Samstag, 27. April 2019

Das Bekenntnis - John Grisham


Der amerikanische Autor und Rechtsanwalt John Grisham ist durch seine Justizthriller – „Die Jury“ – „Der Klient“ – „Die Firma“ weltbekannt geworden. Seine Romane sind oftmals mit Hollywoodgrößen der Schauspielkunst erfolgreich fürs Kino und Fernsehen umgesetzt worden.

John Grisham weiß wovon er schreibt – als Rechtsanwalt kennt er das amerikanische Rechtssystem mitsamt seinen Facetten, seinen Schwachpunkten, aber auch deren Stärken sehr genau. Die Justiz in den USA ist ganzheitlich mit der unseren Rechtsprechung kaum vergleichbar. Hin und wieder spielen sich wahre Dramen in den amerikanischen Gerichten ab – Theatralik und Dramatik par excellence. Ein Schachspiel mit all seinen Figuren.
In seinem neuesten Roman „Das Bekenntnis“ erschienen im Heyne Verlag steht die Justiz allerdings auf der Ersatzbank, ein literarisches Füllmaterial. Das Storytelling handelt von Lügen, traditionellen Vorstellungen von Ehre, Moral und Anstand. Ebenfalls erzählt John Grisham durch seine Charaktere von Pflicht und Ehre, von überholten Rassengesetzten und südamerikanischen Idealvorstellungen.

Gerade der letztere Punkt ist ein wesentlicher Bestandteil des Romans. Die Story spielt um das Jahr 1947 – die ersten Nachkriegsjahre. Der amerikanische Süden – traditionell verbohrt in längst überlebten Dogmen, die zum Teil nicht aufgegeben werden wollen.
Vom Winde verwehte Familienverhältnisse durch den Krieg, lassen die Familie Banning nicht zur Ruhe kommen. Der Großgrundbesitzer einer Baumwollplantage Pete Banning, der als Kriegsheld im Pazifik kämpfte, ist ein angesehener Bürger, Freund und Partner für die Menschen in seiner kleinen Stadt. Eines Morgens erschießt er mit seinem 45-Colt den etwas jüngeren Pastor in dessen Arbeitszimmer. Er lässt sich teilnahmslos festnehmen – bleibt aber hinlänglich den Hintergründen seiner Tat still und schweigsam. Ein kurzer Prozess folgt – das Urteil schmettert seine Kinder und seine Schwester in ein Trauma von Lügen, unausgesprochenen Geheimnissen….

Wie Fackeln im Sturm müssen sich die beiden Kinder fühlen. Die Mutter in der Psychiatrie – aus unerklärlichen Gründen, die Tante die wie ihr Bruder schweigt. Warum hat ihr Vater einen kaltblütigen, methodischen Mord begonnen!?

„Das Bekenntnis“ von John Grisham ist eine tiefgründige Charakterstudie. Erzählt wird die Story, aus einigen verschiedenen Blickwinkeln, die zwar interessant ist, aber leidlich spannend. Die wesentliche Tat lässt sich durch Analyse der Charaktere auflösen – wenn man allerdings trotzdem etwas überrascht sein darf. Die Figur Pete Banning geht während des Pazifikkrieges durch die Hölle: Kampfhandlungen, Kriegsgefangenschaft, Krankheiten, Folter und Misshandlungen lassen ihn kaum überleben. Nur der Gedanke an seine Kinder und seiner liebevollen Frau lassen ihn hoffen.

 Mal abgesehen von einer Handlung, die wenig spannend ist, transportiert John Grisham eine sehr feingetunte und sehr sensible Charakterzeichnung die nachhaltig fesselt.
„Das Bekenntnis“ ist eine Familientragödie die letztlich in rechtliche Fragen konsequent eskaliert. Allerdings zeigt es sich, dass Justizia hier wirklich blind bleibt, weil niemand ihr die Augenbinde abnimmt. Schicksale, die also im dunklen bleiben.

Dem Autor gelingt es aber die tiefverwurzelten Moralvorstellungen, die manchmal jenseits aller Logik und Vernunft existieren, darzustellen. Aber wie gesagt, in den später 40er Jahren des letzten Jahrhunderts war „noch“ alles anders. Als Kind des Südens erklärt sich das vielleicht dann doch noch ganz anders.

Das Schicksal der Protagonisten rührt einen, selbst für den Mörder kann man Verständnis aufbringen, auch wenn das vielleicht aus der medizinischen Perspektive so ist.
Völlig deplatziert und zu stark inhaltlich ausgebaut wurden die Kriegserlebnisse von Pete Banning. Die Schilderungen von Folter, Krankheiten, willkürlichen Morden der Japaner sind allzu drastisch und konzentriert erzählt.

