Samstag, 28. Juli 2018

Das Labyrinth des Blutes - Alex Thomas


Der Feind meines Feindes ist mein Freund?! Stimmt diese These? Sind Mörder von Serientätern, von Kinderschändern „kriminell“ ? Vor der Justiz in jedem Fall - Staatsanwalt, Richter und Henker in einer Person zu sein, ist gesetzlich nicht akzeptabel. Allerdings wie verhält es sich mit der Moral in diesem Fall? Ist der Gerechtigkeit damit genüge getan, dass kriminelle Subjekte endgültig von einem Rächer beseitigt werden? Wo fängt die Gerechtigkeit an, wo gerät sie an ihre gesellschaftlichen und ethischen und moralischen Grenzen? Die Begrifflichkeiten der Worte „Gut“ und „Böse“ vermengen sich und wie interpretiert man das entstandene „Delta“?

Schon längst faszinieren uns in der Literatur und im Film, die Bösewichter, die Einzelgänger, die Figuren, die in ihrem persönlichen Gut-Böse-Labyrinth irgendwie den Ausgang verpasst haben?! Sie personifizieren mitunter eine Stärke, nicht nur physisch, sondern auch psychisch, die beeindruckt. Doch so ganz einfach, ist das nun auch wieder nicht. „Gut“ und „Böse“ sind nicht einfach festen Gesetzen zuzuordnen – die Perspektive, die Motive sind mitunter und auch nur ein erklärendes Argument.

Das Autorenduo Alex Thomas thematisiert diese Brisanz in ihrem neuesten Titel: „Das Labyrinth des Blutes“ erschienen im Verlag Edition M. Nach dem ersten Roman: „Die Tränen der Kinder“ bekommt es nun die ISA Agentin Paula Tennant mit dem Serienkiller „Ghost“ zu tun, der als Richter und Henker, Kinderschänder ihrem Schöpfer näherbringt. Eine blutige Spur, die quer durch Europa, nun die Metropole London erreicht hat.  
Auch der zweite Teil, dieser neuen Reihe überzeugt. Die Spannungsmomente sind gut bis zum Showdown verteilt, die Figuren verdammt gut positioniert. Timing und Prozesse der Erzählkunst in einer faszinierenden Kombination. Allerdings muss ich sagen; ist die charakterliche Zeichnung des „Ghost“ und die Figur des Robert Bernstein ungemein tiefer, als die von der eigentlichen Hauptfigur, die manchmal etwas in einer Nebenrolle abdriftet. Das ist aber gar nicht schlimm, sondern ausgesprochen genial und fördert ohnehin die vorhandene, spannende Grundstimmung.

Es liegt auf der Hand, dass das Universum in dem sich Paula Tennant bewegt und ermittelt, komplex aufgestellt ist. Einzelne erzählerische Elemente des ersten Bandes  und die jüngste, traumatische Vergangenheit der jungen und exzentrischen Agentin finden hier einen festen inhaltlichen Platz. 

Der Bezug zur Realität ist auch gegeben. Das Ermittlungsorgan der ISA gibt es nicht, wohl aber übergeordnete, europäische Vereinigungen der Polizeibehörden, die länderübergreifend Daten austauschen und kommunizieren. Wie effektiv das allerdings ist, mag ich nicht zu bewerten. Ebenfalls ist das thematisierte DarkNet keine Fiktion, sondern grausame Realität. Im Darknet werden unsere schlimmsten Ängste und Triebe mit digitalisierter Unterstützung zu reellen Albträumen. Menschen- und Waffenhandel, Drogen, Mordaufträge, Kinderschänder, Okkultismus und vieles mehr. All das wird dort gehandelt, ge- und verkauft. Die Anonymität schützt – und längst vermutet man, dass hochrangige Politiker und Wirtschaftsbosse, ggf. die Kirche hier involviert ist. Eine Loge des „Bösen“, eine Elite des Grauens, mehr Fakt als Fiktion.

Das Autorenduo Alex Thomas, dass sich sowieso gerne mit Mythen, Verschwörungen und was-wäre-wenn-thesen befasst, hat mit dem zweiten Band: „Das Labyrinth des Blutes“ einen hochklassigen Spannungsroman verfasst.

Es gibt aber auch ein paar wenige Kritikpunkte. Es wäre interessant gewesen, wenn der Ghost selbst in der Handlung persönlich zu Wort gekommen wäre. Auch die Symbolik – Alpha und Omega – und die Vereinigung, die zweifelsfrei dahintersteckt, hätte man mehr Einfluss geben können. Der Grundgedanke, das Fundament birgt so viel Potenzial – über alle Grenzen Europas und der Gesellschaftsschichten hinweg interpretiert, eine interessante Spielwiese, die gar nicht so fiktiv sein mag.

Fazit

„Das Labyrinth des Blutes“ von Alex Thomas ist ein hochklassiger, geistreicher Pageturner. Er hätte ruhig noch 200 Seiten stärker ausfallen können. Fakten und Fiktion mit einer verschwörerischen Note in Kombination, versprechen spannende Stunden. Prädikat: exzellent – und bitte mehr.

Michael Sterzik

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