Der amerikanische Autor und Rechtsanwalt John Grisham ist
durch seine Justizthriller – „Die Jury“ – „Der Klient“ – „Die Firma“
weltbekannt geworden. Seine Romane sind oftmals mit Hollywoodgrößen der
Schauspielkunst erfolgreich fürs Kino und Fernsehen umgesetzt worden.
John Grisham weiß wovon er schreibt – als Rechtsanwalt
kennt er das amerikanische Rechtssystem mitsamt seinen Facetten, seinen
Schwachpunkten, aber auch deren Stärken sehr genau. Die Justiz in den USA ist
ganzheitlich mit der unseren Rechtsprechung kaum vergleichbar. Hin und wieder
spielen sich wahre Dramen in den amerikanischen Gerichten ab – Theatralik und
Dramatik par excellence. Ein Schachspiel mit all seinen Figuren.
In seinem neuesten Roman „Das Bekenntnis“ erschienen im
Heyne Verlag steht die Justiz allerdings auf der Ersatzbank, ein literarisches
Füllmaterial. Das Storytelling handelt von Lügen, traditionellen Vorstellungen
von Ehre, Moral und Anstand. Ebenfalls erzählt John Grisham durch seine
Charaktere von Pflicht und Ehre, von überholten Rassengesetzten und
südamerikanischen Idealvorstellungen.
Gerade der letztere Punkt ist ein wesentlicher Bestandteil
des Romans. Die Story spielt um das Jahr 1947 – die ersten Nachkriegsjahre. Der
amerikanische Süden – traditionell verbohrt in längst überlebten Dogmen, die
zum Teil nicht aufgegeben werden wollen.
Vom Winde verwehte Familienverhältnisse durch den Krieg,
lassen die Familie Banning nicht zur Ruhe kommen. Der Großgrundbesitzer einer
Baumwollplantage Pete Banning, der als Kriegsheld im Pazifik kämpfte, ist ein angesehener
Bürger, Freund und Partner für die Menschen in seiner kleinen Stadt. Eines
Morgens erschießt er mit seinem 45-Colt den etwas jüngeren Pastor in dessen
Arbeitszimmer. Er lässt sich teilnahmslos festnehmen – bleibt aber hinlänglich
den Hintergründen seiner Tat still und schweigsam. Ein kurzer Prozess folgt –
das Urteil schmettert seine Kinder und seine Schwester in ein Trauma von Lügen,
unausgesprochenen Geheimnissen….
Wie Fackeln im Sturm müssen sich die beiden Kinder fühlen.
Die Mutter in der Psychiatrie – aus unerklärlichen Gründen, die Tante die wie
ihr Bruder schweigt. Warum hat ihr Vater einen kaltblütigen, methodischen Mord
begonnen!?
„Das Bekenntnis“ von John Grisham ist eine tiefgründige
Charakterstudie. Erzählt wird die Story, aus einigen verschiedenen
Blickwinkeln, die zwar interessant ist, aber leidlich spannend. Die wesentliche
Tat lässt sich durch Analyse der Charaktere auflösen – wenn man allerdings
trotzdem etwas überrascht sein darf. Die Figur Pete Banning geht während des
Pazifikkrieges durch die Hölle: Kampfhandlungen, Kriegsgefangenschaft,
Krankheiten, Folter und Misshandlungen lassen ihn kaum überleben. Nur der
Gedanke an seine Kinder und seiner liebevollen Frau lassen ihn hoffen.
Mal abgesehen von
einer Handlung, die wenig spannend ist, transportiert John Grisham eine sehr
feingetunte und sehr sensible Charakterzeichnung die nachhaltig fesselt.
„Das Bekenntnis“ ist eine Familientragödie die letztlich in
rechtliche Fragen konsequent eskaliert. Allerdings zeigt es sich, dass Justizia
hier wirklich blind bleibt, weil niemand ihr die Augenbinde abnimmt. Schicksale,
die also im dunklen bleiben.
Dem Autor gelingt es aber die tiefverwurzelten
Moralvorstellungen, die manchmal jenseits aller Logik und Vernunft existieren,
darzustellen. Aber wie gesagt, in den später 40er Jahren des letzten Jahrhunderts
war „noch“ alles anders. Als Kind des Südens erklärt sich das vielleicht dann
doch noch ganz anders.
Das Schicksal der Protagonisten rührt einen, selbst für den
Mörder kann man Verständnis aufbringen, auch wenn das vielleicht aus der
medizinischen Perspektive so ist.
Völlig deplatziert und zu stark inhaltlich ausgebaut wurden
die Kriegserlebnisse von Pete Banning. Die Schilderungen von Folter,
Krankheiten, willkürlichen Morden der Japaner sind allzu drastisch und
konzentriert erzählt.
Letztlich hätte die Handlung für eine Kurzgeschichte
absolut gereicht. Die erzählerische Wucht wäre tiefgehender gewesen.
Fazit
„Das Bekenntnis“ von John Grisham ist kein Justizthriller –
eine tiefgründige Charakterstudie, die das eingesperrte moralische Universum
der Südstaaten eindringlich erzählt. Leidlich spannend – aber trotzdem
unterhaltsam erzählt.
Michael Sterzik
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