Letztlich hätte die Handlung für eine Kurzgeschichte absolut gereicht. Die erzählerische Wucht wäre tiefgehender gewesen.

Fazit

„Das Bekenntnis“ von John Grisham ist kein Justizthriller – eine tiefgründige Charakterstudie, die das eingesperrte moralische Universum der Südstaaten eindringlich erzählt. Leidlich spannend – aber trotzdem unterhaltsam erzählt.

Michael Sterzik


Samstag, 20. April 2019

Die Spur des Geldes - Peter Beck


Krieg – Terrorismus – und das liebe Geld für die Finanzierung. Tja, ohne finanzielle Mittel wird es schwer werden einen Krieg, oder einen Terrorangriff zu konzipieren und durchzuführen. Schließlich bleibt es doch immer am lieben Geld hängen, dass letztlich Entscheidungen lenkt und Maßnahme gesteuert werden können. Terrorangriffe kosten immer verdammt viel Geld: Mittelsmänner, Waren, Waffen, Logistik, Korruption, usw. die Liste ist lang.

Seit 9/11 gibt es im Genre Thriller einen Umbruch. Der Ereignisfaktor „Terroristischer“ Angriff ist inzwischen ein gerne und gut platzierter Plot, den Autoren gerne für ihre spannenden Storys verwenden. Früher war es der Kalte Krieg – nun werden Auseinandersetzungen unter dem Deckmantel: „Freiheitskampf“ geführt. Auch zu finden unter dem Oberbegriff  „Terrorismus“. Die Angst vor einen Atomangriff hat sich relativiert, wir wissen alle, hier gäbe es keine wirklichen Gewinner. Wer profitiert schon von einer zerstörten Stadt, oder einen verwüsteten Kontinent!?

Viel realer, und leider auch wahrscheinlicher sind dagegen Terrorangriffe. Mit Waffengewalt, mit zweckentfremdeter Methodik via Verkehrsmitteln usw. Sehen wir mal ab von einer schmutzigen Bombe, gibt es hier noch Alternativen der biologischen, oder chemischen Angriffe.

In Film und viel mehr in der Literatur wurden schon viele schreckliche Szenarien verarbeitet. Im vorliegenden Band: „Die Spur des Geldes“ von Peter Beck – verwendet der Autor eine realistische Idee des Terrorangriffs, der die gesamte Infrastruktur eines Landes kollabieren lassen würde. Sei es nun gesellschaftlich, gesundheitlich, militärisch usw. – der Bodycount an Opfern wäre auch über Ländergrenzen hinweg dramatisch.

Peter Becks dritter Thriller mit seinem Protagonisten: Tom Winter in „Die Spur des Geldes“ vermittelt sehr authentisch, erschreckend und zum Ende hin extrem spannend, die Gefährlichkeit eines weltweiten Terrorangriffes.

In einem Schacht beim Tegeler See wird ein Mitarbeiter der Berliner Wasserwerke gefunden, grausam zu Tode gefoltert. Schnell zeigt sich: Er war in dubiose Bankgeschäfte verwickelt. Tom Winter, wortkarger Sicherheitschef einer Schweizer Privatbank, will gemeinsam mit dem LKA Licht in die Angelegenheit bringen und stößt in den Wasserwerken von London, München und Zürich auf verdächtige Machenschaften. Ist Europas Trinkwasser in Gefahr?(Verlagsinfo)

Der Autor Peter Beck ist insgemein sehr verwandt mit einem Schweizer Uhrwerk. Konzeptionell stark, verarbeitet er seine Grundideen für die Romane sehr feinfühlig. Gedanken, Ideen, Eventualitäten greifen in einander Zahnrad in Zahnrad Mikromanagement in der Literatur.

„Die Spur des Geldes“ ist spannend, und gewinnt aber auch erst ab der Mitte an Tempo. Bis dahin gibt es die eine oder andere strukturelle Langsamkeit. Etwas mehr an dramatischen Elementen – Situativ übergreifend, hätte der Spannung im Buch einen weiteren Schub gegeben.

Peter Beck verfängt sich nicht in einem Netz von logischen Fehlern, oder Übertreibungen, sondern formt seine Spannungsmatrix sehr stabil. Der Titel sagt schon aus, dass das Geld dazu dient, den Terror maßgeblich zu finanzieren. Das dabei ebenfalls politische Strömungen eine Rolle spielen, spricht er an – spielt aber leider diese Rolle nicht aus. Gibt es Terror, der von einem Staat ausgehen kann – ein gefährliches Gedankenspiel, dass er hier aufzeigt!? Auch hier hätte man etwas mehr daraus entwickeln können.

