Der Feind meines Feindes ist mein Freund?! Stimmt diese These?
Sind Mörder von Serientätern, von Kinderschändern „kriminell“ ? Vor der Justiz
in jedem Fall - Staatsanwalt, Richter und Henker in einer Person zu sein, ist
gesetzlich nicht akzeptabel. Allerdings wie verhält es sich mit der Moral in
diesem Fall? Ist der Gerechtigkeit damit genüge getan, dass kriminelle Subjekte
endgültig von einem Rächer beseitigt werden? Wo fängt die Gerechtigkeit an, wo
gerät sie an ihre gesellschaftlichen und ethischen und moralischen Grenzen? Die
Begrifflichkeiten der Worte „Gut“ und „Böse“ vermengen sich und wie
interpretiert man das entstandene „Delta“?
Schon längst faszinieren uns in der Literatur und im
Film, die Bösewichter, die Einzelgänger, die Figuren, die in ihrem persönlichen
Gut-Böse-Labyrinth irgendwie den Ausgang verpasst haben?! Sie personifizieren
mitunter eine Stärke, nicht nur physisch, sondern auch psychisch, die
beeindruckt. Doch so ganz einfach, ist das nun auch wieder nicht. „Gut“ und „Böse“
sind nicht einfach festen Gesetzen zuzuordnen – die Perspektive, die Motive
sind mitunter und auch nur ein erklärendes Argument.
Das Autorenduo Alex Thomas thematisiert diese Brisanz in
ihrem neuesten Titel: „Das Labyrinth des Blutes“ erschienen im Verlag Edition
M. Nach dem ersten Roman: „Die Tränen der Kinder“ bekommt es nun die ISA
Agentin Paula Tennant mit dem Serienkiller „Ghost“ zu tun, der als Richter und
Henker, Kinderschänder ihrem Schöpfer näherbringt. Eine blutige Spur, die quer
durch Europa, nun die Metropole London erreicht hat.
Auch der zweite Teil, dieser neuen Reihe überzeugt. Die
Spannungsmomente sind gut bis zum Showdown verteilt, die Figuren verdammt gut
positioniert. Timing und Prozesse der Erzählkunst in einer faszinierenden
Kombination. Allerdings muss ich sagen; ist die charakterliche Zeichnung des „Ghost“
und die Figur des Robert Bernstein ungemein tiefer, als die von der
eigentlichen Hauptfigur, die manchmal etwas in einer Nebenrolle abdriftet. Das
ist aber gar nicht schlimm, sondern ausgesprochen genial und fördert ohnehin
die vorhandene, spannende Grundstimmung.
Es liegt auf der Hand, dass das Universum in dem sich
Paula Tennant bewegt und ermittelt, komplex aufgestellt ist. Einzelne
erzählerische Elemente des ersten Bandes und die jüngste, traumatische Vergangenheit
der jungen und exzentrischen Agentin finden hier einen festen inhaltlichen
Platz.
Das Autorenduo Alex Thomas, dass sich sowieso gerne mit
Mythen, Verschwörungen und was-wäre-wenn-thesen befasst, hat mit dem zweiten Band:
„Das Labyrinth des Blutes“ einen hochklassigen Spannungsroman verfasst.
Es gibt aber auch ein paar wenige Kritikpunkte. Es wäre
interessant gewesen, wenn der Ghost selbst in der Handlung persönlich zu Wort
gekommen wäre. Auch die Symbolik – Alpha und Omega – und die Vereinigung, die
zweifelsfrei dahintersteckt, hätte man mehr Einfluss geben können. Der
Grundgedanke, das Fundament birgt so viel Potenzial – über alle Grenzen Europas
und der Gesellschaftsschichten hinweg interpretiert, eine interessante
Spielwiese, die gar nicht so fiktiv sein mag.
Fazit
Michael Sterzik
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