Im Jahre 2015 wurden die Grenzen für die vielen Flüchtlinge
aus Syrien, Afghanistan, Afrika etc. geöffnet. Eine polarisierende Stimmung
breitete sich aus – nicht nur in Europa, nicht nur in Deutschland. Für die
Flüchtlinge, die aus verwüsteten Bürgerkriegsregionen sind Länder wie
Deutschland und Schweden paradiesisch. Doch der Weg ins „Paradies“, übers Mittelmeer ist lebensgefährlich und für
viele die letzte Hoffnung auf (Über)Leben. In unserer Komfortzone können wir
uns die Schrecken nicht ausmalen, wollen wir auch nicht – denn im Gegensatz zu
diesem Menschen, haben wir Not, Elend, Folter, Mord und Gewalt persönlich
höchstwahrscheinlich niemals erlebt. Hinzu kommt noch, dass viele Menschen für
diese Höllenfahrt nicht nur Familie, Freunde und ihre Heimat hinter sich
gelassen haben, sondern auch ihr allerletztes Geld. Sie gaben alles auf –
Besitz, finanzielle Rücklagen und Ersparnisse, Schmuck und Immobilien für den
Wunsch, sich und ihren Kindern ein Leben fernab von Krieg, Not und Elend zu
bieten!?
Im dritten und letzten Band: „3 Stunden“ – der Piet-Hoffmann-Trilogie
greifen die beiden Autoren Roslund und Hellström dieses brisante Thema in ihrem
neuesten Thriller auf.
In einem Stockholmer Krankenhaus wurde eine Leiche in die
Obduktion eingeschleust – niemand weiß, wer der Tote ist. Als plötzlich weitere
Leichen am selben Ort gefunden werden, ahnt Kommissar Ewert Grens: Jemand
versucht elegant seine Spuren zu verwischen. Die Fährte führt zu einem
Massengrab, wo außerdem ein Handy auftaucht, auf dem Fingerabdrücke gesichert
werden: die des Doppelagenten Piet Hoffmann. Ewert Grens muss erneut gegen
seinen Freund ermitteln – doch wo steckt dieser? (Verlagsinfo)
Das Zusammenspiel des alten und erfahrenen, schwedischen
Kommissar Ewert Grens und dem Agenten und Spezialisten für Infiltration – Piet Hoffmann
hat sich stark geändert. Das frühere Katz-und-Maus-Spiel wandelt sich in eine
schwierige Freundschaft – geben und nehmen – Schuld und Vergebung sind die
Motivation dieser beiden Profis. Ewert hat in seiner Laufbahn viel erlebt, viel
gesehen was Menschen einander böses antun können, allerdings kommt er in dieser
Situation an seinen psychischen Grenzen als er den Container öffnet und mehr
als 100 Leichen findet – Frauen und Kinder, alte und junge Menschen. Um jeden
Preis will Ewert den schwedischen Hintermann identifierzien und verhaften – mit
diesem Ehrgeiz erpresst er seinen früheren Gegenspieler und nun „Freund“ Piet
Hoffmann ihn zu helfen.
Die Grundstory ist schnell erklärt: „Menschenhändler“, ein
System von Männer und Frauen, die mit der Not und dem Überlebenswillen der
verzweifelten Menschen ihren Profit machen wollen. Opfer – sind nur in dieser
unmenschlichen Kalkulation einberechnet – nicht jeder wird die Überfahrt
überleben und eine Geld-zurück-Garantie gibt es nicht.
„3 Stunden“ von Roslund und Hellström ist ein
hochspannender, und aktueller Thriller. Doch nicht nur eine spannende
Unterhaltung wird hier transportiert – der Schrecken, die Anspannung, die
Entbehrungen, aber auch der feste Wille zu überleben, mit Hoffnung und Freude
sich den Gefahren stellen – ja auch das lassen die Autoren auf den Leser
konsequent und kompromisslos erzählt los.
Das erschreckende daran ist, dass die Flüchtlinge hier zu
Wort kommen – zwar kurz aber sehr nachhaltig.
Der Thriller „3 Stunden“ erzählt von vielen
Beziehungsebenen, nicht nur zwischen dem Kommissar und dem Agenten der diesen
Menschenhändlerring unterwandert, sondern auch zwischen ihm und seiner Frau und
den Kindern.
Schaut man zu lange in die „Hölle“ so verschlingt sie einen
– Piet Hoffmanns Leben kommt nicht zur Ruhe – vielleicht sucht er Vergebung
seiner Sünden – doch sich aus den komplizierten Fängen einer selbstauferlegten
Hölle, gelingt nur schwer. Sein früheres Leben – basierte auf Lügen,
Täuschungen, Manipulationen – immer schwebte der Agent in Lebensgefahr. Ein
Druck – an dem man psychisch und physisch zerbrechen kann.
Die Reihe um die beiden so unterschiedlichen Ermittler
endet mit diesem Band – zufriedenstellend? Das muss jeder für sich selbst
entscheiden. Die Trilogie ist allerdings absolut zu empfehlen. Realistische
Atmosphäre – gute Actionszenen und eine tolle Regie-Leistung – betrachtet man
die Dialoge und das Talent der Autoren die Beziehungsebenen sehr feinfühlig zu
erzählen. Das Tempo stimmt – keine Längen, die man überwinden muss.
Am Ende des Romans wird der sensible Leser vielleicht
anders denken – über die anderen – die Fremden, denen wir so wenig Vertrauen
schenken, für die wir viele Vorurteile parat haben und doch zu wenig darüber
wissen, welche „Schritte“ und Entscheidungen sie gehen und fällen mussten.
„3 Stunden“ von Roslund und Hellström ist ein hochaktueller
Pageturner. Packendes, polarisierendes Thema, dass hier nachhaltig den Opfern
gewidmet ist und den Überlebenden. Eine der stärksten Trilogien aus
Skandinavien. Absolut zu empfehlen – aber bitte der Reihe nach.
Michael Sterzik
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