Die Protagonisten – alle voran Tom Winter sind gut aufgestellt. Als Sicherheitschef einer privaten Schweizer Bank hat man den Eindruck, dass sein tägliches Aufgabengebiet ihn nicht ganz auszufüllen vermag. Dieser Titel – „Die Spur des Geldes“ zeigt eine Seelenverwandtschaft mit dem britischen Spion und Agenten James Bond. Tom Winter könnte der kleine Bruder sein – Autos, Waffen, einen Drink am Abend, Blofelds Katze, regen die Frage einer literarischen Verwandtschaft an. Spaß beiseite – die Charakterzeichnung ähnelt der Figur von Ian Fleming nur oberflächlich. Nichtsdestotrotz ein sympathischer, ambitionierter Charakter mit dem drive zum spektakulären Aktionismus. Er hat zwar nicht die  License to kill – aber besser andere töten, als getötet werden.
Auch die Liebe kommt nicht zu kurz – als klassisches Element, natürlich gerne eingebaut, ob diese allerdings im vierten Band noch Bestand hat, bleibt im dunklen.

„Die Spur des Geldes“ ist der dritte Band von Peter Beck und hoffentlich nicht der letzte. Der Autor besitzt ein großes, schriftstellerisches Talent, dass er leider noch nicht vollumfänglich zeigt. Etwas mehr Dramatik, etwas mehr Action – könnte er sich ruhig mal trauen. Wahrscheinlich wäre er, von sich selbst überaus positiv überrascht.

Fazit

„Die Spur des Geldes“ zeigt sich von seiner Schokoladenseite. Dunkle Spannung – die Handlung greifen wie Zahnräder ineinander, für Geschmacks-Action-Explosionen ist gesorgt. Liebeleien und der Wechsel an Schauplätzen lassen ebenfalls keine Langeweile aufkommen. Brisante – aktuelle Themen gut eingebaut.

Sehr empfehlenswert – aber noch nicht den Zenit erreicht. Prädikat: Sehr starker Thriller, der mit Ängsten spielt.

