Haralds Gilbers lässt seinen charismatischen, jüdischen
Kommissar Oppenheimer in „Odins Söhne“ zum zweiten Mal nach dem Titel
„Germania“ auftreten.
Der Zweite Weltkrieg neigt sich dem Ende zu. Die alliierten
Truppen stehen vor oder auch schon innerhalb der Grenzen des „Dritten Reiches“.
Die Gewalt und Willkür auch auf Seiten des Nazi Regimes schlagen sich in dumpfe
und verzweifelte Handlungen nieder. Die Bombardements der Alliierten hat die
Luftwaffe des deutschen Regimes nichts mehr entgegenzusetzen und in den
Städten, so auch in Berlin werden die letzten Reserven, an älteren Männern,
Kindern und Jugendlichen vorbereitet, sich an der letzten, entscheidenden
Schlacht zu beteiligen. Kanonenfutter, allemal dafür da wenige Minuten, oder
Stunden zu gewinnen, damit sich die Nazi-Größen der Politik auf Rattenlinien
flüchten können.
Längst schon sprechen die zermürbten Berliner, nicht mehr vom
Endsieg, sondern von einer Befreiung. Sie haben es spät verstanden, viel zu
spät und müssen nun, bedingt durch den verzweifelten Terror des Regimes unter
anderem einen hohen, manchmal persönlichen Preis zahlen. Diese Menschen, die
offen, oder auch versteckt die Lage und den Führer kritisieren, gelten als
Feinde, Verräter, Defätisten, die durch die Volks- und Gerichtshöfe
schnellstmöglich zum Tode in Plötzensee verurteilt werden.
Der ehemalige Kommissar Richard Oppenheimer, der zudem als Jude
durch die Heirat mit Lisa, einer deutschen Lehrerin geschützt war, ist nun
untergetaucht. Eine alte Freundin, Hilde von Strachwitz, eine regimekritische
Ärztin soll ihren Mann umgebracht haben. Oppenheim beginnt zu ermitteln und
stößt auf eine Gruppe von arischen Verschwörern...
Harald Gilbers Roman „Odins Söhne“ ist augenscheinlich ein Krimi
mit inzwischen historischen Elementen. Doch der Krimi, geht mit den
Schilderungen, des täglichen Grauens unter. Der Autor erzählt verdammt
realistisch, in einer düsteren Atmosphäre von den letzten Kriegsmonaten im
zerstörten Berlin. Harald Gilbers beeindruckt durch die Beschreibungen der
Bombardements Berlin und die Stunden darauf, einen Schrecken, der uns begreifen
lässt, welches Grauen unsere Ur-Großväter und Mütter erleiden mussten. Trotz
alledem versuchen die Berliner, den Mut nicht zu verlieren. Ein Alltagsleben im
Krieg – so bizarr und eigentlich unmöglich zu begreifen.
Genau diese Erzählungen lassen beim Leser einen bleibenden
Eindruck. Es ist für uns nicht einfach zu begreifen, wie ein ganzes Volk sprichwörtlich
versagen konnte. Das Tragische an dieser Entwicklung ist allerdings, dass der
Schrecken, der totale Krieg, nun in einer totalen Zerstörung mündete. Dass die
Verantwortlichen dieses desaströsen politischen und militärischen Regimes, sich
feige versteckten und ihre Flucht planten, ist abgrundtief verachtenswert.
Harald Gilbers der mit dem Ehemann Hildegards von Strachwitz die
Figur eines kriminellen und menschenverachtenden KZ Arztes in Spiel bringt,
trägt ebenfalls maßgeblich dazu bei, das Grauen noch eine Nuance zu steigern. Der
Autor beschreibt einige Beispiele von medizinischen Versuchen an KZ Häftlingen,
u.a. auch Kindern.
Krimi oder historischer Roman? Der zentrale Dreh- und Angelpunkt
sind die historischen Elemente, die den Kriminalfall und damit auch einen
großen Teil der Protagonisten verdrängen. Harald Gilbers hat einen großartigen
Roman verfasst, allerdings dabei ggf. auch nicht gewollt, den roten Faden
einfach mal total verloren.
Manchmal
bleibt dadurch die Spannung etwas auf der Strecke, doch das atmosphärische
Grauen beeinflusst und prägt die gesamte Handlung.
Inzwischen
gibt es mit dem Titel „Endzeit“ den dritten Titel und dieser spielt in den
letzten Tages des Krieges, und den ersten Tagen einer neuen Epoche.
Die Figur des
Richard Oppenheimer ist interessant, vielschichtig und sie kann sich noch
entwickeln. Ich bin gespannt, welche Ansatz der Autor Harald Gilber nun in
einem vierten Teil gehen wird.
Michael
Sterzik
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