Wir können es in Worten nicht beschreiben, was ein Vater, eine Mutter empfinden muss, wenn ihrem Kind etwas zustößt, wenn es vielleicht als vermisst gilt und alles darauf hinweist, dass ein Verbrechen stattgefunden hat und das Kind eines der Opfer sein mag. Dies mag schlimmer sein als den lieben Menschen tot zu wissen, eine Ungewissheit in der auch immer ein Stück Hoffnung übrigbleibt.
In den Landes- und Bundeskriminalämtern der Staaten
liegen viele „Cold Case Fälle“ – Verbrechen die nicht aufgeklärt wurden – Opfer
die nicht gefunden wurden, Täter die man nicht überführen könnte und
Angehörige, die die Vergangenheit niemals abschließen werden können. Und nicht
weniger oft, verzweifeln auch die Kriminalbeamten an diesen ungelösten Fällen,
und stellen sich wahrscheinlich immer wieder die Frage, ob etwas übersehen
worden ist, oder der Kriminalbeamte die richtigen Schlüsse gezogen und alles
unternommen hat?!
Die schwedische Autorin Tina Frennstadt, die auch als
langjährige Kriminalreporterin beim Fernsehen tätig ist, hat im Verlag „Lübbe“
den Titel: „Cold Case – Das verschwundene Mädchen veröffentlicht“. Der
vorliegende Titel reiht sich nicht unbedingt in den Bereich „True Crime“ ein,
aber die Autorin wurde durch tatsächliche Kriminalfälle inspiriert. So kann
schon jetzt sagen, die Autorin weiß wovon und was sie schreibt.
Morde und Vermisstenfälle, die nicht aufgeklärt werden,
lassen Angehörige voll quälender Fragen zurück. Irgendwann wird die Akte
geschlossen – doch die Qual bleibt. Als an einem Tatort Spuren auftauchen, die
auf ein seit Jahrzehnten verschwundenes Mädchen hinweisen, übernimmt Tess
Hjalmarsson, Expertin für COLD CASES, die Ermittlungen. Kann das spurlose
Verschwinden der 19-jährige Annika nun aufgeklärt werden? Tess ermittelt unter Hochdruck, offenbar ist der Mörder von
damals wieder aktiv (Verlagsinfo)
Der Titel „Cold Case – das verschwundene Mädchen“ ist der
Auftakt einer neuen Reihe und ist sehr, sehr vielversprechend. Tina Frenndstedt
versteht es Spannung und Dramatik immer leicht steigend zu entwickeln. Dabei
ist es recht originell, ein aktuelles Verbrechen mit einem anderen zu
verbinden, das fast 20 Jahre in der Vergangenheit liegt. Das mag ggf. nicht
realistisch anmuten, aber das ist es keineswegs. Die Autorin versteht es so
authentisch zu schreiben, dass es hier wenig Unlogik gibt, oder überzeichnet
aussehen mag.
Tina Frennstedt legt viele mögliche Wege offen, mehre
Abzweigungen, die auch manchmal eine Sackgasse sind. Geschickt erzählt, aber stilistisch
kann und muss da noch viel passieren. Die Rückblenden sind perfekt eingebaut,
und sind emotional aus der Sicht des verschwundenen Mädchens erzählt. Die parallele
aktuelle Geschichte steht in puncto
Spannung in nichts nach. Nach und nach komplementiert sich das Bild, wenn auch
die endliche Auflösung einerseits die gute, alte Ermittlungsarbeit wiedergibt
und letztlich im Finale nicht
überraschend ist.
Interessant und facettenreich ist auch die Figur der Tess
konzipiert. Eine introvertierte, vorsichtige Frau – die zugleich aber auch
selbstbewusst ist und einen praktischen Aktionismus zeigt. Ihr Privatleben wird
auch thematisiert, manchmal etwas zu ausufernd, denn wirklich noch analytischer
kann man eine Figur nicht auseinandernehmen.
Die Atmosphäre der Handlung ist toll, die Stimmung
vollumfänglich sehr, sehr spannend. Tina Frennstedt muss allerdings manchmal
das Tempo linear ansteigend einsteuern, es gibt Längen, aber die sind zum Glück
auch letztlich recht kurz.
Fazit
„Cold Case – Das verschwundene Mädchen“ von Tina
Frennstedt ist ein sehr starker Auftakt. Die Autorin sollte man sich gut
merken. Als Kriminalreporterin versteht sie es Fakten mit einer spannenden
Fiktion zu verbinden kann. Sehr zu empfehlen und ich freue mich auf weitere
Titel aus dieser Reihe.
Michael Sterzik
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