Michael Sterzik

Freitag, 12. April 2019

Schlacht und Ehre - Simon Scarrow

Napoleon Bonaparte – der kleine Mann aus Korsika, der zu einem großem Feldherrn wurde, ein außerordentlicher militärischer Stratege war und später zum Kaiser der Franzosen wurde. Mit seinen Armeen hielt er ganz Europa in Schach und seine selbstauferlegte Krönung, führte zu viel Unmut und weiteren Konfrontationen mit England, Österreich und nicht zuletzt Russland. Auch innenpolitisch polarisierte seine Person sehr stark. Militärisch erfolgreich – überschätzte er sich mit seiner eigenen Wahrnehmung als Kaiser in seinem Reich. Gerade der katastrophale Feldzug in Russland riss ihm Einfluss, Begeisterung und Rückhalt unter dem Boden weg. Der Anfang vom Ende.
Doch jeder Tyrann hat seine Feinde – die ihn letztlich auch stürzen und seinen Untergang bestimmen. Die Geschichte ist voll von großen Namen, die den egozentrischen Führern, Königen und Kaisern Einhalt geboten haben – entweder politisch, militärisch, oder am besten gleich beides.
Arthur Wellesley, 1. Duke of Wellington und Gebhard Leberecht von Blücher, Fürst von Wahlstatt waren seine Gegner und beendeten durch die berühmte Schlacht bei Waterloo, dass Ende seiner Herrschaft.
Medial wurde der Charakter des berühmten Generals und späteren Kaisers Napoleon breitgefächert in Film und in der Literatur bereits ausgeschlachtet. Unzählige Fernsehfilme und Serien erzählten vom kometenhaften Aufstieg und tiefen Fall des „kleinen“ Franzosen (der mit seinen 1,68m – für seine Zeit gar nicht klein an Statur gewesen ist).
Simon Scarrow, der mit seinen historischen Romanen aus der römischen Epoche sehr erfolgreich und bekannt wurde, widmet sich jetzt Napoleon Bonaparte und Arthur Wellesy. Dabei verfolgt er einen interessanten Ansatz und geht dabei bis in die Kindheits- und Jugendjahre der beiden späteren Erzfeinde zurück.
Historisch gesehen fragwürdig, die Quellenlage erklärt sich allzu oberflächlich und der Autor Simon Scarrow erzählt in seinem ersten Band dieser Reihe: „Schlacht und Blut“ die charakterliche Entwicklung der beiden Strategen. Eine feine, Analyse und freie Interpretation dieser beiden Männer, die sich im Grunde gar nicht so großartig voneinander unterscheidet. Später geht jeder seinen, individuellen, selbstbestimmten Weg – erfolgreich – tragisch – dramatisch – aber immer sehr selbstbestimmend.
Beide Feldherren entstammenden den Adel. Wobei Napoleons Familie im Gegensatz zu Wellesy relativ unbedeutend war. Simons Scarrow nimmt sich im vorliegenden Roman viel Zeit um die ersten Schritte in Kindheits- und Jugendschuhen der beiden zu erzählen. Doch diese sind sehr interessant und unterhaltsam und spiegeln den Grundtenor des Charakters wieder. Um es auf den Punkt zu bringen: Einfach war die Kindheit und Jugend der beiden schwierigen Jungen nicht.
Die charakterliche Entwicklung mit all ihren persönlichen Manifestationen erzählt Simon Scarrow sehr ausführlich. Dabei konzentriert er sich nicht nur auf die Person der beiden Protagonisten, sondern beleuchtet das Familienleben und dessen Einfluss und Wirkung sehr genau.
Simon Scarrow lässt sich viel Zeit, bevor er die beiden Militärischen Strategen in die Schlacht schickt und der Titel: „Schlacht und Blut“ an Gewichtung gewinnt. Das letzte Drittel des Romans, katapultiert den Leser auf das Schlachtfeld. Dort aber entfaltet sich das ureigene Talent des Autors absolut konsequent und der Schrecken einer Schlacht mit Kanonen, Gewehren und dem Bajonett und dem Sterben auf dem Feld der Ehre wird absolut eindringlich erzählt.
Simon Scarrow ist bekannt dafür, dass er ein imposantes, erzählerisches Schlachtengemälde erzählerisch im Kopf des Lesers manifestieren kann. Doch er kann vielmehr – auch wenn die ausschweifenden Lebensläufe von Napoleon Bonaparte und Arthur Wellesley haarklein erzählt werden, sind diese im Grunde ebenfalls spannend, in jedem Fall unterhaltsam und nicht zuletzt der Grundstein.
Auch wenn „Schlacht und Blut“ ein historischer Roman ist – so erklärt sich der Autor selbst dazu, dass er sich viel schriftstellerische Freiheiten genommen hat. Die historischen Meilensteine sind verarbeitet, aber in Zielrichtungen einer spannenden Unterhaltung natürlich „frei“ interpretiert und ausgebaut. Also vorsichtig hier – wenn man erwartet, dass die historische Quelllage „fein“ eingearbeitet wurde.
Nichtsdestotrotz ist „Schlacht und Blut“ von Simon Scarrow ein sehr guter, historischer Roman der zweifelsfrei eine packende Unterhaltung bietet. Die nächsten Bände dieser Reihe, werden sich zweifelsfrei auf die berühmten Schlachten konzentrieren. Da es voraussichtlich noch drei weitere Bände geben wird, ist dafür also noch Zeit genug.
Atmosphärisch toll erzählt. Genial tiefe Charakterisierung der Figuren. Konzentrierter Einblick in die Epoche – auch der Französischen Revolution und des Adels. Militärische Strategie und die Schrecken einer Feldschlacht.
Fazit
Ein toller historischer Abenteuerroman, der spannend unterhält und wenig polarisiert. Hochklassige charakterlicher Aufbau. Ein Roman der überzeugt – und leider dazu führt, dass man möglichst schnell zu Teil 2 greifen möchte.
Michael Sterzik


Freitag, 5. April 2019

Staatsfeind - Veit Etzold


Verschwörungstheorien sind unsterblich. Sie überleben alle logischen Erklärungen, wissenschaftliche Beweise, Gegendarstellungen usw. Es wird immer Menschen geben, die die Logik beiseiteschieben, die ungeachtet aller Vernunft, die Realität ausblenden. All das kann Teil einer gefährlichen Ideologie sein. Kann – muss nicht.

Die Politik, Wirtschaft, das Militär und selbst die Religion sind durchsetzt von Geheimbünden, Logen, Vereinigungen und Systemen – die unsere Regierungen unterwandert haben und die Geschicke des Staates wie eine Schattengesellschaft steuern. Ist dem so? Können wir manipuliert werden und verschließen mit offenen Augen das offensichtliche? Es gibt keine abschließenden, befriedigenden Antworten auf alle diese konstruierten Fragen. Alles nur Mythos, alles eine fragwürdige Legendenbildung?

