Dörfer im Nirgendwo sind wie geschlossene Austern – nur dass sie statt Perlen oft dunkle Geheimnisse bergen. In der Abgeschiedenheit der Berge und Wälder, weit weg vom Gesetz der Großstadt, ist die Gemeinschaft Schutzschild und Gefängnis zugleich. Ein perfektes Versteck für jene, die vor der Justiz oder ihrer eigenen Vergangenheit fliehen.
Der Fundort: Makaber und Einzigartig
Der neunte Fall für Olivia Rönning beginnt mit einem bizarren Paukenschlag: Inmitten eines riesigen Ameisenhaufens in den nordschwedischen Wäldern wird eine Leiche entdeckt. Der Fundort liegt ausgerechnet an einer alten samischen Opferstätte – ein Ort, der bereits vor dem Mord von Blut und Mythen getränkt war.
In das beschauliche Dorf Slagtjärn, das eigentlich für seine Offenheit gegenüber Aussteigern und Exzentrikern bekannt ist, kriecht die Angst. Doch je tiefer Olivia in den sozialen Kosmos des Ortes eindringt, desto schneller schließen sich die Türen.
In einem großen Ameisenhaufen in den schwedischen Wäldern wird eine Leiche entdeckt. Olivia Rönning soll die hiesige Polizei bei den Mordermittlungen unterstützen. Der Tatort liegt nicht weit von einer alten samischen Opferstätte, ausgerechnet dort finden Forensiker deutliche Blutspuren. Angst macht sich in dem nahe gelegenen Dorf Slagtjärn breit. Ist es noch sicher, in der Dämmerung allein spazieren zu gehen? Dank des Zustroms von Städtern und niederländischen Auswanderern erfreut sich der kleine Ort eines lebhaften Miteinanders. Die Akzeptanz von Außenseitern und Exzentrikern ist traditionell hoch, doch jetzt ist der Zusammenhalt der Gemeinschaft bedroht. Je tiefer Olivia in diesen Kosmos eindringt, desto misstrauischer und verschlossener reagieren die Menschen. Um das Geheimnis des Dorfes zu lüften, muss sie schließlich Tom Stilton und Mette Olsäter um Hilfe bitten. (Verlagsinfo)
Ein bizarres Ensemble ohne Tiefgang
Die Stärke des Romans liegt zweifellos in seiner skurrilen Besetzung. Das Dorf gleicht einem menschlichen Kuriositätenkabinett:
• Ein Hellseher mit beunruhigenden Visionen.
• Eine Familie aus der rechten Szene.
• Ein Prepper, bereit für den Weltuntergang.
• Ein autistischer Junge als stiller Beobachter.
Diese Figurenkonstellation verspricht Hochspannung, doch hier liegt auch die Krux: Während die Beziehungen untereinander zwar für Reibung und kryptische Dialoge sorgen, fehlt es der Geschichte an erzählerischer Tiefe. Die Handlung plätschert solide dahin, lässt aber die großen Wendungen und die atmosphärische Verdichtung vermissen, die man von dem Autorenduo gewohnt ist.
Wo ist Tom Stilton?
Der größte Wermutstropfen für Fans der Reihe: Die gewohnte Dynamik fehlt. Olivia agiert fast bis zum Finale als Einzelkämpferin. Die einstigen Ankerfiguren Tom Stilton und Mette Olsäter verblassen zu bloßen Randnotizen oder fernen Mentoren.
Ohne das Gegengewicht von Stilton verliert die Erzählung an erzählerischer Qualität. Die exklusive Perspektive Olivias engt den Raum für die Charakterentwicklung der anderen Figuren spürbar ein. Erst im letzten Drittel blitzt das alte Potenzial auf, wenn sich die Abhängigkeiten und Geheimnisse der Dorfbewohner endlich entwirren.
Fazit:
Ein handwerklich solider Krimi mit einem großartigen Setting, der jedoch unter der Abwesenheit seiner stärksten Charaktere leidet. Ein Muss für Komplettisten, aber ein eher blasserer Beitrag zur Serie.
Michael Sterzik

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