„Die Jury“ von John Grisham gehörte zu den absolut stärksten Romanen von John Grisham. Der amerikanischer Anwalt der im belletristischen Genre Thriller dem Thema „Justiz“ eine völlig neue Gewichtung gegeben hat – geht in seinen neuesten Roman „Der Polizist“ zurück in die Zukunft seiner schriftstellerischen Karriere.
John Grisham verwendet gerne Themen – die sich polarisierend
auf einem schmalen Grat bewegen. Im vorliegenden Roman geht es wieder vors Gericht
und auch hier liegt das Schicksal des Angeklagten bei der unparteiischen Jury.
Jake Brigance – der idealistische Jurist der schon in „Die Jury“ und „Die Erbin“
nicht nur die Jury überzeugen konnte, träumt noch immer davon ein berühmter
Prozessanwalt zu werden, der sich überregional einen Namen macht um der kleinen
Provinz zu entkommen.
John Grishams Talent eine Straftat hochspannend aus
vielen Perspektiven nachhaltig auszumalen ist sprichwörtlich großes Kino. Die Palette
von emotionalen Werkzeugen, die er verwendet, sind vielfältig, aber wirkungsvoll.
Eingeklammert von einigen Klischees die er auch in „Der Polizist“ verwendet,
gehört dieser Roman zu einem seiner stärksten.
Jake Brigance, Held der Bestseller »Die Jury« und »Die
Erbin«, ist zurück. Diesmal steht er als Pflichtverteidiger im Zentrum eines
aufsehenerregenden Mordprozesses in Clanton, Mississippi. Sein Mandant Drew
Gamble hat einen örtlichen Deputy umgebracht – doch war es Notwehr oder Mord?
Die Mehrheit von Clanton fordert lautstark einen kurzen Prozess und die
Todesstrafe. Dabei ist Drew Gamble gerade einmal 16 Jahre alt. Jake Brigance
arbeitet sich in den Fall ein und versteht schnell, dass er alles tun muss, um
den Jungen zu retten. Auch wenn er in seinem Kampf für die Wahrheit nicht nur
seine Karriere, sondern auch das Leben seiner Familie riskiert.
(Verlagsinfo)
Notwehr aus Todesangst, oder ein gezielter Mord um sich
um seine Familie zu schützen – ist das entschuldbar, ist es legitim das Gesetz
in Selbstjustiz zu gebrauchen, oder zu missbrauchen?
„Ich wurde von der Polizei vergewaltigt“ die Aussage
einer Zeugin – die so dramatisch ist, so unter die Haut geht, dass diese Wellen
sich wie ein emotionaler Tsunami durch den Gerichtssaal fortbewegen. Das
Justizwesen unterscheidet sich sehr von dem unsrigen. Auch in „Der Polizist“
sind die Auftritte der Rechts- und Staatsanwälte immer theatralisch, sie sind
strategisch aufgestellt, sie tricksen mit einer rhetorischen Bewaffnung, die
hochspannend und manipulativ ist.
Die Figurenzeichnung ist ausgesprochen brillant – und das
betrifft alle Personen in diesem Roman. Einige sind ja „Wiederholungstäter“ und
uns bestens bekannt. Die Nebenfiguren und Nebengeschichten sind teilweise
überflüssig, da die Haupthandlung eine solche Fokussierung innehat, wie ich sie
selten erlebt habe.
Der sehr, sehr hohe Unterhaltungswert ist nicht nur das
Ergebnis einer exponentiellen Spannung, sondern überzeugt durch einen sehr
hohen Anteil von Emotionen – inkl. einiger verwandtschaftlichen Todsünden.
Die Story spielt ca. 5 Jahre nach den Ereignissen von „Die
Jury“ und damit greift John Grisham geschickt in die Schublade von alten
Vorurteilen, von längst schon aufgegebenen Dogmen, und traditionellen Idealen –
meinen wir wirklich, dass diese an Aktualität verloren haben? Haben sie nicht –
noch lange nicht und lädt uns nebensächlich dazu ein, darüber nachzudenken – wo
Recht und Unrecht anfangen, oder enden können. Machen Sie sich ein eigenes Bild
– es ist ihr gutes Recht.
„Der Polizist“ von John Grisham ist zwar als Einzelband konzipiert – aber der
Schriftsteller lässt sich einen Korridor voller weiterer Möglichkeit offen. Ein
zweiter Teil ist nicht ausgeschlossen, und wenn man schon thematisch die Story
nicht fortführen möchte, so haben die Charaktere ein so großes Potenzial, dass
wir hoffentlich „Jake Brigance“ wiedersehen.
Fazit
„Der Polizist“ ist gnadenlos spannend. Eine Verurteilung
dazu diesen Roman unbedingt zu lesen. Strafmaß: Sie werden diesen Roman lesen
müssen – zu Recht ein Justizthriller, der menschlich überzeugt und einer der
stärksten des Autors ist.
Michael Sterzik