Der aus Bremen stammende Bestsellerautor Prof. Dr. Veit Etzold befasst sich in seinem neuesten Thriller „Staatsfeind“ mit ebendieser Thematik. Die Story spielt in Deutschland – just in Time in diesem Jahr – die Wiedervereinigung nähert sich mit großem Schritten seinen 30jährigen Jubiläum. Ein Grund zum Feiern? Nicht für jeden – es gibt offensichtliche, wirtschaftliche, militärische und soziale Interessenvertreter, die diese Party wortwörtlich sprengen möchten. Es müssen Feindbilder her um Deutschland in Europa wieder stark zu positionieren. Der Kalte Krieg war eine höchst willkommene Komfortzone für die „alten“ Krieger. Eine ganze einfache „schwarz/weiß-Feindbildaufstellung.

Der ehemalige KSK-Soldat Iwo Retzick wird von seinem alten Kameraden Philipp kontaktiert, der als Politiker Karriere macht. Philipp braucht Iwos Hilfe bei einem Vorhaben, das die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland für alle Zeiten verändern soll. Was sich da zwischen Dubai und Berlin zusammenbraut, ist so ungeheuerlich, dass es selbst Iwos schlimmste Albträume übersteigt. Doch die Verschwörung reicht bis in die allerhöchsten Kreise von Finanzwesen, Politik und Sicherheitsdiensten, und wenn Iwo sie stoppen will, gibt es dafür nur einen Weg: von innen. (Verlagsinfo)

Veit Etzold verarbeitet in seinem Roman „Staatsfeind“ alle Verschwörungstheorien wie Autopilot. Dabei lässt er wirklich keine tragende Säule der Wirtschaft, des Militärs, der Regierung aus dem Spiel. Gelenkter Terror, oder elitärer Befreiungskampf? Man kann davon halten was man will – beim Lesen des vorliegenden Romans wird man mit Höchstgeschwindigkeit auf dieser Verschwörungswand zusteuern. Veit Etzold erzählt geschickt, und solide spannend, aber die Story verliert sich im Dickicht dieser Verschwörungen, die so zahlreich sind, dass ein wirkliches Storytelling in wilden Mutmaßungen abdriftet.

Es ist gar nicht so abwegig, dass es innerhalb unseres Staates zu solchem gefährlichen Gedankengut kommt – die gegenwärtige politische und soziale Struktur unserer Republik ist in manchen Augen fragwürdig. Nennen wir es ruhig – Jammern auf hohem Niveau. Doch diese Menschen sind vielmehr auf der Suche nach Macht, Einfluss und Selbstbestätigung – weniger interessiert an eine Revolution, und die Freiheit und der Frieden daran verschwenden sie in ihrem kleinen Kosmos wenig Gedanken.

Manchmal ist weniger mehr – die Charakterzeichnung ist gar nicht schlecht konzipiert, der Grundgedanke fabelhaft, die Erklärungen zu den Verschwörungstheorien regen zum Nachdenken an – die Handlung verliert sich in diesem Labyrinth und überschlägt sich am Ende zu einem ganz und gar unrealistischen Szenario.

Veit Ezold versteht es zu provozieren – alle Achtung – in den Augen der sogenannten Reichsbürger, die unsere Regierung nicht anerkennen, ist „Staatsfeind“ ein wirklicher Pageturner. Selbst die einen oder anderen etwas rechtsgelegenen Politiker könnten applaudieren. Jeder andere Leser, der im hier und jetzt lebt und etwas über den eigenen Tellerrand blickt, könnte meinen eine Dystopie zu lesen.

Seien wir ehrlich – Bücher sollen unterhalten, sollen es uns ermöglichen eine andere Perspektive zu (er)leben. Bücher können spannend sein – „Staatsfeind“ von Veit Etzold ist es  – aber ob dieses polarisierendes Marketing erfolgreich ist – bleibt abzuwarten.
Veit Etzold schriftstellerischer Talent ist interessant – entweder verliert er sich abstruse, bluttriefende, brutale Splatterhandlungen, oder aber wie in „Staatsfeind“ – ein toller Plot – der übereifrig ausufert und alle Chancen einer tragfähigen Handlung ignoriert.

Lieber Veit Etzold – beenden Sie ihre Clara-Vidalis-Reihe und schreiben Sie bitte weiter Politthriller – sie sind auf den richtigen Weg.

Fazit
„Staatsfeind“ ist für Verschwörungstheoretiker ein kleiner Leitfaden, eine Minibibel voller alter und neuer Gedanken. Ein Roman der unterhaltsam polarisiert.

Michael Sterzik