an, diese Menschen zu ver- und zu beurteilen, wir empfinden Sympathie und Antipathie, nur um wenig später festzustellen, dass alles verborgen ist – auch unser empfundenes Bild dieser Figuren. Auch in die Psyche der „Verborgenen“ dringen wir ein – aber langsamer. 

 

Die Spannung schleicht sich langsam, aber stetig in unsere Köpfe. In den einzelnen Kapiteln kommen immer mehr und mehr Wahrheiten auf den Flur der „Wahrheiten“. Diese sammeln sich in einem Kessel voll von brodelnden Gefühlen, der bald mit einer zerstörerischen Wucht explodieren wird. 

 

Lüge und Wahrheit – sind zwei Geschwister in diesem Roman. Sie zanken sich in jedem Kapitel, doch einen strahlenden Finalisten wird es nicht geben. Selbst ein Happy End –  ist nicht frei von Schuld. 

 

„Die Verborgenen“ ist komplex und komplett psychologisch aufgebaut. Linus Geschke beschreibt diesen Roman, als sein „Herzstück“ – ist es auch – ein Roman mit Verstand und Gefühl konzipiert. 

 

Es gibt nicht viel Kritik. Das Ende wird mit Überschallgeschwindigkeit erzählt, und leider bleiben hier die Charaktere der Familie etwas im „Abseits“ sehen. Einen insgesamt vollendeten Abschluss in Hinblick auf eine kleine Aussicht dieser Figuren auf die Zukunft wäre der Story dienlich gewesen. 

 

„Die Verborgenen“ ist eine abgeschlossene Geschichte. Einen weiteren Teil wird es nicht geben. Ich hoffe allerdings, dass Linus Geschke – den Psycho-Thriller für sich entdeckt hat. Intelligent und facettenreich – mit viel Gefühl, das manchmal lauter ist als der Schuss einer Waffe und auch vernichtender sein kann. 

 

Fazit

 

Eine intelligente Offenbarung von Wahrheit und Lüge, hinter der Fassade von Menschen. Perfektes Spiel, bei dem jeder gewinnt und verliert. Unbedingt lesen. 

 

Michael Sterzik



  

Donnerstag, 10. November 2011

Robert Enke - ein allzu kurzes Leben (Ronald Reng)

Das Buch, das Robert Enke selber schreiben wollte
Robert Enke war eine außergewöhnliche Persönlichkeit im deutschen Tor. Mit 20 berufen, für den  legendären FC Barcelona zu spielen, war er mit 25 ein vergessenes Talent. Als es schon fast zu spät schien, etablierte er sich doch noch als Weltklassetorwart. Ronald Reng – Journalist, Torwart und ein Freund Robert Enkes – schildert Erfolge und Misserfolge, aber vor allem erzählt er die Geschichte hinter dem öffentlichen Menschen, von seinen Hoffnungen und Schicksalsschlägen. Robert Enkes Selbstmord berührte und erschütterte Deutschland weit über die Welt des Fußballs hinaus. (Verlagsinfo)
Ein Buch das definitiv aufrüttelt und zeigt das Mensch egal in welcher Branche er tätig ist, egal welche Verantwortung er hat, oder er im Mittelpunkt der Medien steht - immer noch "MENSCH" ist und bleibt. Sind solche Schicksale nicht eigentlich ein "Augenöffner" der unsere Gesellschaft  transparent und ehrlich zeigt!? Leistungs-, Erfolgs- und Geltungsdruck - sind das die modernen Werte die das Leben sinnvoll machen? 

Michael Sterzik